Taser für unsere Polizei – Wie gerecht wurde ausgeteilt?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 856
des Abgeordneten Markus Wagner vom 01.12.2022

Taser für unsere Polizei Wie gerecht wurde ausgeteilt?

Zwar ist der Waffenkatalog des PolG NRW mittlerweile um DEIG erweitert, dabei „fehlt der Polizei jedoch weiterhin ein geeignetes Distanzgerät als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt für alle operativen Einheiten im täglichen Dienst“ (Stellungnahme 17/1890, A07/1, S.2), da sich die Einführung aus Sicht der DPolG aufgrund der Pilotierung weiter verzögert (vgl. Stellungnahme 17/3139 A07/1, S. 3). Die Erprobungsphase in den Kreispolizeibehörden hat im Januar 2021 begonnen und umfasst insgesamt zwölf Monate. Erst im Anschluss daran soll die Auswertung erfolgen (vgl. Vorlage 17/4161, S. 11).

Laut Innenministerium entstünden durch die einmalige Investition in DEIG als zusätzliches Einsatzmittel in jedem Streifenwagen und die darüber hinaus benötigten Trainingskartuschen Kosten von insgesamt 21.000.000 € im Haushaltsjahr 2022 (Vorlage 17/3367).

Zu DEIG liegen durch ihren Einsatz bei Spezialeinheiten, Bundespolizei und in anderen Bundesländern ausreichend positive Erfahrungen vor (vgl. (Stellungnahme 17/1890, A07/1, S.2 f.).

Bezüglich jener überaus positiven Erfahrungswerte anderer Bundesländer mit dem DEIG und dessen präventiver Wirkung merkte die DPolG bereits in ihrer Stellungnahme im Jahre 2020 an:

„Ergebnisse aus anderen Bundesländern, so jüngst der Bericht des Innenministers von Rheinland-Pfalz im dortigen Innenausschuss des Landtags, bescheinigen die positiv präven­tive Wirkung mit einem signifikanten Rückgang an Übergriffen/ -Gewalt gegen einschreitende Polizeibeamtinnen und -Beamte. In NRW erleben wir aber genau die gegenteilige Entwicklung. Übergriffe auf Polizeivollzugsbeamte, auch unter Verwendung von Hieb- und Stichwaffen, haben drastisch zugenommen. Es ist daher nunmehr dringend geboten, entsprechende Geräte auszuschreiben und schnellstmöglich zu beschaffen. Wir verweisen dazu auf die zahlreichen Stellungnahmen seit 2010 zur Einführung des DEIG für die Polizei NRW in Fahrzeugausstattung.“ (Stellungnahme 17/3139 A07/1, S. 3).

Die DPolG hat auch in ihrer aktuellen Stellungnahme die Gründe für die Notwendigkeit einer Einführung des DEIG dargestellt. Sie führt aus, dass „bisherige Einsatzanlässe des DEIG in der Pilotierung […] die Ergebnisse aus anderen Bundesländern hinsichtlich der präventiven Wirkung mit einem signifikanten Rückgang an Übergriffen/-Gewalt gegen einschreitende Polizeibeamtinnen und -beamte [bestätigen]. Es ist daher nunmehr dringend geboten, entsprechende Geräte auszuschreiben und schnellstmöglich flächendeckend zu beschaffen.“ (Stellungnahme 18/54, S. 6).

Die GdP NRW wiederholte in ihrer schriftlichen Stellungnahme zum Gesetz über die Fest­stellung des Haushaltsplans des Landes NRW für das Haushaltsjahr 2022, 17/4343, ihre Kritik und erneuerte nachdrücklich die Forderung nach einer zeitnahen und flächendeckenden Anschaffung der DEIG. Die Erfahrungen von Polizeibeamten seien demnach durchweg positiv. DEIG könnten aufgrund ihrer Abschreckungswirkung zu einer Deeskalation von gefährlichen Situationen beitragen.

In der aktuellen schriftlichen Stellungnahme kritisiert die GdP NRW, dass „explizit keine Mittel für das weitere Rollout der Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG) vorgesehen sind. Der Titel 0311081200 weist hier im Gegensatz zum HH-Plan 2022 keine Mittel aus. Dies bedauern wir sehr. Die Rückmeldungen unserer Kolleg:innen zu diesem Einsatzmittel sind durchweg positiv. So wird regelmäßig berichtet, dass Einsatzlagen alleine aufgrund der abschreckenden Wirkung des DEIG vielfach friedlich unter Kontrolle gebracht werden konnten, ohne dass ein Verletzungsrisiko sowohl für die Kolleg:innen als auch für das jeweilige Gegenüber geschaffen wurde. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen wirbt die GdP nochmals eindringlich für die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Mittel sowie eine zeitnahe flächendeckende Ausrüstung der Polizeibehörden mit den DEIG.“ (Stellungnahme 18/70, S. 6).

Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen wird lediglich darauf verwie­sen, dass „die Einführung des Distanzelektroimpulsgerätes in einem begleitenden Prozess bis 2024 unabhängig, wissenschaftlich und ergebnisoffen“ evaluiert wird und der weitere Fortgang hiervon abhängig gemacht wird. „Im polizeilichen Alltag [wird die Landesregierung] – zur Steigerung der deeskalierenden Wirkung – die Anwendung des Distanzelektroimpulsgerätes mit der Aufnahme der Einsatzsituation durch eine mitgeführte Bodycam koppeln. Zudem [sorgt die Landesregierung] dafür, dass dieses Einsatzmittel nur nach entsprechender Schulung zur Anwendung kommt“ (Koalitionsvereinbarung von CDU und Grünen, S. 82).

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der Einführung und des Erwerbs von Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG) und entsprechender Trainingskartuschen? (Bitte Anzahl und Verfügbarbarkeit in Relation zu den Streifenwagen setzen.)
  2. Gibt es bei Anzahl der bisher verausgabten Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG) und entsprechender Trainingskartuschen eine Ungleichbehandlung innerhalb der Polizei? (Bitte den Ausstattungsgrad pro Polizisten nach Kreisen und kreisfreien Städten absteigend aufschlüsseln.)
  3. Bis wann will die Landesregierung etwaige Unwuchten respektive Ungerechtigkeiten bei der Ausstattung mit Distanzelektroimpulsgeräte ausgleichen?
  4. Bis wann will die Landesregierung die flächendeckende Ausstattung mit Distanzelektroimpulsgeräte endlich erreicht haben?

Markus Wagner

 

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Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 856 mit Schreiben vom 19. Dezember 2022 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der Einführung und des Erwerbs von Distanzelektroimpulsgeräten (DEIG) und entsprechender Trainingskartuschen? (Bitte Anzahl und Verfügbarbarkeit in Relation zu den Streifenwagen setzen.)

Die Polizei Nordrhein-Westfalen (Polizei NRW) verfügt derzeit über 1.392 Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG) für den Wachdienst in 18 Kreispolizeibehörden (KPB). Eingerechnet sind hierbei die Geräte zu Fortbildungszwecken für das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen sowie Reserve- und Tauschgeräte für die KPB, die beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen (LZPD) vorgehalten werden.

Aktuell ist der Wachdienst der KPB Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Köln, Gelsenkir­chen, Rhein-Erft-Kreis, Aachen und Bochum vollständig mit DEIG ausgestattet. Die Geräte befinden sich dort bereits im Echtbetrieb, d. h. die Geräte werden durch die Polizeivollzugsbe­amtinnen und – beamten (PVB) mitgeführt und eingesetzt.

Die KPB Borken, Paderborn, Wuppertal, Steinfurt, Bonn, Gütersloh, Märkischer Kreis, Münster und Recklinghausen sind ebenfalls bereits ausgestattet. Einige Wachen dieser KPB befinden sich bereits seit August/September 2022 im Echtbetrieb. Bis zum Anfang des Jahres 2023 werden die verbleibenden Wachen in diesen wechseln. Die Aufnahme des Echtbetriebs erfolgt erst, wenn die PVB ausreichend ausgebildet sind.

Die zentrale (Erst-)Beschaffung der Trainingskartuschen DEIG für den Wachdienst der 18 KPB ist abgeschlossen. Für darüber hinausgehende Bedarfe an Trainingskartuschen hat das LZPD diese in den Artikelbestellkatalog der Polizei NRW (ABK) aufgenommen. Den Polizeibehörden steht damit eine dezentrale Beschaffungsmöglichkeit von Zubehör- bzw. Verbrauchsartikeln DEIG über den ABK zur Verfügung. Eine Darstellung der Anzahl und Verfügbarbarkeit von Trainingskartuschen in Relation zu den Streifenwagen ist nicht möglich, da hierzu keine zent­ralen Daten vorliegen. Eine ausreichende Bedarfsdeckung mit Trainingskartuschen DEIG für den Wachdienst ist durch die Bestellbarkeit der Artikel über den ABK gewährleistet.

  1. Gibt es bei Anzahl der bisher verausgabten Distanzelektroimpulsgeräte (DEIG) und entsprechender Trainingskartuschen eine Ungleichbehandlung innerhalb der Polizei? (Bitte den Ausstattungsgrad pro Polizisten nach Kreisen und kreisfreien Städten absteigend aufschlüsseln.)
  2. Bis wann will die Landesregierung etwaige Unwuchten respektive Ungerechtigkei­ten bei der Ausstattung mit Distanzelektroimpulsgeräte ausgleichen?

Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Bei der bisherigen Ausstattung wurden im ersten Schritt die fünf KPB Dortmund, Düsseldorf, Duisburg, Essen und Köln berücksichtigt. Grundlage waren die dort vorliegenden hohen Fall­zahlen von Gewaltdelikten gegenüber PVB und besondere örtliche Brennpunkte.

Im zweiten Schritt wurden die KPB Aachen, Bochum, Bonn, Borken, Gütersloh, Märkischer Kreis, Münster, Paderborn, Recklinghausen, Steinfurt und Wuppertal berücksichtigt. Außer­dem sollten die bisher noch nicht berücksichtigten Dienststellen des Wachdienstes der KPB Gelsenkirchen und Rhein-Erft-Kreis mit DEIG ausgestattet werden. Beide Behörden hatten das Einsatzmittel schon im Rahmen der Pilotierung getestet.

Die Auswahl dieser elf KPB erfolgte auf Basis der Einsatzbelastung, der Fälle von Gewalt gegen PVB und geografischer Aspekte. Wichtig war zudem, dass auch Landratsbehörden be­rücksichtigt werden und die DEIG in allen Behördentypen des Landes verteilt sind. Aufgrund der heterogenen Struktur der einzelnen KPB liegen jedoch unterschiedlichste Voraussetzun­gen in den jeweiligen Behörden vor. Die behördenspezifischen Unterschiede bei der Anzahl von Polizeiwachen und deren Personalstärken erfordern eine individuelle, bedarfsgerechte Verteilung von DEIG. Insoweit gibt es im Rahmen der aktuellen Ausstattung keine Unwuchten oder Ungerechtigkeiten.

  1. Bis wann will die Landesregierung die flächendeckende Ausstattung mit Distanzelektroimpulsgeräte endlich erreicht haben?

Über eine potentielle Ausstattung weiterer KPB wird nach Abschluss der wissenschaftlichen Evaluation entschieden.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner