Silvester in Essen: Feuerwehrleute müssen durch Polizeikette geschützt werden – Kapituliert unser Rechtsstaat?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1047
des Abgeordneten Markus Wagner vom 10.01.2023

Silvester in Essen: Feuerwehrleute müssen durch Polizeikette geschützt werden Kapituliert unser Rechtsstaat?

Die Silvesternacht 2022/2023 hat eine völlig neue Dimension an Gewaltpotenzial und Ausschreitungen offenbart, die in Nordrhein-Westfalen auch deutlich zu verzeichnen ist. Allein in Essen meldete die Polizei zwischen 22:00 und 2:00 Uhr morgens 237 Einsätze. Das sind knapp 60 pro Stunde.1

Wie die Rheinische Post berichtet, zündeten Unbekannte einen Weihnachtsbaum in einem Einkaufswagen an und stießen diesen eine Straße hinunter. Des Weiteren mussten in Essen Feuerwehrleute sogar Löscharbeiten abbrechen, weil sie permanent mit Pyrotechnik beschossen wurden. Diese Zustände machten es erforderlich, dass Polizisten eine Kette um die Mitarbeiter der Feuerwehr bildeten, damit die Löscharbeiten weiter fortgesetzt werden konnten. Ein Sprecher der Essener Polizei führte aus, dass seinen Kollegen bei den Absperrmaßnahmen „dann noch weiter beworfen und beschossen“ wurden. Dies führte dazu, dass mindestens drei Feuerwehrleute verletzt wurden.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall, bei dem Feuerwehrleute von der Polizei bei der Ausübung ihrer Arbeit geschützt werden mussten? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie viele Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehren und Rettungsdiensten wurden in der Silvesternacht während des Dienstes in Essen verletzt?
  3. Wie viele Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehren und Rettungsdiensten wurden in der Silvesternacht während des Dienstes in Essen beschädigt bzw. zerstört? (Bitte nach Schadenshöhe aufschlüsseln.)
  4. Wurde das Tatgeschehen als Tumultlage gewertet?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. h t t p s : / / r p – o nline.de/nrw/panorama/silvester-nrw-polizisten-und-retter-mit-boellern-beworfen_aid-82220903.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1047 mit Schreiben vom 8. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz sowie dem Minis­ter für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall, bei dem Feuerwehrleute von der Polizei bei der Ausübung ihrer Arbeit geschützt werden mussten? (Bitte Tatverdächtige, Tather­gang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staats­bürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige poli­zeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Die Leitende Oberstaatsanwältin in Essen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 13.01.2023 im Wesentlichen Folgendes berichtet:

„Am 01.01.2023 gegen 01:30 Uhr bewarfen und beschossen mehrere unbekannte Täter aus einer Gruppe von etwa 50 – 60 Personen heraus im Bereich Albert-Schweitzer-Straße/Philo-sophenweg in Essen-Freisenbruch Feuerwehrleute und ein Löschgruppenfahrzeug bei einem Einsatz – drei in Brand gesteckte Müllcontainer – mit Knallkörpern und Silvesterraketen. Kurz darauf stellten mehrere Täter einen Tannenbaum in einen Einkaufswagen, setzten diesen in Brand und stießen den Wagen in Richtung der Einsatzkräfte der Feuerwehr. Auch die zur Unterstützung hinzugezogenen Beamten der Polizei wurden von den Randalierern in einer Vielzahl von Fällen mit Feuerwerk beworfen und beschossen. Im Geschosshagel traf eine Ra­kete eine Polizeibeamtin am Fuß.

Zu möglichen Verletzungen, insbesondere etwaigen Knalltraumata von Polizeibeamten oder Feuerwehrkräften, liegen hier noch keine Erkenntnisse vor. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Beschädigung von Sachmitteln der Einsatzkräfte.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts von Straftaten des Widerstands gegen die Staatsge­walt (§§ 113 – 115 StGB), gegen die öffentliche Ordnung (§§ 125 f. StGB) und die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 f. StGB) sowie Taten der Sachbeschädigung (§§ 303 ff. StGB), des strafbaren Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen (§ 40 SprengG) und des Herbeifüh-rens einer Sprengstoffexplosion (Verbrechen nach § 308 StGB) dauern an. Tatverdächtige konnten bislang nicht namhaft gemacht werden.“

  1. Wie viele Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehren und Rettungsdiensten wurden in der Silvesternacht während des Dienstes in Essen verletzt?

Durch die Stadt Essen wurden im angefragten Zeitraum drei leicht verletzte Einsatzkräfte der Feuerwehr gemeldet. Meldungen über verletzte Einsatzkräfte des Rettungsdienstes liegen nicht vor.

Im Zusammenhang mit der Einsatzlage zum Jahreswechsel wurden nach jetzigem Informati­onsstand drei Einsatzkräfte der Polizei verletzt.

  1. Wie viele Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehren und Rettungsdiensten wur­den in der Silvesternacht während des Dienstes in Essen beschädigt bzw. zer­stört? (Bitte nach Schadenshöhe aufschlüsseln.)

Es wurde ein Hilfeleistungslöschfahrzeug der Feuerwehr Essen in Form von Beulen und Lack­schäden an der Kabine sowie an den Rollos der Geräteräume beschädigt. Der Schaden wird auf 2.000 bis 2.500 € geschätzt. Polizeiliche Einsatzfahrzeuge wurden im Zuge der Einsatz­maßnahmen zum Jahreswechsel nicht beschädigt.

  1. Wurde das Tatgeschehen als Tumultlage gewertet?

Das Tatgeschehen wurde nicht als Tumultlage im Sinne der polizeilichen Definition eingeord­net.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner