Soziale Situation von Kulturschaffenden

Kleine Anfrage
vom 22.01.2020

Kleine Anfrage 3333der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky vom 22.01.2020

 

Soziale Situation von Kulturschaffenden

Der Artikel „Zur Lage der „Bobos“ (8.05.2019; die Tageszeitung „Junge Welt“)1 handelt von der Armut, vom niedrigen Einkommen und von der mangelnden Organisierung selbständiger, angestellter und freier Kulturschaffender (besonders im Musikbereich), von Renten an der Armutsgrenze und von weiteren sozialen Schwierigkeiten.

In diesem Artikel werden viele Zahlen, die Aussagen über erzielte Einkommen von Kultur-und Kreativarbeitern ermöglichen, angeführt. Diese Zahlen sind auf Grundlage verschiedener Quellen (Künstlersozialkasse (KSK), Statista, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Staatsministerium für Kultur und Medien etc.) zusammengestellt worden und eignen sich als Berechnungsgrundlage für ein Durchschnittseinkommen von Kulturschaffenden in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Zahlen belegen auch Einkommensunterschiede bezogen auf Geschlecht, Alter und Genre: Weibliche Kulturbeschäftigte erwirtschaften bis zu 40 Prozent weniger Einkommen als männliche; am schlechtesten verdienen Musiker und am besten Beschäftigte im Bereich Wort. Die Situation sieht für angestellte Künstler und Künstlerinnen nicht besser aus. Es gelten zwei Tarifverträge für das künstlerische Personal, aber sie bewegen sich schon lange im Bereich der Mindestgage.

Lehrkräfte an Musikschulen leiden ebenfalls. Von knapp 39.000 Lehrkräften an deutschen Musikschulen waren im Jahre 2017 gerade einmal 13 Prozent vollbeschäftigt, und das Gehalt lag unter dem einer Grundschullehrkraft. 60 Prozent der Musikschullehrkräfte werden lediglich auf Honorarbasis bezahlt.

Zahlreiche freie Musikerinnen und Musiker in den Bereichen Klassik, Jazz, Pop und experimenteller Musik verdienen nur wenig.

All diese negativen Bedingungen führen dazu, dass diese Künstler von den Einkommen diverser Nebentätigkeiten leben müssen oder sich gezwungen sehen, bei Sponsoren, Behörden oder Institutionen um Zuschüsse zu „betteln“.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Wie viele Menschen arbeiten in NRW im Kultursektor (sowohl als Selbständige als auch als Angestellte)? (Bitte nach Sparte, Beruf, Geschlecht, Alter, Kreis auflisten)

2. Wie viele Kulturschaffende sind in NRW arbeitslos? (Bitte nach Sparte, Beruf, Geschlecht, Alter, Kreis, zeitliche Dauer der Arbeitslosigkeit auflisten)

3. Wie viele Arbeitsplätze sind im Kultursektor in NRW unbesetzt? (Bitte nach Beruf, Sparte, Kreis sowie Dauer und Grund der Nichtbesetzung auflisten)

4. Geben Sie bitte die Statistiken über Einkommen und Rente in allen Kultur- und Kunstsparten sowie bei den entsprechenden Berufen an. (Bitte nach Sparte, Beruf, Geschlecht, Alter, jeweiliger Arbeitserfahrung, Kreis auflisten)

5. Nennen Sie bitte alle Organisationen, Verbände und auch Selbstorganisationen in NRW, die sich um die Rechte aller Kultur- und Kreativarbeiter kümmern.

Gabriele Walger-Demolsky

 

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1 https://www.jungewelt.de/artikel/354261.kulturindustrie-zur-lage-der-bobos.html, (25.07.2019; 10:30)


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 14.02.2020

 

Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 3333 mit Schreiben vom 14. Februar 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie sowie dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

1. Wie viele Menschen arbeiten in NRW im Kultursektor (sowohl als Selbständige als auch als Angestellte)? (Bitte nach Sparte, Beruf, Geschlecht, Alter, Kreis auflisten)

Zur Beantwortung der Frage wird auf den Landeskulturbericht 2017 (Unterkapitel 5.2.3 und 5.2.4) verwiesen.

2. Wie viele Kulturschaffende sind in NRW arbeitslos? (Bitte nach Sparte, Beruf, Geschlecht, Alter, Kreis, zeitliche Dauer der Arbeitslosigkeit auflisten)

Nach der von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Übersicht „Arbeitsmarktdaten nach Zielberufen“ gab es im Dezember 2019 in Nordrhein-Westfalen insgesamt 3.163 Arbeitslose, die einen gemäß der Klassifikation der Berufe 2010 dem Kulturbereich zuzuordnenden Arbeitsplatz suchen.

Buch-, Kunst-, Antiquitäten-, Musikfachhandel

136

Verlags- und Medienwirtschaft

236

Kunsthandwerk und bildende Kunst

159

Kunsthandwerkliche Keramik-, Glasgestaltung

16

Kunsthandwerkliche Metallgestaltung

224

Musikinstrumentenbau

16

Musik-, Gesang-, Dirigententätigkeiten

119

Schauspiel, Tanz und Bewegungskunst

308

Moderation und Unterhaltung

387

Theater-, Film- und Fernsehproduktion

380

Veranstaltungs-, Kamera-, Tontechnik

757

Bühnen- und Kostümbildnerei, Requisite

316

Museumstechnik und -management

109

 

3.163

 

3. Wie viele Arbeitsplätze sind im Kultursektor in NRW unbesetzt? (Bitte nach Beruf, Sparte, Kreis sowie Dauer und Grund der Nichtbesetzung auflisten)

Nach der von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Übersicht „Gemeldete Arbeitsstellen nach Wirtschaftszweigen“ gab es im Dezember 2019 in Nordrhein-Westfalen insgesamt 537 dem Kulturbereich zuzuordnende freie Arbeitsplätze.

 

Verlegen von Büchern und Zeitschriften; sonstiges Verlagswesen (ohne Software)

61

Herstellung von Filmen und Fernsehprogrammen, deren Verleih und Vertrieb; Kinos

176

Tonstudios;   Herstellung   von    Hörfunkbeiträgen;    Verlegen    von

bespielten Tonträgern und Musikalien

4

Hörfunkveranstalter

11

Fernsehveranstalter

3

Fotografie und Fotolabors

28

Kreative, künstlerische und unterhaltende Tätigkeiten

232

Bibliotheken, Archive, Museen, botanische und zoologische Gärten

22

 

537

4. Geben Sie bitte die Statistiken über Einkommen und Rente in allen Kultur- und Kunstsparten sowie bei den entsprechenden Berufen an. (Bitte nach Sparte, Beruf, Geschlecht, Alter, jeweiliger Arbeitserfahrung, Kreis auflisten)

Detaillierte Angaben liegen hierzu nicht vor. Es wird auf die im Landeskulturbericht 2017 gemachten Angaben und die unter Frage 1 genannten Unterkapitel des Landeskulturberichts 2017 verwiesen.

Zudem finden sich auf dem Internetauftritt der Künstlersozialkasse umfangreiche Statistiken – etwa zur Entwicklung der Versichertenzahlen sowie den Durchschnittseinkommen der Kunstschaffenden. Siehe unter: https://www.kuenstlersozialkasse.de/service/ksk-in-zahlen.html

5. Nennen Sie bitte alle Organisationen, Verbände und auch Selbstorganisationen in NRW, die sich um die Rechte aller Kultur- und Kreativarbeiter kümmern.

In Nordrhein-Westfalen befassen sich eine Vielzahl von Organisationen und Vereinigungen sowohl ausschließlich (z. B. Deutscher Kulturrat Nordrhein-Westfalen mit seinen zahlreichen Mitgliedsorganisationen, Spartengewerkschaften und -organisationen wie der Verband der Schriftsteller, BBK – Berufsverband Bildender Künstler, BFFS – der Bundesverband Schauspiel, DOV – Deutsche Orchestervereinigung) als auch teilweise (z. B. Deutscher Gewerkschaftsbund) mit den Interessen der in der Kultur- und Kreativwirtschaft tätigen Personen.

 

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