Antwort
der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 841 vom 28. November 2022
des Abgeordneten Andreas Keith AfD
Drucksache 18/1851
Strom-Blackout: Wie gut sind die Talsperren in Nordrhein-Westfalen für den Fall einer ungeplanten Versorgungsunterbrechung gerüstet?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland mit den meisten Talsperren. Diese gehören überwiegend den Wasserverbänden, die sowohl für den Betrieb als auch für die Unterhaltung verantwortlich sind.1 Während der Flutkatastrophe im Juli 2021 drohte die vom Wasserversorgungsverband Euskirchen-Swisttal betriebene Steinbachtalsperre nach einer Überflutung der Dammkrone zu brechen. Der Kreis Euskirchen, in dem sich die Talsperre befindet, war in dieser Zeit von Stromausfällen betroffen. Da sich die Stromversorgung an der Steinbachtalsperre zeitweise nicht wiederherstellen ließ, mussten zwei normalerweise elektrisch betriebene Verschlüsse manuell geöffnet werden, um Wasser abzulassen.2 Damit auch bei Netzausfall keine Stromunterbrechung erfolgt, wird laut DIN 19700 für Stauanlagen das Vorhalten eines fahrbaren Notstromaggregats empfohlen.3 Dieses dient dem Betrieb einer USV-Anlage („Unterbrechungsfreie Stromversorgung“), die wiederum einen Notbetrieb für die Antriebe der Grundab-lassverschlüsse ermöglicht.4
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 841 mit Schreiben vom 4. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Talsperren unterliegen in Deutschland hohen Sicherheitsanforderungen. Nach § 36 Absatz 2 Wasserhaushaltsgesetz sind Talsperren nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik, maßgeblich der DIN 19700, zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten. Damit das Verschlussorgan einer Talsperre auch bei einem Ausfall des Stromnetzes steuerbar ist, sind gemäß DIN 19700 elektrisch oder hydraulisch angetriebene Verschlüsse zusätzlich mit einem leistungsstarken Handantrieb bzw. manuell als redundanter Mechanismus auszustatten. Darüber hinaus besteht die Empfehlung, ein Notstromaggregat vorzuhalten.
- Welche Talsperren in NRW verfügen über ein für den Betrieb einer USV-Anlage notwendiges Notstromaggregat? (Bitte auflisten)
- Für welche Maximaldauer ist der Notbetrieb jeweils ausgelegt?
- Welche Talsperren verfügen darüber hinaus über eine oder mehrere Wasserkraftanlagen zur Notstromversorgung? (Bitte nach Leistung auflisten)
Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam in der tabellarischen Übersicht in Anlage 1 beantwortet. In dieser Tabelle sind insgesamt 109 Anlagen zum dauernden Speichern von Wasser nach § 75 Absatz 1 Landeswassergesetz NRW (Talsperren und Staustufen) sowie die erbetenen Antworten aufgelistet. Diese o. g. Anlagen unterliegen der Aufsicht der Bezirksregierungen. In der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit konnten nicht alle Daten vollständig abgerufen werden. Daher sind nicht alle Felder in Anlage 1 mit Daten gefüllt.
4. Wie viele Talsperren-Wasserkraftanlagen befinden sich derzeit noch im Genehmigungsverfahren? (Bitte aufschlüsseln nach Dauer des Verfahrens)
Bei den Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster befinden sich derzeit keine Wasserkraftanlagen an Talsperren im Genehmigungsverfahren.
5. Talsperren dienen u. a. der Trinkwasserversorgung, die im Falle eines großflächigen und dauerhaften Stromausfalls gefährdet wäre. Gibt es Pläne, wie die Trinkwasserversorgung im Krisenfall überbrückt werden kann?
Bei einem großflächigen und langanhaltenden Stromausfall wäre auch die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung betroffen. Für Gewinnung, Aufbereitung und insbesondere für die Verteilung des Trinkwassers ist Energie erforderlich.
Durch geeignete Maßnahmen der Wasserversorgungsunternehmen, wie beispielsweise ausreichende Trinkwasserreserven in höherliegenden Trinkwasserspeichern (Hochbehältern), führen kurzzeitige Stromausfälle in der Regel zu keiner Unterbrechung der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung. Bei langanhaltenden Stromausfällen ist für einen Weiterbetrieb der Wasserversorgungsanlagen eine netzunabhängige Eigenversorgung der Anlagen mit Energie erforderlich.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) empfiehlt für kritische Infrastrukturen eine Mindestabsicherung für einen Zeitraum von 72 Stunden. Für die Trinkwasserversorgung sollen dabei mindestens 50 Liter Trinkwasser pro Person und Tag bereitgestellt werden können. Durch Eigeninitiative vieler Betreiber und durch ein Unterstützungsprogramm des BBK zur Härtung der öffentlichen Wasserversorgung verfügen bereits viele Wasserversorgungsunternehmen über Notstromaggregate.
Die Landesverwaltung prüft derzeit, in Abstimmung mit den Branchenverbänden, welche Maßnahmen erforderlich sind, um landesweit eine angemessene netzunabhängige Ersatzstromversorgung erforderlicher Wasserversorgungsanlagen zu erreichen.
1 Htt p s : / / www. U m w e l t.nrw.de/umwelt/umwelt- u n d -wasser/g e w a e s s e r/talsperren-und-stauanlagen
2 Htt p s : / / rp- o n l i n e .de/nrw/panorama/flut-2 0 2 1 -ingenieur-ueber-r e t t u n g -der-steinbach tal sperre-ein-jahr-danach_a i d-722 475 29
3 Hinweise zu elektrischen Anlagen finden sich in der DIN 19700-11, Nummer 8.7 ff und DIN 19700-12, Nummer 8.8.
4 Vgl. dazu: htt p s: / / www.l u b w . baden-wuerttem berg .de /documents/ 10 18 4/ 21 71 94 /arbeits hilfe _zur_din 19 700_hochwasser rueck halte becken.p d f/48a6854c-0 d a d-44de-9173-f8070 ae 7a5f0, S. 39 f.