Kleine Anfrage 4372
des Abgeordneten Andreas Keith AfD
Spitzensportförderung in Nordrhein-Westfalen
Bei den diesjährigen Olympischen Spielen in Paris fuhr Deutschland mit Rang 10 im Medaillenspiegel das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung ein. Daraufhin äußerten mehrere Interessenvertreter und Sportler Kritik an der bisherigen Spitzensportförderung. Der Geschäftsführer von Athleten Deutschland, Johannes Herber, forderte ein leistungsfähiges Fördersystem, das Athleten die Entfaltung ihrer Potentiale ermögliche. Tom Liebscher-Lucz, Olympiasieger im Vierer-Kajak, beklagte, dass Gelder trotz der Erfolge gekürzt würden. Kritik wird auch bezüglich der Nachwuchsförderung laut, da es immer weniger Bewerber für die deutschen Sportschulen gebe.1
Ich frage daher die Landesregierung:
- Welche Unterstützung wird dem Leistungssport im Land von Seiten der öffentlichen Hand, privater Institutionen, der Wirtschaft sowie einzelner Personen zuteil?
- Mit welchen Konzepten oder Maßnahmen werden die Rahmenbedingungen im Leistungssport für Nachwuchs- und Spitzenathleten sowie deren Trainer kontinuierlich verbessert? (Bitte angeben, welche Rolle dabei den drei Olympiastützpunkten in NRW zukommt)
- Welche monetäre und nicht monetäre Unterstützung lässt die Landesregierung den Nachwuchs- und Spitzenathleten sowie deren Trainern zukommen, um ihnen an den Olympiastützpunkten optimale Trainingsbedingungen zu bieten bzw. noch weiter zu steigern?
- Wie stellen sich aktuell die Bewerber- und Schülerzahlen an den Sportschulen in NRW im Vergleich zu den Vorjahren dar?
- Wie plant die Landesregierung die finanzielle Förderung des Leistungssports in NRW bis 2027 weiterzuentwickeln?
Andreas Keith
1 Tagesschau, 13.08.2024: „Was braucht es für mehr Medaillen?“, https://www.tagesschau.de/inland/sport-foerderung-olympia-100.html (aufgerufen am 22.08.2024).
Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 4372 mit Schreiben vom 2. Oktober 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Seit der Leistungssportreform und der Verabschiedung der Bund-Länder-Vereinbarung im Jahr 2016 ist die Zuständigkeit für die Förderung des Leistungssports in Deutschland klar geregelt. Der Bund finanziert den Spitzensport, d. h. alle Maßnahmen, die die Bundeskader (Olympia-, Perspektiv- und Nachwuchskader 1) betreffen, Leistungssportpersonal auf Bundesebene etc. Die Länder sind verantwortlich für den Nachwuchsleistungssport, d. h. die Maßnahmen für Nachwuchskader 2 und Landeskader, das Leistungssportpersonal auf Landesebene etc. Die Vereinbarung wird seit dem 1. Januar 2021 vollumfänglich umgesetzt.
- Welche Unterstützung wird dem Leistungssport im Land von Seiten der öffentlichen Hand, privater Institutionen, der Wirtschaft sowie einzelner Personen zuteil?
Die öffentliche Hand fördert den Nachwuchsleistungssport im Bereich der Finanzierung von Leistungssportpersonal, von Baumaßnahmen im Bereich Sportstätten, der Förderung der Verbände im Rahmen der Organisationsförderung und der Förderung der NRW-Sportschulen sowie der Kooperationsgrundschulen. Ferner werden die Bundesstützpunktleitungen anteilig (50 % Bund, 50 % Land), die Olympiastützpunkte aus Bundes- und Landesmitteln finanziert. Das „Deutsche Forschungszentrum für Leistungssport Köln“ (momentum) erhält Fördermittel, um den Nachwuchsleistungssport wissenschaftlich zu begleiten, letztlich werden Sportveranstaltungen im Leistungssport in verschiedensten Formaten wesentlich bezuschusst.
Die Sportstiftung NRW unterstützt die Kaderathletinnen und -athleten durch individuelle Förderungen (Talent- und Internatsförderung, Sportstiftungsstipendium, Prämien für die Teilnahme an Olympischen – und Paralympischen Spielen).
Diese Förderungen untersetzt der Landesportbund Nordrhein-Westfalen mit Eigenmitteln, u.a. auch zur Finanzierung von Lehrgangsmaßnahmen.
Über die Breite der Förderung durch die Wirtschaft, private Institutionen sowie Einzelpersonen liegen der Landesregierung keine Informationen vor.
- Mit welchen Konzepten oder Maßnahmen werden die Rahmenbedingungen im Leistungssport für Nachwuchs- und Spitzenathleten sowie deren Trainer kontinuierlich verbessert? (Bitte angeben, welche Rolle dabei den drei Olympiastützpunkten in NRW zukommt.)
Die Landesregierung bekennt sich zum Leistungssport. Sie unterstützt den langen Weg von der Talentsichtung in Grundschulen und Vereinen bis zur internationalen Spitze systematisch und zielstrebig. Das dichte Netzwerk partnerschaftlicher Kooperationen von Landesregierung, Landessportbund, Sportfachverbänden, Olympiastützpunkten, Trainerakademie, Sportstiftung, Hochschulen, Schulen und Vereinen trägt zu einer systematischen und nachhaltigen Förderung vom Talent bis in die Spitze bei.
Der paralympische Leistungssport in Nordrhein-Westfalen ist geprägt von dem Projekt „Para-lympisches Zentrum“, das sich in den letzten Jahren mit Hilfe der finanziellen Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen stetig weiterentwickelt hat und bei den Paralympischen Spielen 2024 in Paris bereits erste Erfolge nachzuweisen hatte. Die Förderung von Trainerinnen und Trainern, die Installation eines Talentscouts, die Durchführung eines Para-Talenttages und die Optimierung der Klassifizierung im Parasport waren wesentliche ergänzende Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Para-Leistungssports in Nordrhein-Westfalen.
Der Olympiastützpunkt Nordrhein-Westfalen ist eine Betreuungs- und Serviceeinrichtung für Bundeskaderathletinnen und -athleten der olympischen, paralympischen sowie deaflympi-schen Disziplinen sowie deren Trainerinnen und Trainer. Er unterstützt Bundes- und ausgewählte Landeskader in den Bereichen Gesundheitsmanagement, Leistungsoptimierung sowie Duale Karriere und wirkt koordinierend bei der regionalen Leistungssportentwicklung in Abstimmung mit den jeweiligen Spitzenverbänden mit. Der Landessportbund Nordrhein-Westfalen ist Träger des Olympiastützpunktes NRW mit den Standorten Rheinland, Rhein-Ruhr und Westfalen.
- Welche monetäre und nicht monetäre Unterstützung lässt die Landesregierung den Nachwuchs- und Spitzenathleten sowie deren Trainern zukommen, um ihnen an den Olympiastützpunkten optimale Trainingsbedingungen zu bieten bzw. noch weiter zu steigern?
Das Land Nordrhein-Westfalen stellt dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen Mittel zur Finanzierung des Leistungssportpersonals in den Landesfachverbänden zur Verfügung. Über die Mittelverwendung entscheiden Staatskanzlei und Landessportbund auf Antrag der Lan-desfachverbände gemeinsam.
Die Kaderathletinnen und -athleten (Landeskader sowie Nachwuchskader 1 und 2) in Nordrhein-Westfalen können bei der Sportstiftung NRW Anträge auf Talent- und/oder Internatsförderung sowie für ein Sportstiftungsstipendium stellen. Alle Teilnehmende an Olympischen und Paralympischen Spielen sowie Deaflympics erhalten zudem eine Teilnahmeprämie der Sportstiftung NRW.
Der Olympiastützpunkt NRW bietet Betreuungsleistungen, wie z.B. Physiotherapie, medizinische Behandlungen, psychologische Unterstützung, Beratung im Bereich der Dualen Karriere und der Ernährung an. Zudem begleiten Mitarbeitende des Olympiastützpunktes das Training und Lehrgangsmaßnahmen im Bereich der Trainingssteuerung.
Darüber hinaus bietet das Projekt „mentaltalent“ sportpsychologische Betreuung für Nachwuchsleistungssportlerinnen und -sportler in Nordrhein-Westfalen an. Das Angebot des Projektes „mentaltalent“ beinhaltet Workshops und Einzelbetreuungen für Individual- und Mannschaftssportlerinnen und -sportler, Diagnostik für Teams und Trainingsgruppen sowie weitere Angebote für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren sowie Funktionsträgerinnen und Funktionsträger (z.B. an Sportinternaten).
Das „Deutsche Forschungszentrum für Leistungssport Köln“ (momentum) steht für „Forschung, Leistung und Sport“ im Erwachsenen- und Nachwuchsleistungssport. In den Arbeitsfeldern Grundlagenforschung, Anwendungsforschung, Praxisforschung, Beratung und Betreuung, Wissensmanagement und Behinderten-Leistungssport werden wichtige Erkenntnisse für den Nachwuchsleistungssport entwickelt und in die Praxis überführt.
Die Trainerinnen und Trainer werden jährlich u. a. im Rahmen des Nachwuchsleistungssport-Kongresses über neue Erkenntnisse im Bereich des Nachwuchsleistungssports informiert.
- Wie stellen sich aktuell die Bewerber- und Schülerzahlen an den Sportschulen in NRW im Vergleich zu den Vorjahren dar?
Das Auswahl- und Aufnahmeverfahren für die NRW-Sportschulen folgt § 45 der Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I (Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I – APO-S I)
- In eine anerkannte NRW-Sportschule, die Leistungssportlerinnen und Leistungssportler in allen oder einem Teil ihrer Parallelklassen pro Jahrgang unterrichtet, kann insoweit nur aufgenommen werden, wer jeweils die Eignung in einer sportpraktischen Prüfung nachweist.
- Für die Aufnahme in die Klasse 5 führt die Schulleitung zunächst ein eigenständiges Aufnahmeverfahren für die Leistungssportlerinnen und Leistungssportler durch. Übersteigt die Zahl der Anmeldungen die Kapazität der zur Leistungssportförderung zurVerfügung stehenden Plätze, werden diese abweichend von § 1 Absatz 2 Satz 2 und 3 nach der Rangfolge der bestandenen sportpraktischen Prüfung vergeben.
Für das Schuljahr
- 2024/ 2025 haben insgesamt 2098 Schülerinnen und Schüler
- 2023/ 2024 haben insgesamt 1887 Schülerinnen und Schüler
- 2022/ 2023 haben insgesamt 1798 Schülerinnen und Schüler
- 2021/ 2022 haben insgesamt 1573 Schülerinnen und Schüler
- 2020/ 2021 haben insgesamt 1753 Schülerinnen und Schüler
den Motorischen Test I für die Aufnahme in eine NRW-Sportschule abgelegt.
Die 18 NRW-Sportschulen halten in Jahrgangsstufe 5 Plätze für Sportschülerinnen und Sportschüler im Umfang von insgesamt rund 36 Klassen (ca.1080 Schülerinnen und Schüler) vor.
- Wie plant die Landesregierung die finanzielle Förderung des Leistungssports in NRW bis 2027 weiterzuentwickeln?
Die Landesregierung hat sich die Förderung des Leistungssports zum Ziel gesetzt und schafft mit dem von Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen e.V. herausgegebene Programm „Leistungssportförderung in Nordrhein-Westfalen 2022 bis 2032 – Sportland Nr. 1 stärken – Für Leistungssport begeistern – Athletinnen und Athleten dienen“ den Rahmen. Die Bereitstellung von Fördermitteln folgt den Entscheidungen des Haushaltsgesetzgebers und der „Zielvereinbarung Sport 2023 bis 2027 für das Land Nordrhein-Westfalen“. Ziel der Leistungssportförderung 2032 ist es, ein nachhaltiges und ganzheitliches Unterstützungssystem für den Leistungssport zu etablieren.
Die Maßnahmen zielen darauf ab, die sportliche Leistungsfähigkeit in Nordrhein-Westfalen langfristig zu steigern und ein ganzheitliches Förderkonzept zu schaffen.