Kleine Anfrage 5591des Abgeordneten Markus Wagner vom 15.06.2021
Sommer, Sonne und Chaoshochzeiten mit Schusswaffen
Am Mittag des 29. Mai 2021 alarmierten in Herzogenrath verängstigte Anwohner die Polizei, nachdem aus einem Wagen eines Hochzeitskorsos mehrere Schüsse abgegeben worden waren. Die Polizei fahndete erfolgreich nach dem Schützen, leitete ein Strafverfahren ein und stellte die Waffe sicher.1
Allein in dem Erfassungszeitraum vom 1. April 2019 bis zum 19. August 2019 registrierte die Polizei 266 Sachverhalte mit dem Einsatzanlass „Hochzeiten“.2 Trotz der von der Landesregierung veranlassten Maßnahmen (Aktionsplan, Lagebilder, Begleiterlass3) gaben bis zum 25. November 2019 hunderte weitere Hochzeitsgesellschaften Anlass für Polizeieinsätze, sodass sich die Gesamtzahl auf insgesamt 424 erhöhte. Selbst in den kalten Herbstwochen kam es noch immer zu mehr als 30 Einsätzen. Auch Schusswaffen und Pyrotechnik sollen erneut eingesetzt worden sein.4
Antworten der Landesregierung auf Anfragen der AfD-Fraktion aus dem Jahre 2019 zeigten überdies, dass es sich in diesen Fällen bei den Tatverdächtigen in der Regel um Ausländer und/oder um deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund handelte.5
Ich frage vor diesem Hintergrund die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben geschilderten Sachverhalt in Herzogenrath? (Bitte Tatverdächtige, Straftatbestände, Tathergang, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und etwaige Vorstrafen der Tatverdächtigen explizieren.)
- Wie viele Polizeieinsätze mit dem Einsatzanlass „Hochzeiten“ sind in den Jahren 2019, 2020 und 2021 jeweils registriert worden?
- Welche Staatsbürgerschaften besaßen die ermittelten Tatverdächtigen der Jahre 2019, 2020 und 2021 jeweils? (Bitte nach Jahren und Staatsbürgerschaften aufschlüsseln.)
- Wie lauteten die Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit in den Jahren 2019, 2020 und 2021? (Falls die Landesregierung datenschutzrechtliche Bedenken anmelden sollte, sei auf den Bericht der Landesregierung, Vorlage 17/2067, vom 13. Mai 2019 verwiesen, in dem die angefragte Verfahrensweise möglich gewesen ist. Bei identischer Schreibweise eines Vornamens die Angabe bitte um einen Zahlenwert ergänzen, sodass erkennbar ist, wie viele Tatverdächtige denselben Namen getragen haben.)
- Wie bewertet die Landesregierung in der Gesamtschau die Wirkung der im Jahre 2019 veranlassten Maßnahmen (Aktionsplan, Lagebilder, Begleiterlass) im Kontext eskalierender Autokorsos mehrheitlich migrantischer Hochzeitsgesellschaften?
Markus Wagner
1 Vgl. Bild (2021): Polizeieinsatz nach Schüssen aus Hochzeits-Korso; online im Internet: https://www.bild.de/regional/koeln/koeln-aktuell/herzogenrath-polizeieinsatz-nach-schuessen-aus-hochzeits-korso-76570086.bild.html.
2 Vgl. Neudruck Stellungnahme 17/1220, S. 2.
3 Vgl. Stellungnahme 17/1716, S. 2f..
4 Vgl. Westdeutsche Zeitung (2019): Schlechtes Wetter hält Feiernde nicht auf. Über 400 Einsätze wegen Hochzeitskorsos in NRW; online im Internet: https://www.wz.de/nrw/ueber-400-einsaetze-wegen-hochzeitskorsos-innrw_aid-47536601.
5 Vgl. Vorlage 17/2067 A 09.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5591 mit Schreiben vom 14. Juli 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben geschilderten Sachverhalt in Herzogenrath? (Bitte Tatverdächtige, Straftatbestände, Tathergang, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und etwaige Vorstrafen der Tatverdächtigen explizieren.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Aachen hat dem Ministerium der Justiz unter dem 21.06.2021 hierzu im Wesentlichen wie folgt berichtet:
„Am 29.05.2021 gegen 14:00 Uhr gingen bei der Polizei in Aachen, Polizeidien-stelle Alsdorf, inhaltsgleiche Mitteilungen von zwei Zeuginnen ein, wonach aus dem vorderen Fahrzeug eines türkischen Hochzeitskonvois mehrere Schüsse abgegeben worden seien. Der Konvoi habe sich gegen 13:30 Uhr aus der Ho-heneichstraße in Herzogenrath-Kohlscheid kommend in Richtung Kreuzstraße bewegt. Dabei benannten die Zeuginnen auch das Kennzeichen des Fahrzeuges, aus dem die Schüsse abgegeben worden seien, und teilten mit, dass es sich um ein Fahrzeug eines […] Taxiunternehmens gehandelt habe. Unmittelbar nach der Meldung suchten Polizeibeamte den Sitz des Taxiunternehmens […] auf, wo sie den Inhaber, den […] türkischen Staatsangehörigen […], antrafen. Dieser räumte nach Belehrung ein, während des Konvois in Höhe der Schulstraße in Herzogenrath Schüsse aus einer mitgeführten Schreckschusspistole Kaliber 9mm Knall abgegeben zu haben, wobei er angab, ein Magazin leergeschossen zu haben. Er gab ferner zu, nicht im Besitz eines kleinen Waffenscheins zu sein. Bei der Hochzeitsgesellschaft habe es sich um Verwandte gehandelt. Weitere Angaben zu Teilnehmern des Hochzeitskonvois oder zu dessen genauem Zielort wollte er nicht tätigen. Die in einem Regal in dem Büro des Taxiunternehmens vorgefundene Schreckschusspistole nebst Magazin und zwei Schuss Munition wurde von der Polizei sichergestellt.
Gegen den Beschuldigten wird das Verfahren wegen des Vorwurfs des unerlaubten Führens einer Schusswaffe gemäß § 52 Abs. 3 Nr. 2a WaffG geführt. Die Ermittlungen dauern an.
Der Beschuldigte ist im März 2021 wegen einer Vermögensstraftat zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Sonstige Vorstrafen liegen nicht vor.“
- Wie viele Polizeieinsätze mit dem Einsatzanlass „Hochzeiten“ sind in den Jahren 2019, 2020 und 2021 jeweils registriert worden?
Im Zeitraum vom 01.04.2019 bis zum 09.05.2019 wurden 123 Einsatzanlässe „Hochzeit“ durch Meldung Wichtiger Ereignisse (WE-Meldung) bekannt. Seit dem 10.05.2019 erfolgt eine Erfassung der Daten im Zusammenhang mit Hochzeiten in das Führungs- und Informationssystem der Polizei Nordrhein-Westfalen (FISPol NRW). Mit Stand 04.04.2021, 11.00 Uhr wurden insgesamt 573 polizeiliche Einsatzanlässe bis zum Ablauf des 1. Quartals 2021 bekannt. Davon ereigneten sich 463 Einsatzanlässe im Jahr 2019, 109 Einsatzanlässe im Jahr 2020 sowie ein Einsatzanlass im 1. Quartal 2021.
- Welche Staatsbürgerschaften besaßen die ermittelten Tatverdächtigen der Jahre 2019, 2020 und 2021 jeweils? (Bitte nach Jahren und Staatsbürgerschaften aufschlüsseln.)
- Wie lauteten die Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit in den Jahren 2019, 2020 und 2021? (Falls die Landesregierung datenschutz-rechtliche Bedenken anmelden sollte, sei auf den Bericht der Landesregierung, Vorlage 17/2067, vom 13. Mai 2019 verwiesen, in dem die angefragte Verfahrensweise möglich gewesen ist. Bei identischer Schreibweise eines Vornamens die Angabe bitte um einen Zahlenwert ergänzen, sodass erkennbar ist, wie viele Tatverdächtige denselben Namen getragen haben.)
Frage 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Eine automatische Erfassung aus den gemeldeten Einsatzanlässen zu eingeleiteten Strafverfahren inklusive der angeforderten Daten zu Staatsbürgerschaften und Vornamen erfolgt nicht. Die geforderten Daten liegen dem Ministerium des Innern somit nicht vor und bedürften einer händischen Auswertung jedes einzelnen gemeldeten Einsatzes auf die Fragestellung, welche Strafverfahren hier im konkreten Einzelfall jeweils erwachsen sind. Eine derartige Auswertung ist beispielsweise im Rahmen der Beantwortung des Antrags der Fraktion der AfD „Chaos-hochzeiten sorgen erneut für Ärger“ vom 18.04.2019 zur Sitzung des Innenausschusses am 16.05.2019 erfolgt. Hierbei war ein wesentlich kürzerer Zeitraum bzw. eine wesentlich geringere Anzahl an Einsatzanlässen (32) abgefragt worden. Der zu erwartende Arbeitsaufwand ist in Anbetracht der Gesamtzahl der Einsatzanlässe des hier abgefragten Zeitraums (573) in der zur Bearbeitung der kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.
- Wie bewertet die Landesregierung in der Gesamtschau die Wirkung der im Jahre 2019 veranlassten Maßnahmen (Aktionsplan, Lagebilder, Begleiterlass) im Kontext eskalierender Autokorsos mehrheitlich migrantischer Hochzeitsgesellschaften?
Grundsätzlich ist seit Etablierung des Lagebildes Einsatzanlass „Hochzeiten“ eine stetig sinkende Fallzahl festzustellen. Gleichwohl schwankt diese Zahl saisonbedingt in den Sommer-und Wintermonaten. Darüber hinaus wurden im Sommer 2020 sowie Frühjahr 2021 aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie nur wenige Einsatzanlässe festgestellt. Ungeachtet der sinkenden Fallzahlen sowie der Auswirkungen der Corona-Pandemie werden die polizeilichen Maßnahmen unverändert fortgeführt.