Kleine Anfrage 861
der Abgeordneten Sven W. Tritschler, Markus Wagner und Dr. Hartmut Beucker vom 02.12.2022
Straftaten im Rahmen der Kölner „Sessionseröffnung“ am 11. November 2022
Die Polizei Köln hat ihre vorläufige Bilanz zu den Feierlichkeiten am „Elften im Elften“ vom 12. November 2022 angepasst. Zum 18. November lagen dort 399 Strafanzeigen für die Altstadt und Neustadt vor.1 In diesem Bereich liegen auch die innerstädtischen Festschwerpunkte, darunter die Zülpicher Straße.
Mit einem Zuwachs der Straftaten um 49 gegenüber dem Vorjahr ergibt sich ein neuer Höchststand im Fünfjahresvergleich Die Zahl der Sexualstraftaten erreichte den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2018 mit 15 Straftaten und bei den Körperverletzungsdelikten überschritt man mit 117 Fällen sogar den Höchstwert des Jahres 2018 mit 105 Fällen.2
Die Polizei hat auch eine Vielzahl von Tatverdächtigen erfasst, z.B. im Bereich der Körperverletzungen waren es 96.3
Insbesondere das städtische Ordnungs- und Sicherheitskonzept für den Bereich der Zülpicher Straße ist vielfach kritisiert worden. Es kann wohl von Glück gesprochen werden, dass nichts Schlimmeres passiert ist.4
Aktuell liegen keine öffentlichen Hinweise über konkrete Hintergründe der Tatverdächtigen vor.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben genannten Vorfällen während der Kölner „Sessionseröffnung“? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)?
- Werden die oben genannten Bereiche, in denen die strafrechtlichen Vorkommnisse registriert wurden, gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) eingestuft?
- Wie beurteilt die Landesregierung das Ordnungs- und Sicherheitskonzept der Stadt Köln für die Feiermeilen in der Innenstadt, insbesondere für den Bereich Zülpicher Straße?
- Wie bewertet die Landesregierung den statistisch erfassten Höchststand von Straftaten rund um die Sessionseröffnung?
Sven W. Tritschler
Markus Wagner
Dr. Hartmut Beucker
1 H t t p s: / / w ww . p re s s ep o r tal.de/blaulicht/pm/12415/5373759.
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 H t t p s : / /w w w 1 .w d r. d e / n a ch r i c hat e n / r h e i nland/sessionsauftakt-zuelpicher-strasse-konzept-gescheitert-100.html
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 861 mit Schreiben vom 5. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben genannten Vorfällen während der Kölner „Sessionseröffnung“? (Bitte alle Tatverdächtigen, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen der deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)?
Eine statistische Erfassung des Anlasses einer Straftat erfolgt in den justiziellen Datenbanken nicht. Eine Auswertung aller in Betracht kommenden Vorgänge von Hand bei der Staatsanwaltschaft Köln und – da auch Jugendliche als Beschuldigte in Betracht kommen – vorsorglich auch bei sämtlichen anderen Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen – ist innerhalb der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten.
- Werden die oben genannten Bereiche, in denen die strafrechtlichen Vorkommnisse registriert wurden, gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) eingestuft?
Die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW zu einer erleichterten Identitätskontrolle müssen immer lage- und zeitabhängig vorliegen. Die Bewertung, ob der Tatbestand des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW erfüllt ist, erfolgt grundsätzlich durch die für die konkrete Kontrollsituation verantwortlichen Polizeivollzugsbeamten im Einzelfall, wobei sie aufbereitete Informationen, wie etwa Lagebilder, unterstützend heranziehen können. Eine abstrakt-generelle Festlegung durch die jeweilige Leitung der zuständigen Kreispolizeibehörde darf nur hinreichend begründet und zeitlich befristet erfolgen. Eine statische bzw. unbefristete Festlegung ist dagegen von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Demgemäß wurde bereits in der Antwort auf die Große Anfrage 2 darauf hingewiesen, dass eine Festlegung als Ort gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW einer ständigen Überprüfung unterliegt und aufgrund der täglichen Lageentwicklung nur eine Momentaufnahme darstellt (vgl. LT-Drs. 17/2517, S. 2, 6).
Eine solche temporäre Festlegung erfolgt für den Bereich der Zülpicher Straße nicht. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass der Bereich Zülpicher Straße dem direktionsübergreifenden Präsenzkonzept des Polizeipräsidiums Köln unterfällt, welches einen behördenstrategischen Schwerpunkt in Bezug auf das Entgegenwirken der Entwicklung und Verfestigung krimineller Szenen darstellt.
Im Übrigen ist in dem betreffenden Bereich eine Waffenverbotszone eingerichtet.
- Wie beurteilt die Landesregierung das Ordnungs- und Sicherheitskonzept der Stadt Köln für die Feiermeilen in der Innenstadt, insbesondere für den Bereich Zülpicher Straße?
Planung und Vorbereitung obliegen der Stadt Köln im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die allgemeine Gefahrenabwehr. Die Stadt Köln hat für den 11.11.2022 ein Sicherheitskonzept erstellt und dieses mit der Feuerwehr, der Bundespolizei, der Kreispolizeibehörde Köln sowie weiteren Stellen abgestimmt. Einzelne Aspekte von Sicherheitskonzepten werden ebenso wie die Festlegung von einzelnen Leitungs- und Sicherungsmaßnahmen vor Ort grundsätzlich nicht durch die Landesregierung überprüft. Basierend auf den Erkenntnissen der Nachbereitung des 11.11.2022 wird die Stadt Köln notwendige Leitungs- und Sicherungsmaßnahmen für künftige Anlässe festlegen.
- Wie bewertet die Landesregierung den statistisch erfassten Höchststand von Straftaten rund um die Sessionseröffnung?
Die gute Witterung, die Aufhebung bzw. Lockerung der Infektionsschutzmaßnahmen sowie der Umstand, dass der 11.11.2022 auf einen Freitag fiel, führten summarisch zu einem hohen Personenaufkommen. Die sich aus dem Charakter von besonderen Anlässen wie dem 11.11. mit einer Vielzahl an alkoholisierten und feiernden Personen ergebenen Tatgelegenheiten und -anlässe können, auch durch eine hohe Polizeipräsenz und einem konsequenten Einschreiten, nicht gänzlich verhindert werden. Zudem kann die hohe Polizeipräsenz zum Erkennen vieler Taten beigetragen haben.
Die Feierlichkeiten zum 11.11.2022 in der Altstadt, der Südstadt und auf den Ringen verliefen für die Kreispolizeibehörde Köln wie erwartet und im Hinblick auf die Erforderlichkeit polizeilichen Einschreitens weitestgehend unauffällig.