Kleine Anfrage 1454
der Abgeordneten Andreas Keith und Dr. Hartmut Beucker vom 28.02.2023
Sonderdezernat Doping in Nordrhein-Westfalen
Im Kampf gegen Dopingsünder hat das Land Nordrhein-Westfalen ein Sonderdezernat eingerichtet. Das neue Sonderdezernat sollte im vergangenen Jahr an die Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen (ZeOS NRW) bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf angegliedert werden.
Ein Oberstaatsanwalt aus München, der die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft Doping vor Ort leitet, begrüßte seinerzeit die Entscheidung in Nordrhein-Westfalen und sagte: „Ohne eine Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft drohen Dopingverfahren in den Rauschgiftdezernaten zu versacken, dort werden sie neben Drogendelikten oft eher stiefmütterlich behandelt.“1
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie viele Fälle von Doping und der damit im Zusammenhang stehenden Arzneimittelkriminalität wurden in den Jahren 2017 bis einschließlich 2021 strafrechtlich verfolgt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Art der Verstöße, Dopingmitteln, Geschlecht und Sportart sowie verhängten Sanktionen)
- Wie viele Fälle von Doping und der damit im Zusammenhang stehenden Arzneimittelkriminalität wurden seit Einrichtung durch das Sonderdezernat Doping strafrechtlich verfolgt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Art der Verstöße, Dopingmitteln, Geschlecht und Sportart sowie verhängten Sanktionen)
- Ermittler müssen sich mit der Wirkungsweisen von Dopingmitteln auskennen, mit chemischen und pharmazeutischen Prozessen und sie müssen über die Bestimmung des Wirkstoffgehalts in einem Präparat Bescheid wissen. Wie viele qualifizierte Fortbildungsangebote gab es im vergangenen Jahr für Ermittler?
Andreas Keith
Dr. Hartmut Beucker
1 Htt ps:// w w w . k s t a . d e / p a n o r a m a / n r w-bekommt-sonderdezernat-doping-bizeps-betruegern-auf-der-spur-132834
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 1454 mit Schreiben vom 29. März 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wie viele Fälle von Doping und der damit im Zusammen-hang stehenden Arzneimittelkriminalität wurden in den Jahren 2017 bis einschließlich 2021 strafrechtlich ver-folgt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Art der Ver-stöße, Dopingmitteln, Geschlecht und Sportart sowie verhängten Sanktionen)
Der Landesregierung liegen zur Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Abfrage bei den Generalstaatsanwaltschaften die erbetenen Daten nicht in belastbarer Weise vor, da eine gesonderte statisti-sche Erfassung von Verfahren und Ab- bzw. Verurteilungen wegen Doping im Sport und damit zusammenhängender Arzneimittelkriminalität nicht erfolgt und eine händische Auswertung aller im erfragten Zeitraum erfassten Vorgänge mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten ist.
Einen gewissen Anhalt für die Zahl der erfragten Fälle gibt die Strafverfolgungsstatistik, soweit darin Ab- und Verur-teilungen von Personen gemäß § 4 Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) erhoben werden. Hiernach wurden von 2017 bis 2021 insgesamt 355 bzw. 278 Personen gemäß § 4 AntiDopG abgeurteilt bzw. verurteilt. Abgeurteilte im Sinne der Strafverfolgungsstatistik sind Angeklagte, gegen die Strafbefehle erlassen wurden bzw. Strafverfahren nach Eröffnung des Hauptverfahrens durch Urteil oder Einstellungs-beschluss rechtskräftig abgeschlossen worden sind. Verur-teilte im Sinne der Strafverfolgungsstatistik sind Angeklagte, gegen die nach allgemeinem Strafrecht Freiheitsstrafe, Strafarrest oder Geldstrafe (auch durch einen rechts-kräftigen Strafbefehl) verhängt worden ist, oder deren Straftat nach Jugendstrafrecht mit Jugendstrafe, Zucht-mitteln oder Erziehungsmaßregeln geahndet wurde. Zu be-achten ist, dass diese Zahlen aufgrund der Erhebungs-systematik der Strafverfolgungsstatistik nicht alle Ab- und Verurteilungen wegen einer Straftat im Zusammenhang mit Doping im Sport erfassen. In der Strafverfolgungsstatistik wird bei Ab- bzw. Verurteilung von Angeklagten, die in Tateinheit (§ 52 Strafgesetzbuch [StGB]) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) mehrere Strafvorschriften verletzt haben, nur derjenige Straftatbestand erfasst, der nach dem Gesetz mit der schwersten Strafe bedroht ist.
Von den 278 Verurteilten wurden
- 21 Personen mit einer Freiheitsstrafe (davon 19 zur Bewährung),
- 253 Personen mit einer Geldstrafe und
- vier Personen mit Zuchtmitteln
sanktioniert. Nähere Details sind der Anlage 1 und Anlage 2 zu entnehmen. Informationen zur „Art der Dopingmittel“ oder „Sportart“ liegen dem Ministerium der Justiz mangels gesonderter statistischer Erhebungen nicht vor.
- Wie viele Fälle von Doping und der damit im Zusammen-hang stehenden Arzneimittelkriminalität wurden seit Einrichtung durch das Sonderdezernat Doping strafrechtlich verfolgt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren, Art der Verstöße, Dopingmitteln, Geschlecht und Sport-art sowie verhängten Sanktionen)
Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz unter dem 13.03.2023 basierend auf der Bericht-erstattung des Leitenden Oberstaatsanwalts in Düsseldorf berichtet, dass seit Einrichtung des Sonderdezernats Doping mit Wirkung vom 15.03.2022 bei der Staatsanwalt-schaft Düsseldorf 44 Verfahren wegen Verstoßes gegen § 4 AntiDopG eingegangen seien.
Von diesen Verfahren seien 27 wie folgt erledigt worden:
1 Anklage zum Jugendschöffengericht
9 Strafbefehlsanträge ohne Freiheitsstrafe
6 Abgaben an andere Behörden
6 Einstellungen nach § 153 Strafprozessordnung (StPO)
5 Einstellungen nach § 170 Absatz 2 StPO.
Bei den übrigen 17 Verfahren seien die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen.
Weitere Daten liegen nicht in belastbarer Weise vor. Insoweit wird auf die Antwort zu Frage 1 Bezug genommen. Die Zahlen der Strafverfolgungsstatistik 2022 liegen dem Ministerium der Justiz im Übrigen noch nicht vor.
- Ermittler müssen sich mit der Wirkungsweisen von Dopingmitteln über die Bestimmung des Wirkstoff-gehalts in einem Präparat Bescheid wissen. Wie viele qualifizierte Fortbildungsangebote gab es im vergangenen Jahr für Ermittler?
Das Jahresprogramm der Deutschen Richterakademie, einer von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Fortbildungseinrichtung, enthält regelmäßig für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte das Seminar „Doping im Spitzensport“. Bei einzelnen Vorträgen wird hier auch auf Dopingmittel und ihre Wirkungsweisen eingegangen. Außerdem haben im letzten Jahr Angehörige des Sonderdezernats „Doping“ an einer Fortbildungsveranstaltung des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (IDAS) zu den aktuellen Entwicklungen im Sportdoping teilgenommen.
Die Polizei Nordrhein-Westfalen bietet derzeit keine eigene entsprechende Fortbildung an. Für Beschäftigte der Polizei Nordrhein-Westfalen besteht die Möglichkeit einer Teilnahme an der Spezialfortbildung des Bundeskriminalamtes (BKA) „Umweltkriminalität – Aufbaumodul Arzneimittelkriminalität und Doping“. Im Jahr 2022 entfiel diese Fortbildung. Im Jahr 2023 wurde bereits eine Veranstaltung mit zwei Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Polizei Nordrhein-Westfalen durchgeführt.