Stolberg: Transfrau bewusstlos geschlagen – Wie sicher sind Transsexuelle in Nordrhein-Westfalen?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1511

des Abgeordneten Markus Wagner vom 13.03.2023

Stolberg: Transfrau bewusstlos geschlagen Wie sicher sind Transsexuelle in Nordrhein-Westfalen?

Erneut wurde ein transsexueller Mensch Opfer einer hinterhältigen Gewalttat in Nordrhein-Westfalen. Wie die Bild-Zeitung am 7. März 2023 berichtet, wurde die 40 Jahre alte K. in ihrer Mittagspause auf offener Straße in Stolberg bewusstlos geschlagen und liegen gelassen.1

Das Opfer, das als Mann geboren wurde und seit drei Jahren offen als Frau lebt, war in der Mittagszeit unterwegs, um sich in der Nähe ihres Arbeitsplatzes einen Kaffee zu kaufen. Die Transfrau berichtet, dass mehrere Jugendliche auf einer Bank saßen und sie lautstark als Schwuchtel beleidigten. Als sie ihren Weg zurück in das Büro antrat, wurde sie unvermittelt von hinten niedergeschlagen. Laut ihrer Aussage ging sie zu Boden und kann sich an nichts erinnern.2

Das bewusstlos am Boden liegende Opfer wurde von Schülern entdeckt, die umgehend eine Lehrerin informierten, die wiederum Notarzt und Polizei alarmierte. K. wurde mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Dort stellten die Ärzte eine Gehirnerschütterung fest und versorgten eine Platzwunde am Auge sowie schwere Prellungen.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Ist die Örtlichkeit, an der mehrere Jugendliche auf einer Bank saßen, als Treffpunkt und Aufenthaltsort für kriminelle Kinder und Jugendliche bei der Polizei bekannt?
  3. Wurden oder werden die in Frage 1 abgefragten Tatverdächtigen als Intensivtäter geführt?
  4. Welche Hinweise liegen dafür vor, dass es sich bei den Jugendlichen, die als mutmaßliche Täter in Betracht kommen, um Schüler der offensichtlich angrenzenden Schule handelt?
  5. Zu wie vielen Angriffen auf transsexuelle Menschen kam es in Nordrhein-Westfalen im Jahre 2022? (Bitte nach Monat sowie Tätermerkmalen wie Geschlecht, Alter, Nationalität und Mehrfachstaatsangehörigkeit aufschlüsseln.)

Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. https:// www .bild.de/regional/koeln/koeln-aktuell/stolberg-nrw-jugendliche-schlugen-transfrau-bewusstlos-83116444.bild.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1511 mit Schreiben vom 20. April 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration und dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 23.03.2023 berich­tet, dem Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts in Aachen zufolge seien Gegenstand des Verfahrens Beleidigungen und eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil einer Trans-frau, die am 13.02.2023 gegen 13:30 in Stolberg aus einer Gruppe mehrerer Personen heraus begangen worden seien. Bislang sei ein Beschuldigter ermittelt worden, dessen mögliche Be­teiligung an den unterschiedlichen Tathandlungen derzeit ermittelt werde. Der Beschuldigte sei russischer Staatsangehöriger und bereits einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getre­ten.

  1. Ist die Örtlichkeit, an der mehrere Jugendliche auf einer Bank saßen, als Treff­punkt und Aufenthaltsort für kriminelle Kinder und Jugendliche bei der Polizei be­kannt?

Die Örtlichkeit ist der Polizei Aachen als Treffpunkt für Kinder und Jugendliche bekannt. Hier konnten in der Vergangenheit auch Jugendliche und Heranwachsende mit kriminalpolizeili­chen Vorerkenntnissen – vornehmlich Erkenntnisse wegen Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgesetz und Allgemeinkriminalität – angetroffen werden.

  1. Wurden oder werden die in Frage 1 abgefragten Tatverdächtigen als Intensivtäter geführt?

Der o.a. Beschuldigte wird als Intensivtäter geführt.

  1. Welche Hinweise liegen dafür vor, dass es sich bei den Jugendlichen, die als mut­maßliche Täter in Betracht kommen, um Schüler der offensichtlich angrenzenden Schule handelt?

Bei dem Beschuldigten handelt es sich nicht um einen Schüler des an den Tatort unmittelbar angrenzenden Gymnasiums.

  1. Zu wie vielen Angriffen auf transsexuelle Menschen kam es in Nordrhein-Westfa­len im Jahre 2022? (Bitte nach Monat sowie Tätermerkmalen wie Geschlecht, Alter, Nationalität und Mehrfachstaatsangehörigkeit aufschlüsseln.)

Im Jahr 2022 gab es einen gewaltsamen Übergriff im Rahmen des Christopher Street Day in Münster, bei dem ein junger Transmann sein Leben verlor. Diese Gewalttat wurde durch das Landgericht Münster als nicht transfeindlich motiviert bewertet und ging demzufolge nicht in die Statistik des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) für das Jahr 2022 ein.

Einer automatisierten Auswertung des KPMD-PMK für Nordrhein-Westfalen zu allen statistisch erfassten Straftaten im Themenfeld „Hasskriminalität/Geschlechtsbezogene Diversität“ im Jahr 2022 führte zu dem Ergebnis, dass kein Gewaltdelikt zum Nachteil von transsexuellen Menschen mit einer transfeindlichen Motivationslage registriert wurde.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner