Sind die Zuwendungen der Stadt Köln für den Migrationsverein „Sea-Eye e.V.“ zulässig?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 371
des Abgeordneten Sven Tritschler vom 25.08.2022

 

Sind die Zuwendungen der Stadt Köln für den Migrationsverein „Sea-Eye e.V.“ zulässig?

Der Ausschuss für Soziales, Senioren und Seniorinnen des Rates der Stadt Köln hat eine Förderung der „Sea-Eye e.V.“ Lokalgruppe Köln beschlossen. Diese soll jeweils 10.000 Euro für die Haushaltsjahre 2022–2025 betragen.

In der Verwaltungsvorlage (1915/2022) erläutert die Kölner Verwaltung, dass die zunächst vorgesehene Übernahme einer Schiffspatenschaft für das sogenannte Rettungsschiff „Alan Kurdi“ aufgrund des fehlenden kommunalen Bezugs nicht möglich sei. Dies hatte der Rat in einem Veränderungsnachweise für das Haushaltsjahr 2022 beschlossen. Die Höhe und Dauer der Förderung entspricht den Mitteln für den jetzt gefällten Beschluss.

Kommunen sind in ihren Aufgabenbereich begrenzt. Die „Sea-Eye 4“ dient offensichtlich nicht der Rettung Schiffbrüchiger auf dem Rhein, sondern auf dem Mittelmeer. Der kommunale Selbstverwaltungsauftrag der Stadt Köln gilt für das Kölner Stadtgebiet, aber nicht für das Mittelmeer.

Die Kölner Stadtverwaltung erläutert, dass es jetzt einen lokalen Bezug gäbe, weil eine lokale Organisation gefördert würde. Die Verwaltung führt aber selbst in der vorgenannten Verwal­tungsvorlage im Beschlusstext aus, dass die Lokalgruppe Köln mit ihrer Aktion „Köln rettet“ das Schiff „Sea-Eye 4“ unterstützt. Die „Alan Kurdi“ existiert außerdem nicht mehr. Das Sponsoring für ein Schiff ohne Bezug zum Kölner Verwaltungsbereich erscheint haushalts-und kommunalrechtlich fragwürdig.

Der eigentliche Beschlusstext führt auch nicht aus, dass das Geld für Aktivitäten in Köln zweckgebunden ist. Zwar solle laut Stadt Köln lokal für die Anliegen des Vereins geworben werden, jedoch wird die Mittelverwendung durch die Vorlage nicht auf diese Tätigkeit begrenzt.

Darüber hinaus scheint die lokale Gruppe „Sea-Eye e.V“. auch nicht rechtlich eigenständig zu sein oder über ein eigenes Konto zu verfügen. Sie wirbt auf einer Unterseite für Köln des allgemeinen „Sea-Eye e.V.“-Internetauftritts offen für eine Spende für das Schiff „Sea-Eye 4“. Man habe sich als Kölner Gruppe vorgenommen, drei sogenannte Rettungstage mit Spenden zu finanzieren.1 Über den aufgeführten blauen „Spenden“-Button kommt man zu einem Portal, aus dem sich ergibt, dass man für den „Sea-Eye e.V.“ spendet. Der Gesamtverein wird als Spendenempfänger aufgeführt.2 Wenn man auf den Link mit roten Buchstaben „Mehr Infos zu Ihrer Spende und Spendenquittungen klickt, erreicht man direkt die allgemeine Spendenseite von „Sea-Eye e.V.“, auf der auch die Bankverbindung bei der Volksbank Regensburg angegeben wird.3 Der Sitz von „Sea-Eye e.V.“ ist in Regensburg.4

Ein lokaler bzw. kommunaler Bezug ist also in keiner Weise erkennbar.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um diesen offensichtlich rechtswidrigen Beschluss der Stadt Köln aufzuheben und Schaden vom Steuerzahler abzuwenden?
  2. Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegen Vertreter der Stadt Köln für eine Vorlage und den Vollzug einer Vorlage, die nicht den kommunalen Aufgabenerfüllung der Stadt Köln entspricht?
  3. Welche Vorgaben und Handlungsanweisungen gibt es von der Landesregierung an die Kommunen zur Verausgabung von Mitteln, z.B. der Förderung von Vereinen, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben erfolgen?
  4. Wie oft haben die Landesregierung und ihr nachgeordnete Behörden in den Jahren seit 2017 Ausgabenbeschlüsse von Kommunen wieder aufgehoben, weil sie nicht kommunalen Zwecken entsprachen? Ich bitte um eine Aufschlüsselung nach Kurzbeschreibung des Beschlusses, der Kommune und dem Jahr.
  5. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über verfassungsfeindliche und extremistischen Bestrebungen des Verein „Sea-Eye e.V.“ sowie von dessen lokalen Gruppen, einzelnen Mitgliedern bzw. Vertretern des Vereins?

Sven W. Tritschler

 

Anfrage als PDF

 

1 https://sea-eye.org/gruppe-koeln/?koeln-rettet abgerufen am 19.08.2022

2 https://sea-eye.org/gruppe-koeln/?koeln-rettet/spende abgerufen am 19.08.2022

3 https://sea-eye.org/spenden/?seenotrettung-mittelmeer/spende abgerufen am 19.08.2022

4 https://sea-eye.org/impressum/ abgerufen am 19.08.2022


Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung hat die Kleine Anfrage 371 mit Schreiben vom 24. Oktober 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um diesen offensichtlich rechtswidrigen Beschluss der Stadt Köln aufzuheben und Schaden vom Steuer­zahler abzuwenden?
  1. Welche disziplinarrechtlichen Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegen Vertreter der Stadt Köln für eine Vorlage und den Vollzug einer Vorlage, die nicht den kommunalen Aufgabenerfüllung der Stadt Köln entspricht?
  1. Wie oft haben die Landesregierung und ihr nachgeordnete Behörden in den Jahren seit 2017 Ausgabenbeschlüsse von Kommunen wieder aufgehoben, weil sie nicht kommunalen Zwecken entsprachen? Ich bitte um eine Aufschlüsselung nach Kurzbeschreibung des Beschlusses, der Kommune und dem Jahr.

Die Fragen 1, 2 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Eine Erfassung zur Anzahl von Aufhebungen kommunaler Beschlüsse aufgrund fehlender dor­tiger Befassungskompetenz seitens der Landesregierung erfolgt nicht. Entsprechende Daten konnten in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist auch nicht erhoben werden. Die Bezirksregierung Köln hat eine entsprechende Prüfung des Sach­verhalts bereits aufgenommen und wird im Rahmen der gesetzlichen Zuständigkeiten erfor­derlichenfalls das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung als oberste Aufsichtsbehörde beteiligen.

  1. Welche Vorgaben und Handlungsanweisungen gibt es von der Landesregierung an die Kommunen zur Verausgabung von Mitteln, z.B. der Förderung von Verei­nen, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorgaben erfolgen?

Die Förderung von Vereinen erfolgt im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten kommu­nalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz i. V. m. Art 78 Abs. 1 Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen). Fachliche Vorgaben seitens des Landes Nordrhein-Westfalen existieren keine. Die Kommunen sind bei der Wahrnehmung von freiwilligen Selbstverwal­tungsaufgaben lediglich an den Rahmen der Gesetze gebunden, so dass darüber hinaus gehende Vorgaben und Handlungsanweisungen durch die oberste Kommunalaufsichtsbe­hörde im Rahmen der allgemeinen Rechtsaufsicht nicht in Betracht kommen.

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über verfassungsfeindliche und extremistischen Bestrebungen des Verein „Sea-Eye e.V.“ sowie von dessen loka­len Gruppen, einzelnen Mitgliedern bzw. Vertretern des Vereins?

Erkenntnisse über extremistische Bestrebungen des in Bayern ansässigen Vereins oder sei­ner Mitglieder liegen in Nordrhein-Westfalen nicht vor. Dies gilt auch für die in Nordrhein-West­falen tätigen „Sea-Eye“-Lokalgruppen.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Sven Tritschler