Tayfun Keltek als Berater der Polizei

Kleine Anfrage
vom 03.12.2021

Kleine Anfrage 6168der Abgeordneten Markus Wagner und Andreas Keith vom 03.12.2021

 

Tayfun Keltek als Berater der Polizei

Als im September 2020 bekannt wurde, dass nordrhein-westfälische Polizisten mutmaßlich rechtsextremistische Inhalte in Chatgruppen verbreiten, wurde die „Stabsstelle Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW“ eingerichtet. Ein mehrköpfiges Team sollte innerhalb eines Jahres ein erweitertes Lagebild sowie ein Handlungskonzept zur Früherkennung, Entgegnung und Vorbeugung rechtsextremistischer Tendenzen bei der Polizei Nordrhein-Westfalen erarbeiten.1

Mitgewirkt an diesem Projekt hat u. a. Herr Tayfun Keltek als „Experte“ für die Rechtsextremismus-Prävention.2 Er ist Vorsitzender des Landesintegrationsrats Nordrhein-Westfalen. Im Jahre 2012 bezeichnete Keltek die rechtsextremen Grauen Wölfe lediglich als „Phantom“.3 Dabei handelt es sich bei den Grauen Wölfen um die größte rechtsextremistische Organisation in Deutschland.4

Keltek kritisierte die deutschen Medien, die Islam und Terror miteinander in Verbin-dung gebracht hätten. Es würde keine Pressefreiheit herrschen, sondern Stimmungs-mache betrieben.5 Keltek wollte mehr Journalisten mit Migrationshintergrund beim WDR, um mehr Einfluss zu erzielen.

Keltek soll im Rahmen des Projekts vorgeschlagen haben, Mitglieder der Integra-tionsräte in Polizeiräte zu entsenden.6 Diese Räte sind teilweise von türkischen Rechtsextremisten unterwandert, die dort ihren Einfluss geltendmachen, erklärt aller-dings die ehemalige Staatssekretärin für Integration im Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen Güler.7,8

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Personen bzw. Institutionen haben darüber entschieden, dass Herr Keltek in dieses Gremium berufen worden ist?
  2. Mit welchen Arbeitsaufträgen ist Herr Keltek im Rahmen dieses Projekts betraut worden?
  3. Welche Zuarbeit hat Herr Keltek konkret geliefert? (Bitte auflisten nach Stellungnahmen, Berichten, mündliche Bekundungen etc.)
  4. Welche Forderungen oder Empfehlungen wollte Herr Keltek im Rahmen des Projekts durchsetzen?
  5. Welche Forderungen und Empfehlungen von Herrn Keltek spiegeln sich letztendlich in den Handlungsempfehlungen wider?

Markus Wagner
Andreas Keith

 

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1 https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-5264.pdf.

2 https://www.tichyseinblick.de/meinungen/keltek-experte-rechtsextremismus-praevention-wdr-rundfunkrat/?fbclid=IwAR3woq_7eSb8u3eBUbSmAD9eRCk0BBkzwkrjQ3LuSgd-LDp7Y2_hVaL6vEM

3 https://www.tichyseinblick.de/meinungen/keltek-experte-rechtsextremismus-praevention-wdr-rundfunkrat/?fbclid=IwAR3woq_7eSb8u3eBUbSmAD9eRCk0BBkzwkrjQ3LuSgd-LDp7Y2_hVaL6vEM

4 https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/260333/graue-woelfe-die-groesste-rechtsextreme-organisation-in-deutschland;

5 https://www.tichyseinblick.de/meinungen/keltek-experte-rechtsextremismus-praevention-wdr-rundfunkrat/?fbclid=IwAR3woq_7eSb8u3eBUbSmAD9eRCk0BBkzwkrjQ3LuSgd-LDp7Y2_hVaL6vEM

6 https://www.tichyseinblick.de/meinungen/keltek-experte-rechtsextremismus-praevention-wdr-rundfunkrat/?fbclid=IwAR3woq_7eSb8u3eBUbSmAD9eRCk0BBkzwkrjQ3LuSgd-LDp7Y2_hVaL6vEM

7 https://www.ksta.de/nrw/migranten–staatssekretaerin-gueler-wirft-chef-des-nrw-integrationsrats–ego-show–vor-28726778.

8 Vgl. Lt.-Drucksache 17/15345; S. 10-11


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6168 mit Schreiben vom 29. Dezember 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flücht­linge und Integration beantwortet.

  1. Welche Personen bzw. Institutionen haben darüber entschieden, dass Herr Keltek in dieses Gremium berufen worden ist?

Die Stabsstelle Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei Nordrhein-Westfalen (Polizei NRW) wurde nicht durch ein beratendes Gremium, wie z.B. einem Beirat, begleitet. Da es sich aber um einen partizipativen Prozess handelte, wurden in einem sehr breiten Umfang auch gesellschaftliche Gruppen in sogenannten Experteninterviews zu ihren Empfehlungen befragt. Die Vielzahl und Diversität der Gruppen sind im Abschlussbericht, Band 2, Anlage 10 aufge­listet (Vorlage 17/5655). Der Landesintegrationsrat als Vertreter der kommunalen Integrations­räte und Integrationsausschüsse ist durch das Gesetz zur Förderung der öffentlichen Teilhabe und Integration legitimiert. Herr Keltek wurde daher in seiner Funktion als Vorsitzender des Landesintegrationsrates dazu befragt, welche Erkenntnisse er aus der Gesellschaft von Men­schen mit Zuwanderungsgeschichte über den Umgang der Polizei mit vulnerablen Gruppen berichten kann. Die in der Kleinen Anfrage genannten persönlichen bzw. politischen Haltungen von Herrn Keltek waren nicht Bestandteil der Gespräche.

  1. Mit welchen Arbeitsaufträgen ist Herr Keltek im Rahmen dieses Projekts betraut worden?

Es wurden im Rahmen der Experteninterviews keine Arbeitsaufträge erteilt.

  1. Welche Zuarbeit hat Herr Keltek konkret geliefert? (Bitte auflisten nach Stellung­nahmen, Berichten, mündliche Bekundungen etc.)
  2. Welche Forderungen oder Empfehlungen wollte Herr Keltek im Rahmen des Pro­jekts durchsetzen?

Frage 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Im Februar 2021 wurde das Experteninterview gemäß Fragenkatalog, siehe Abschlussbericht der Stabsstelle, Band 2, Anlage 10, mit Herrn Keltek durchgeführt. Der Leiter der Stabsstelle hat sich zudem auf Wunsch von Herrn Keltek erneut im Mai 2021 in einem Gespräch mit ihm ausgetauscht. In den Gesprächen wurden die gleichen Forderungen formuliert, die auch sei­tens des Landesintegrationsrates in einer schriftlichen Stellungnahme erhoben wurden (siehe Abschlussbericht der Stabsstelle Rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW, Band 2, Anlage 22, Seite 188 bis 191, Vorlage 17/5655). Es gab in den beiden Gesprächen seitens der Stabsstelle mit Herrn Keltek keine darüber hinaus gehenden Forderungen. Die Kernforde­rungen waren ein intensivierter Austausch zwischen Polizei und Integrationsräten, z.B. durch Entsendung von Kontaktbeamten in die örtlichen Integrationsräte, eine Beteiligung der Integ­rationsräte in den Polizeibeiräten, eine Erhöhung des Anteils von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte bei Einstellungen in die Polizei auch durch veränderte Auswahlver­fahren, die Weiterentwicklung des Aus- und Fortbildungsbereiches in Bezug auf Wissen im Umgang mit Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die Einführung von Reflexionsmecha­nismen und der Abbau von Racial Profiling.

  1. Welche Forderungen und Empfehlungen von Herrn Keltek spiegeln sich letztend­lich in den Handlungsempfehlungen wider?

Die Kernforderungen wie eine direkte Beteiligung in Polizeibeiräten oder die Veränderung von Auswahlverfahren wurden nicht empfohlen. Hinweise zu Reflexion, Veränderungen der Aus-und Fortbildung und einer Professionalisierung von Auswahlentscheidungen im Rahmen von Kontrollsituationen kamen aus einer Vielzahl von Expertengesprächen und sind grundsätzlich Bestandteil der Handlungsempfehlungen.

Ein höheres Wissen über Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, ein professionelles und reflektiertes polizeiliches Handeln und eine engere Vernetzung der Polizei auch mit Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ist unabhängig von der dies fordernden Institution zu begrüßen.

 

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