Kleine Anfrage 4400
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Straftaten gegen geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte in NRW im ersten Halbjahr 2024
Mit Antwort der Landesregierung vom 15. Februar 2023, Drucksache 18/3051, auf meine Kleine Anfrage vom 13. Januar 2023, Drucksache 18/2532, wurde mitgeteilt, dass im Jahr 2022 keine Straftat gegen geplante oder im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte erfasst wurden.1
Ziel dieser Anfrage für das erste Halbjahr 2024 ist, eine differenziertere Aufschlüsselung der Straftaten zu erhalten.
So gilt es, die Anzahl der eingeleiteten Ermittlungsverfahren, der Anklagen, der Verurteilungen und der Einstellungen von Ermittlungen bzw. Verfahren darzulegen. Die Frage, ob im konkreten Fall Menschen direkt angegriffen wurden und zu Schaden kamen oder ob beispielsweise die Straftat gegen eine im Bau befindliche Unterkunftseinrichtung gerichtet war, konnte die Landesregierung bisher nicht ausreichend beantworten. Eine genaue Lagebeurteilung wird so zumindest erschwert.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele Straftaten wurden im ersten Halbjahr 2024 gegen geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen verzeichnet? (Bitte nach Anzahl der verletzten Personen, Ort und Datum aufschlüsseln.)
- Bei wie vielen der unter Frage 1 erfragten Straftaten konnte ein Täter ermittelt bzw. festgenommen werden? (Bitte einzeln nach Straftatbestand, Nationalität, Alter und Geschlecht auflisten.)
- In welche Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität fallen die unter Frage 1 erfragten Straftaten in Fällen, in denen ein Täter ermittelt werden konnte, sowie in Fällen, in denen kein Täter ermittelt werden konnte?
- Auf welcher Erkenntnisgrundlage erfolgte im letzteren Fall die konkrete Zuordnung? (Bitte einzeln auflisten.)
Markus Wagner
1 Vgl. Antwort der Landesregierung vom 13.01.2023, Drucksache 18/2532.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4400 mit Schreiben vom 18. Oktober 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.
Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie
- den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten.
- sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben.
- durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
- gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Haltung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Ob-jekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.
Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.
Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.
Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).
Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2024 ist noch nicht abgeschlossen und die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen mit Stand 19. September 2024 sind als vorläufige Zahlen zu betrachten.
- Wie viele Straftaten wurden im ersten Halbjahr 2024 gegen geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte in Nordrhein-Westfalen verzeichnet? (Bitte nach Anzahl der verletzten Personen, Ort und Datum aufschlüsseln.)
- Bei wie vielen der unter Frage 1 erfragten Straftaten konnte ein Täter ermittelt bzw. festgenommen werden? (Bitte einzeln nach Straftatbestand, Nationalität, Alter und Geschlecht auflisten.)
- In welche Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität fallen die unter Fragen 1 erfragten Straftaten in Fällen, in denen ein Täter ermittelt werden konnte, sowie in Fällen, in denen kein Täter ermittelt werden konnte?
Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im ersten Halbjahr 2024 wurden im KPMD-PMK in Nordrhein-Westfalen bislang drei Straftaten gegen geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte erfasst. Es wurde keine Person im Sachzusammenhang verletzt. Es wurde ein Tatverdächtiger ermittelt, keine Person wurde festgenommen.
Weitergehende Angaben bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.
Tattag | Tatort | Anzahl verletzte Personen | Anzahl
ermittelte Tat- verdächtige |
Phänomen- bereich PMK |
25.02.2024 | Goch | 0 | 1 (männlich, 65 Jahre, deutsch, § 130 StGB) | Rechts |
16.05.2024 | Bad
Laasphe |
0 | 0 | Rechts |
26.06.2024 | Hagen | 0 | 0 | Rechts |
4. Auf welcher Erkenntnisgrundlage erfolgte im letzteren Fall die konkrete Zuordnung? (Bitte einzeln auflisten.)
Die Zuordnung einer Straftat in einen Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität erfolgt stets auf Grundlage und nach Betrachtung des Einzelfalls. Ist die Tatmotivation nicht hinreichend erkennbar, wird die Tat dem Phänomenbereich PMK – Sonstige Zuordnung zugeteilt.