Siegen: 71-jähriger Busfahrer von Fahrgast attackiert – Wie sicher ist das Personal des ÖPNV in NRW?

Kleine Anfrage
vom 20.03.2024

Kleine Anfrage 3540

der Abgeordneten Markus Wagner und Klaus Esser AfD

Siegen: 71-jähriger Busfahrer von Fahrgast attackiert Wie sicher ist das Personal des ÖPNV in NRW?

Am Donnerstagabend, den 1. Februar 2024, kam es am Zentralen Omnibusbahnhof in Siegen zu einer Auseinandersetzung zwischen einem 25-jährigem Fahrgast und einem 71-jährigen Busfahrer. Zunächst soll der Streit nur verbal geführt worden sein, als der Busfahrer den Mann aus dem Fahrzeug verweisen wollte. Als der Busfahrer dann auszusteigen versuchte, um den Sachverhalt zu klären, soll er von dem 25-Jährigen angegriffen worden sein. Der Angreifer soll ihm die Tür des Fahrzeugs mit Wucht entgegengeschlagen haben. Die alarmierte Polizei traf kurze Zeit später ein, während sich zeitgleich die Lage weiter zuspitzte. Der Aggressor soll kontinuierlich versucht haben, das Gespräch zwischen den Einsatzkräften und dem Busfahrer zu stören, und verhielt sich außerdem feindselig gegenüber den Polizisten. So ging der Mann teilweise in Angriffsstellung und forderte die Beamten verbal zum Kampf auf. Als die Polizeibeamten den Mann durchsuchen wollten, da er angab, keine Ausweispapiere mit sich zu führen, reagierte der 25-Jährige aggressiv. Er wurde deshalb zu Durchsuchungszwecken gefesselt. Auch dabei soll er „massiven Widerstand“1 geleistet und nach den Polizisten getreten und geschlagen haben. Außerdem beleidigte er eine Polizistin vor Ort schwer“2.

Letzten Endes wurde der Mann gefesselt auf die Polizeiwache gebracht. Dort wurde er zur Unterbindung weiterer Straftaten in Gewahrsam genommen. Nachdem er sich einige Zeit später beruhigte, wurde er wieder freigelassen. Es wurden Anzeigen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erstellt.3

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
  2. Aus welchem Grund bzw. welchen Gründen wurde der 25-jährige Fahrgast ursprünglich aus dem Bus verwiesen?
  3. Weswegen ist der Tatverdächtige bereits polizeibekannt? (Bitte vollständige Liste aller Ermittlungsverfahren.)
  4. Wie oft kam es in diesem Jahr in NRW bereits zu Gewaltdelikten in Bussen und sonstigen öffentlichen Verkehrsmitteln? (Bitte nach Ort, Delikt, Art des Verkehrsmittels, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  5. Wie viele dieser Delikte richteten sich gegen den Fahrer des Fahrzeugs oder sonstiges Personal? (Bitte nach Ort, Delikt, Art des Verkehrsmittels, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner
Klaus Esser

 

MMD18-8535

 

1 https://polizei.nrw/presse/nach-streit-mit-busfahrer-leistete-ein-25-jaehriger-der-polizei-widerstand.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3540 mit Schreiben vom 19. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten derzeit bis zum Berichtsjahr 2023 qualitätsgesichert vor.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
  2. Aus welchem Grund bzw. welchen Gründen wurde der 25-jährige Fahrgast ursprünglich aus dem Bus verwiesen?
  3. Weswegen ist der Tatverdächtige bereits polizeibekannt? (Bitte vollständige Liste aller Ermittlungsverfahren.)

Die Fragen 1 bis 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Siegen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 25.03.2024 im Wesentlichen berichtet, bei ihrer Behörde würden zu den mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Sachverhalten zwei noch andauernde Ermittlungsverfahren gegen einen ghanaischen Staatsangehörigen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gemäß §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 22, 23 des Strafgesetzbuches (StGB) zum Nachteil eines Busfahrers und wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, versuchter Körperverletzung und Beleidigung gemäß §§ 113 Abs. 1, 114 Abs. 1, 185, 194, 223 Abs. 1, Abs. 2, 230, 22, 23, 52 StGB zum Nachteil von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten geführt.

Zum Tathergang hat sie im Wesentlichen berichtet, der Beschuldigte sei am 01.02.2024 gegen 17.10 Uhr in Begleitung einer Zeugin und einem in einem Kinderwagen befindlichen Kleinkind am Zentralen Omnibusbahnhof in Siegen in einen Omnibus eingestiegen. Auf die Bitte des geschädigten Busfahrers, den Bus zu verlassen, weil es keine Möglichkeit gebe, den Kinderwagen im Bus zu transportieren, habe der Beschuldigte verbal aggressiv reagiert. Als der Busfahrer das Fahrerhaus verlassen und den Beschuldigten des Busses habe verweisen wollen, habe der Beschuldigte die geöffnete, noch in ihrer Verankerung befindliche, Tür ergriffen und in die Richtung des Geschädigten geschleudert, der jedoch habe ausweichen können und daher nicht verletzt worden sei.

Im Rahmen der polizeilichen Sachverhaltsaufnahme und Identitätsfeststellung sei der Beschuldigte aggressiv aufgetreten und habe die herbeigerufenen Polizeibeamten zum Kampf aufgefordert. Gegen den Versuch, ihm nach vorheriger mündlicher Androhung zur Eigensicherung der Beamten Handfesseln anzulegen, habe der Beschuldigte körperliche Gegenwehr geleistet. Er habe u. a. in Richtung der am Einsatz beteiligten – unverletzt gebliebenen – Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gebissen, gespuckt, geschlagen und getreten. Zudem habe er die Einsatzkräfte wiederholt auf Spanisch als ‚Hure‘ bzw. ‚Schlampe‘ bezeichnet. Nachdem es schließlich gelungen sei, ihm Handfesseln anzulegen, sei er dem polizeilichen Gewahrsam zugeführt worden.

Dem oben genannten Bericht zufolge sei der Beschuldigte bereits wegen Vermögens- und Gewaltdelikten strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Von einer detaillierten Aufschlüsselung der Vorstrafen wird unter Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten, insbesondere auch im Hinblick auf das Resozialisierungsgebot abgesehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder jedenfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand sowie den allgemeinen Angaben zu Vorstrafen entsprochen.

  1. Wie oft kam es in diesem Jahr in NRW bereits zu Gewaltdelikten in Bussen und sonstigen öffentlichen Verkehrsmitteln? (Bitte nach Ort, Delikt, Art des Verkehrs­mittels, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Natio­nalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Eine Beantwortung der Frage ist mangels vorliegender Daten für dieses Jahr nicht möglich.

  1. Wie viele dieser Delikte richteten sich gegen den Fahrer des Fahrzeugs oder sons­tiges Personal? (Bitte nach Ort, Delikt, Art des Verkehrsmittels, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Zur Beantwortung der Frage verweise ich auf die Antwort zu Frage 4.

 

MMD18-8973