Situation der Lkw-Stellplätze auf allen Ebenen in den Fokus nehmen

Antrag

Antrag

der Fraktion der AfD

Situation der Lkw-Stellplätze auf allen Ebenen in den Fokus nehmen

I. Ausgangslage

Jeder Autobahnfahrer in Nordrhein-Westfalen kennt sie: vollständig zugeparkte Zu- und Ab­fahrten von Raststätten auf den Autobahnen oder auf Seitenstreifen durch Lkw. Des Öfteren ist auch die Zufahrt zu den Tankstellen kaum mehr erkennbar, da Lkw in Doppelreihe eng aneinander parken. Dies stellt eine Gefahr dar und führt wiederholt zu schweren Unfällen.1 Gerade erst Anfang Mai 2023 ereignete sich bei der Abfahrt von der A3 auf einen Rasthof ein schwerer Unfall mit zwei lebensgefährlich verletzten Reisenden, die bei Nacht in einen offen­bar nahe der Einfahrt abgestellten Sattelzug prallten.2 Die Lkw-Fahrer selbst stehen unter er­heblichen Druck und haben oft keine andere Möglichkeit, denn jede Nacht suchen Tausende in NRW entlang der hochfrequentierten Autobahnen nach einem Stellplatz, um ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten. Finden sie keinen regulären Platz, hat das gefähr­liche Konsequenzen für alle Verkehrsteilnehmer.

Der enorme Mangel an Stellplätzen führt dazu, dass allein in Nordrhein-Westfalen täglich viele tausende Fahrer verzweifelt nach einem Lkw-Stellplatz suchen und leer ausgehen. Letztend­lich sind sie gezwungen, verbotswidrig an sehr gefährlichen Stellen wie Ein- und Ausfahrten direkt an der Autobahn oder sogar auf Seitenstreifen vor und nach Rastanlagen entlang der Autobahnen zu parken. Andere Lkw-Fahrer nehmen eine Abfahrt in Kauf, um dann an unsi­cheren und unbeleuchteten Landesstraßen ohne sanitäre Anlagen (Toilette und Waschmög­lichkeiten) zu stehen. Ein unerwünschter Nebeneffekt ist die damit einhergehende Umweltver­schmutzung entlang der Landesstraßen, da dort nur in sehr seltenen Fällen Müllbehältnisse vorhanden sind. Aber auch durch den langwierigen und unnötigen Stellplatz-Suchverkehr müssen Anwohner erheblichen Lärm und Emissionen hinnehmen.

Die zuletzt 2018 durchgeführte Erhebung der Lkw-Parkplatz-Situation verzeichnete in Nord­rhein-Westfalen 9.734 Lkw-Abstellmöglichkeiten. In den Abendstunden wurden jedoch über 13.500 Lkw abgestellt, womit ein Mangel von fast 4.000 Lkw-Stellplätzen aufgezeigt wurde.3

Einer aktuelleren Schätzung des Verbandes Spedition und Logistik NRW nach liegt der Bedarf heute bereits bei 8.000 Plätzen.4

Der ADAC hatte im November 2022 18 Rastplätze in Nordrhein-Westfalen untersucht und auf 89 Prozent der Anlagen Lastwagen auf nicht für sie zugelassenen Stellplätzen oder im abso­luten Halteverbot vorgefunden.5

Mit Blick auf die Verkehrssicherheit, die Zunahme des Schwerverkehrs und eine bedarfsge­rechte, gleichzeitig umweltbewusste Verkehrspolitik müssen eigentlich jährlich tausende zu­sätzliche Stellplätze errichtet werden. Doch der Ausbau mit einer Dauer von ohnehin schon zehn Jahren für Planung und Bau hinkt hinterher und wird nun von der aktuellen Landesregie­rung abgebremst, während sich das Problem mit einem wachsenden Online-Handel noch ver­schärft.

Statt zumindest dem Beschluss der ehemaligen Landesregierung und dem Gesetz zur Ände­rung des Straßen- und Wegegesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und anderer Gesetze vom 16. Dezember 2021 Folge zu leisten und gemäß dessen den bedarfsgerechten Ausbau von Lkw-Stellplätzen voranzutreiben, will die aktuelle Landesregierung – statt die viel zu nied­rigen Haushaltsmittel zu erhöhen – für die kommenden Haushaltsberatungen in 2023 den Rot­stift ansetzen.

Die vorherige Landesregierung plante, mit einem „durchschnittlichen Kostenansatz von rund 8.000.000 € einen entsprechend ausgestatteten Lkw-Rasthof mit ca. 70 bis 150 Stellplätzen“6 zu errichten. So sollten bis Ende 2024 Haushaltsmittel in angegebener Höhe für gerade einmal einen Rasthof zur Verfügung gestellt werden. Die AfD-Fraktion erachtete diese Investition be­reits als ungenügend.

In Nordrhein-Westfalen wurden von 2013 bis 2020 – also in sieben Jahren – insgesamt 2200 Lkw-Stellplätze gebaut. Laut Angaben der neuen Autobahn GmbH wurden im Jahr 2020 320 neue Stellplätze in NRW gebaut.7 Bis zum Jahr 2030 – in einem Zeitraum von neun Jahren – sollen nun weitere 2.600 neue Lkw-Stellplätze entstehen.

Es obliegt nicht allein der Bundesregierung, im verkehrsreichsten Transit- und Bundesland Nordrhein-Westfalen der Verkehrssicherheit Sorge zu tragen. Vielmehr ist es auch nach nun vorhandener Rechtsgrundlage die Aufgabe der Landesregierung, Initiative zu ergreifen und Fördermittel zur Verfügung zu stellen. Während das Bundesprogramm ausschließlich Flächen im Drei-Kilometer-Radius um Autobahnanschlussstellen fördert, sollte die Landesregierung verstärkt nach möglichen Kooperationen mit Unternehmen (zum Beispiel Speditionen) suchen, um die angemessene Nutzung von vorhandenen Flächen entlang von Landstraßen zu fördern.

Die Erschließung neuer Rastanlagenstandorte in der Nähe von durch Lkw-Fahrer genutzten Straßen, wie Autobahnen und Landesstraßen, stößt vor Ort bekanntermaßen oft auf Ableh­nung, die mit diversen und oftmals unbegründeten Befürchtungen einhergeht. Zu wenig und zu selten wird auf die Verbesserung der Umweltbedingungen mittels Lärmschutzanlagen oder Senkung des Parkplatz-Suchverkehrs hingewiesen. Hier muss seitens der Landesregierung Aufklärung durch konsequente Öffentlichkeitsarbeit geschaffen werden.

Durch den Einsatz von telematisch gestützten Parkverfahren auf Rastanlagen (Kolonnen- und Kompaktparken) können Kapazitätserhöhungen und eine effektivere Flächennutzung erzielt werden.8 Fakt ist, dass die Bundesregierung seit 2005 Pilotprojekte und Forschungsvorhaben der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zum Einsatz verkehrstelematischer Systeme zum effizienten Lkw-Parken veranlasst hat. Erste Anlagen telematischer Parkverfahren sind bereits in einigen Bundesländern in Betrieb.9 Ein weiteres Projekt befindet sich den Angaben der Bun­desregierung zufolge seit 2019 auf der A 3 in Nordrhein-Westfalen in Bau.

Angesichts längst vorhandener und vorliegender Erfahrungswerte anderer Bundesländer sollte vermehrt und flächendeckend der Einsatz von Telematik bei Rastanlagen nach fast ei­nem Jahrzehnt an Untersuchungen als Standardinstrument bei Neubau von Rastanlagen gel­ten. Dies sollte auch für den Neubau von Rastanlagen in der Baulast des Landes zum Einsatz kommen.

II. Der Landtag stellt fest

Trotz der Bemühungen des Bundesverkehrsministeriums nimmt der Bedarf an Lkw-Stellplät­zen auf oder in der Nähe von Autobahnen in Nordrhein-Westfalen aufgrund des wachsenden Onlinehandels weiterhin massiv zu. Seit Jahren wird keine Bedarfsdeckung erzielt, was die gefährlichen Situationen auf den Raststätten und abseits der Autobahn-Abfahrten auch im Land immer weiter verschärft hat.

Auch private Anbieter können die Lücke nur unzureichend füllen und werden aufgrund von Haltegebühren durch die knapp kalkulierenden Speditionen aus Kostengründen tendenziell gemieden.

Es ist absehbar, dass selbst mit der Einführung des autonomen Fahrens in naher Zukunft kein vollständig fahrerloser Lkw-Speditionsverkehr serienmäßig erreicht wird. Daher ist mittel- und langfristig nicht damit zu rechnen, dass auf Ruhezeiten der Fahrer verzichtet werden kann. Auch in Nordrhein-Westfalen besteht akuter Handlungsbedarf, um Gefährdungen für den mo­torisierten Individual- und Transportverkehr schnellstmöglich zu unterbinden.

Mit einem landeseigenen Förderprogramm werden die Arbeitsbedingungen der Lkw-Fahrer, die Lebensqualität der Anwohner und die allgemeine Verkehrssicherheit unmittelbar verbes­sert. Gleichzeitig ist die Akzeptanz der Anwohner nicht immer gegeben, sodass Planfeststel­lungsverfahren enorme Hindernisse darstellen. Lange Zeit fehlte die entsprechende Rechts­grundlage seitens des Landes für eine Umsetzung, Finanzierung und Förderung von öffentli­chen Stellplätzen für Lkw. Die Möglichkeiten des Landes, einen bedarfsgerechten Ausbau von Lkw-Parkplatzen voranzutreiben, sind heute in Gänze auszuschöpfen, um den steigenden Verkehrsanforderungen und den Bedürfnissen von Lkw-Fahrern und Anwohnern gerecht zu werden.

III. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, sich umgehend für die Planung und den Bau von zusätzlichen Lkw-Stellplätzen entlang der Hauptverkehrsachsen in Nordrhein-Westfalen ein­zusetzen, indem sie

  1. Fördermittel für private Unternehmen bereitstellt, damit diese ihre vorhandenen, insbe­sondere zu Abendstunden ungenutzten, Flächen für Lkw-Stellplätze zur Verfügung stel­len;
  2. Zuschüsse für Neu-/Ausbau und Umgestaltung vorhandener Flächen zur Nutzung als Lkw-Stellplätzen für private Unternehmen gewährleistet;
  3. den Etat im Haushaltskapitel 10 150 für den „Bau von Lkw-Parkplätzen an Landesstra­ßen“ nach erfolgter Neuberechnung vom Ministerium für Verkehr NRW für weitere 1.000 Lkw-Stellplätze oder sinngemäß für weitere zehn Rasthöfe erhöht;
  4. auf Bundesebene sich dafür einsetzt,

− dass zügiger neue Lkw-Parkmöglichkeiten auf den Rastanlagen des Bundes geschaffen werden;

− dass verstärkt telematische Parkverfahren als Standardisierung zur Reduzierung des Lkw-Stellplatzsuchverkehrs eingesetzt werden;

  1. dass so 2000 autobahnnahe Stellplätze auf NRW-Liegenschaften oder zu erwerbendem Bauland bis 2024 errichtet werden, um den Bund bei seinen bestehenden und andau­ernden Ausbauaktivitäten in NRW zu unterstützen.

In Ergänzung soll die Durchführung der folgenden Maßnahmen geprüft werden:

  1. Der Landesbetrieb Straßenbau NRW wird beauftragt, eine Kampagne zur Förderung von mehr Verständnis zwischen Lkw-Fahrern und Anwohnern durchzuführen;
  2. Die Einrichtung einer Task-Force, die sich mit der Identifizierung und Nutzung von un­genutzten oder brachliegenden Flächen zur Schaffung von Lkw-Stellplätzen befasst;
  3. Die Stärkung des Dialogs mit den Kommunen, um die Errichtung von Lkw-Stellplätzen auf kommunalem Gebiet zu erleichtern und bürokratische Hürden abzubauen;
  4. Die Verstärkung der Investitionen in die Infrastruktur für Lkw-Stellplätze, um moderne und besser ausgestattete Einrichtungen mit sanitären Anlagen, Sicherheitsvorkehrun­gen und Serviceleistungen für Lkw-Fahrer zu schaffen;
  5. Die Schaffung von finanziellen Anreizen für den Einsatz innovativer Technologien zur effizienteren Nutzung vorhandener Lkw-Stellplätze, wie beispielsweise digitale Bu­chungssysteme oder intelligentes Parkmanagement.

Klaus Esser
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 Vgl. https://www.bild.de/regional/hannover/hannover-aktuell/chaosfahrt-auf-a2-rasthof-lkw-fahrer-hin-terlaesst-truemmerfeld-77047122.bild.html, abgerufen am 11.05.2023 um 09:47.

2 Vgl. https://www.derwesten.de/region/a3-nrw-news-vw-polizei-unfall-isselburg-id300512487.html, ab­gerufen am 11.05.2023 um 09:48.

3 Vgl. https://blog.ostwestfalen.ihk.de/standort-infrastruktur/es-fehlen-500-lkw-stellplaetze-in-ostwestfa-len-foerderprogramme-sollen-abhilfe-schaffen/, abgerufen am 11.05.2023 um 09:47.

4 Vgl. https://www1.wdr.de/nachrichten/lkw-stellplaetze-raststaetten-autobahnen-nrw-adac-100.html, abgerufen am 11.05.2023 um 09:48.

5 Vgl. https://www.ksta.de/wirtschaft/nrw-rastplaetze-adac-zaehlt-gefaehrliche-lkw-parkverstoesse-368936, abgerufen am 11.05.2023 um 09:48.

6 Vgl. https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-14962.pdf, ab­gerufen am 11.05.2023 um 09:48.

7 Vgl. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verkehr-krefeld-ausbau-der-lkw-stellplaetze-geht-weiter-riesiger-bedarf-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210130-99-231253, abgerufen am 11.05.2023 um 09:49

8 Vgl. https://www.oberberg-nachrichten.de/themen/verschiedenes/die-relevanz-von-lkw-telematik-in-der-logistikbranche/, abgerufen am 11.05.2023 um 09:50

9 Vgl. https://www.bast.de/Forschungsplanung/DE/Mobilitaet/Beitr%C3%A4ge/Telematik.html, abgeru­fen am 11.05.2023 um 09:50

Beteiligte:
Klaus Esser