Tempo 30 (auf den Hauptstraßen) in den Kommunen?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 158
des Abgeordneten Andreas Keith vom 14.07.2022

 

Tempo 30 (auf den Hauptstraßen) in den Kommunen?

Ein Vertreter der Partei Bündnis 90/Die Grünen hat die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“ ins Leben gerufen. Dort wird eine Stadt erst bzw. nur als lebenswert beschrieben, wenn Tempo 30 flächendeckend in den Städten und Kommunen im Kraftfahrzeugverkehr umgesetzt würde. Dabei soll auch auf Hauptverkehrsstraßen künftig nur noch das Tempo 30 erlaubt sein.1

Ministerpräsident Wüst sagte in einer Plenardebatte am 16. Juni 2021, damals noch in der Funktion als Verkehrsminister: „Schon heute gibt es in vielen unserer Städte jenseits der Hauptverkehrsstraßen fast flächendeckend Tempo-30-Zonen. Das trifft vermutlich auf rund 90 Prozent der innerstädtischen Straßen zu. Ganz überwiegend sind nur noch auf den Hauptverkehrsstraßen andere Geschwindigkeiten, Tempo 50 oder darüber, anzutreffen – und das, wie ich finde, aus gutem Grunde. Denn dort wird der Verkehr gebündelt und dadurch, dass er dort auch besser fließt, aus den Wohngebieten herausgehalten. Deshalb müssen diese Hauptverkehrsstraßen besonders leistungsfähig und der Verkehr dort auch störungsfrei sein. Die Hauptverkehrsstraßen sind in der Regel von der Infrastruktur, von der Funktionalität, vom Straßenaufbau, von der Ampelschaltung, von der Trassierung etc. genau so ausgelegt, dass der Verkehr dort gut fließen kann und es viel attraktiver ist, dort vielleicht einmal ein paar Hundert Meter weiter unterwegs zu sein, als sich durch die Wohngebiete zu schlängeln.“2

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie steht die Landesregierung zur Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“?
  2. Wie steht die Landesregierung zu einem flächendeckenden Tempolimit 30 (km/h) in den Innenstädten?
  3. Inwiefern stimmt die Landesregierung der Aussage von Herrn Ministerpräsident Wüst in seiner Plenarrede vom 16. Juni 2021 zu und ist der Auffassung, dass Hauptverkehrsstraßen leistungsfähig (Tempo 50 km/h oder darüber) bleiben müssen, um den Verkehr aus den Wohngebieten rauszuhalten?
  4. Inwiefern wird sich die Landesregierung auf Bundesebene für ein Tempolimit 30 (km/h) in Innenstädten einsetzen?

Andreas Keith

 

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1 https://www.lebenswerte-staedte.de/hintergruende.html


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 158 mit Schreiben vom 18. August 2022 im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Abseits von Hauptverkehrsstraßen können Tempo 30-Zonen schon heute problemlos und ohne den Nachweis einer „besonderen Gefahrenlage“ gemäß § 45 Absatz 9 Satz 3 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) angeordnet werden. Zudem ist es auf allen innerörtlichen Straßen möglich, streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 km/h aus Lärmschutzgründen und im Nahbereich sozialer Einrichtungen (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Seniorenheime etc.) anzuordnen. Dies kann ebenfalls unabhängig vom Nachweis einer besonderen Gefahrenlage und auch auf Hauptverkehrsstraßen erfolgen. Durch diese Regelungen haben die nordrhein-westfälischen Kommunen Tempo 30 insbesondere in Wohngebieten und in Kernbereichen bereits großflächig und umfassend angeordnet.

  1. Wie steht die Landesregierung zur Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“?
  2. Wie steht die Landesregierung zu einem flächendeckenden Tempolimit 30 (km/h) in den Innenstädten?
  3. Inwiefern stimmt die Landesregierung der Aussage von Herrn Ministerpräsident Wüst in seiner Plenarrede vom 16. Juni 2021 zu und ist der Auffassung, dass Hauptverkehrsstraßen leistungsfähig (Tempo 50 km/h oder darüber) bleiben müssen, um den Verkehr aus den Wohngebieten rauszuhalten?
  4. Inwiefern wird sich die Landesregierung auf Bundesebene für ein Tempolimit 30 (km/h) in Innenstädten einsetzen?

Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Das Anliegen, innerorts die Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge auf dafür geeigneten Straßen zu reduzieren, ist grundsätzlich zu begrüßen.

Die innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen haben unterschiedlichste Funktionen. Zum einen besitzen sie für die Mobilität und die wirtschaftliche Betätigung in den Kommunen eine wesentliche Bedeutung. Zum anderen dienen sie dazu, den Verkehr zu bündeln und damit das übrige Netz zu entlasten. Gleichzeitig kann man auf diesen Straßen spezifische Vorkehrungen treffen, indem dort z. B. lärmmindernder Asphalt eingesetzt wird, gesonderte städtebauliche und architektonische Maßnahmen getroffen oder die Gebäude mit speziellen Fenstern und Lüftungen ausgestattet werden.

Die Verkehrsministerkonferenz (VMK) hat die Bundesregierung im Rahmen der Sitzung am 09./10.10.2019 aufgefordert, die Auswirkungen einer deutlichen Ausdehnung von Tempo 30 innerorts auch auf Hauptverkehrsstraßen eingehend zu erforschen. Entsprechende Untersuchungen werden derzeit durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) durchgeführt.

Diese wissenschaftlichen Untersuchungen werden begrüßt, weil hiermit fundierte Grundlagen für die weiteren Diskussionen über die Folgen einer deutlichen Ausdehnung von innerörtlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h für die Sicherheit, Leichtigkeit und Ordnung der Verkehrsabläufe geschaffen werden.

Die Ergebnisse der BASt-Untersuchungen liegen noch nicht vor und sind zunächst abzuwarten.

 

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Beteiligte:
Andreas Keith