Antragder AfD-Fraktion vom 10.09.2019
Temporäre Einstellung der Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem Zentralrat der Muslime (ZMD)
I. Ausgangslage
Gemäß der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2584 der AfD-Fraktion liegt der Landesregierung keine aktuelle Liste über den Mitgliedsbestand des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) vor.1 Bezüglich weiterer Mitgliedsorganisationen, Imame, Gast-Imame sowie Moscheegemeinden, die im Fokus der Sicherheitsbehörden bzw. des Verfassungsschutzes stehen, möchte die Landesregierung keine zusätzlichen Informationen weitergeben. Begründet wird dies mit einer möglichen Beeinträchtigung der Arbeitsweise des Verfassungsschutzes.
Obwohl es der Landesregierung bekannt ist, dass mindestens vier Mitgliedsorganisationen des Zentralrats vom Verfassungsschutz beobachtet werden, hält sie an einer Zusammenarbeit mit dem ZMD fest – so etwa im Rahmen der Neuausrichtung der Zusammenarbeit von organisierten Muslimen mit der Landesregierung (unter organisatorischer Begleitung der neuen Koordinierungsstelle „Muslimisches Engagement in NRW“). Diese Zusammenarbeit erfolge „auf der Grundlage der geltenden Rechtsordnung“. Die Landesregierung plädiert – trotz der Kenntnis über umfangreiche verfassungsfeindliche Bestrebungen – für einen Dialog statt für einen Ausschluss.
Wie im Rahmen der kleinen Anfrage 2584 bereits erwähnt, gehört die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG) als Mitgliedsorganisation dem ZMD an. Die DMG gilt als wichtigste und zentrale Muslimbruder-nahe Organisation in Deutschland.
Wie einem Bericht der Tageszeitung „WAZ“2 zu entnehmen ist, warnt der Landesverfassungs-schutz eindringlich vor einem wachsenden Einfluss der extremistischen Muslimbruderschaft in Nordrhein-Westfalen. Die islamistische Organisation rekrutiere nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer neue Mitglieder unter Flüchtlingen und verzahne sich in manchen Gemeinden mit Salafisten. Burkhard Freier, der Leiter des Landesverfassungsschutzes NRW, wird in der Tageszeitung „WAZ“ wie folgt zitiert: „Während die salafistische Szene mit ihrem grobschlächtigen Islamismus nach dem Niedergang des sogenannten „Islamischen Staates“ an Attraktivität verliert, haben die Muslimbrüder Zulauf. Sie treten wesentlich moderater und intellektueller auf als Sa-lafisten, sind aber nicht minder gefährlich.“ […] „Möglicherweise geht von den Muslimbrüdern eine größere Gefahr für die Demokratie aus, als von Salafisten“. […] „Die Vertreter der Mus-limbruderschaft gäben sich nach außen gemäßigt, um „Abwehrreflexe zu minimieren“. In den engeren Führungszirkeln werde aber offen über die eigentlichen Ziele gesprochen“ […] „Sie sind eindeutig verfassungsfeindlich. Sie wollen langfristig einen bürgerlichen Staat, der von islamischen Werten und der Scharia geprägt ist. Das ist demokratiefeindlich.“
Nach Informationen der WAZ zählt der Landesverfassungsschutz rund 60 Menschen in NRW als Mitglieder der Muslimbruderschaft; diese beeinflussten aber Tausende Menschen. Zudem sollen in Nordrhein-Westfalen 14 Moscheegemeinden zum Umfeld der Muslimbruderschaft gehören. Darunter sind Gemeinden in Bochum (Islamischer Kulturverein IKV), Dinslaken, Düsseldorf, Essen und Mülheim.
Wie die WAZ weiter berichtet, „soll es bei mindestens drei Moscheen – Al Muhajirin in Bonn, Abubakr in Köln und Ar Rahman in Münster – Überschneidungen mit der salafistischen Szene geben. In vier weiteren Gemeinden bestünde ein entsprechender Verdacht.
Im sauerländischen Arnsberg verfügen die Muslimbrüder über eine eigene Bildungs- und Begegnungsstätte, die 2014 vom „Verband interkultureller Zentren (VIZ)“ erworben wurde, und die als bundesweites Tagungszentrum der DMG gilt.“
Eine weitere Mitgliedsorganisation im ZMD ist die Union der türkisch-islamischen Kulturvereine in Europa e.V. (ATIB). Gemäß Verfassungsschutzbericht Hessen wird diese Gruppierung dem türkischen Nationalismus, den „Grauen Wölfen/Ülkücü-Bewegung“ zugerechnet.3
Die Bundeszentrales für politische Bildung betrachtet zudem das IZ Aachen sehr kritisch und sieht auch hier Kontakte zur Muslimbruderschaft.4
Außerhalb der Landesgrenzen muss als Mitgliedsorganisation des ZMD das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) erwähnt werden. Dieses steht dem iranischen Mullah-Regime nah und wird seit 25 Jahren durch den Landesverfassungsschutz Hamburg beobachtet.5 Wie bereits in den Vorjahren unterstützten und beteiligten sich IZH-Besucher und -Funktionäre an der auch 2018 in Berlin stattgefundenen israelfeindlichen und eindeutig antisemitischen Demonstration zum „Jerusalem-Tag“ („Al-Quds-Tag”).6
Das ebenfalls zum ZMD gehörende Islamische Zentrum München (IZM) geriet Anfang August in den Blickpunkt. Wie u.a. „Focus Online“ aufdeckte, heißt es auf der Internetseite des IZM, dass im Fall einer „in größeren Schwierigkeiten steckenden Ehe“ der Mann zu drei Maßnahmen verpflichtet sei: „Ermahnung, Trennung im Ehebett und Schlagen.“7 Dabei verweise das IZM auf den Koran. Dieses, nach eigener Aussage dem Koran entstammende, genuin islamische Geschlechterverständnis widerspricht wesentlichen Grundwerten unseres Grundgesetzes. Zu nennen sind hier die Menschenwürde, das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit, der Gleichheitsgrundsatz oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Laut einer Mitarbeiterin der Anlaufstelle für misshandelte Frauen in München haben solche Veröffentlichungen „katastrophale Auswirkung auf die Vorstellung von Rechten für Männer und Frauen. Das habe auch gleich noch für die nächste Generation gravierende Folgen: Manche Mädchen, traumatisiert von Gewalterfahrungen ihrer Mütter, fügten sich oft in Unterwürfigkeit und Opferrolle. Jungs würden durch solche gemeindlich legitimierten Regeln zu Gewalttätern erzogen.“8 Cumali N., integrationspolitische Sprecherin der SPD im Münchner Stadtrat, sieht hier einen fundamentalen Widerspruch zu den Werten unserer Gesellschaft. Auch aus den Reihen der CSU wurde geäußert, dass „menschenverachtende und gewaltverherrlichende Inhalte“ nicht toleriert werden dürften. Das Islamische Zentrum München wird auf Grund seiner Verbindung zur Muslimbruderschaft vom Verfassungsschutz des Freistaats Bayern seit geraumer Zeit beobachtet. Die Muslimbruderschaft steht nach Aussage des Landesamts für Verfassungsschutz Bayern „für eine deutliche Abgrenzung gegenüber den USA, Israel, dem jüdischen Volk und Andersgläubigen. Anhänger der Muslimbruderschaft (MB) bekunden in sozialen Netzwerken zum Teil auch Sympathien für terroristische Organisationen.“9
Mitte Juli 2019 besuchten der Vorsitzende des ZMD, Ayman Mazyek, sowie der Generalsekretär des ZMD, Abdassamad El-Yazidi, Saudi-Arabien. Sie trafen während dieses Aufenthalts u.a. mit einem Vertreter der Muslim World League zusammen.10 Diese wird von Saudi-Arabien gesteuert und finanziert.
Die Ethnologin des „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“, Susanne S., erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk: „Der Missionsanspruch […der Muslim World League…], bei dem eben Afrika und Europa genannt worden sind, der ist relativ klar. Mission bedeutete dann, den Export des Islam, der in Saudi-Arabien als der herrschende Islam sich durchgesetzt hatte. […] Sie […die Muslim World League…] steht immer noch für einen sehr, sehr konservativen Islam, insbesondere natürlich der Richtung, die man als Muslimbrüder-nah beschreiben kann, aber es gibt keine klare Grenze auch zum Salafismus. Vielfach ist der Weltliga auch vorgeworfen worden, dass sie Organisationen wie Al-Qaida unterstützt hat.“ Auch der Islamwissen-schaftler Reinhard S. geht gemäß Deutschlandfunk davon aus, dass „die Muslim World Lea-gue nach wie vor – zumindest indirekt – Verbindungen zu islamistischen oder auch terroristischen Organisationen unterhält.“11
Zur islamischen Weltliga gehört auch die Muslim Relief Organisation.12 Wie eine Anfrage der FDP im Deutschen Bundestag ergeben hat, ist der Bundesregierung seit 2014 bekannt, dass „Islamic Relief Worldwide“ (inklusive seines deutschen Zweigs „Islamic Relief Deutschland“) in Israel verboten ist, weil Israel diese Organisation als Teil des Finanzsystems der Hamas und der Muslimbrüderbewegung ansieht und sie deshalb als Terrororganisation einstuft.13 Auch der Berliner Senat stellt in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven R. (CDU) vom 30.11.2016 fest, dass es Verbindungen zwischen Muslim Relief und der „Islamischen Gemeinschaft in Deutschland e.V.“ (IGD / 2018 umbenannt in Deutsche Muslimische Gemeinschaft e.V., DMG) gibt14 – somit folglich auch zum ZMD und zur Muslimbru-derschaft.
Das Internetportal „Jewish Journal“ berichtete am 05.08.2019 über einen neuen Report des „Middle East Forums“, in dem man sich mit der Organisation Muslim Relief auseinandergesetzt hat.15 Danach geht der Report16 von zahlreichen Kontakten zu islamischen Terrororganisationen aus. Der Gründer von Islamic Relif, Hany El-B., hatte danach zahlreiche Kontakte zu Organisationen, die der Muslimbruderschaft sowie der Hamas nahestehen. Der Co-Gründer, Essam El-H., wurde in Ägypten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Als Grund wurden u.a. Verbindungen zur Muslimbruderschaft, zur Hamas und zur Hezbollah genannt. Es wird laut „Jewish Journal“ im Report auch von Kontakten der Humanitarian Relief Foundation (HRF) zur Hamas gesprochen.
II. Der Landtag stellt fest,
- dass mindestens vier Mitgliedorganisationen des Zentralrats der Muslime (ZMD) unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen;
- dass es nachweislich Kontakte des ZMD zur Muslimbruderschaft (DMG), zu den Grauen Wölfen (ATIB) sowie zum Mullah-Regime im Iran (IZH) gibt;
- dass der ZMD keine Übersicht über seine Mitgliedsorganisationen veröffentlicht und auch der Landesregierung (nach eigener Aussage) keine aktuelle Übersicht vorliegt;
- dass es Kontakte des ZMD zur Muslim World League und zur Organisation Muslim Relief gibt – letztere wird in Israel als Terrororganisation eingestuft;
- dass die Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und dem ZMD folglich nicht gegeben ist.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- jegliche Zusammenarbeit mit dem ZMD als Dachverband sowie mit den bekannten Mitgliedsorganisationen vorläufig einzustellen;
- eine Wideraufnahme der Zusammenarbeit nur unter folgenden Bedingungen in Betracht zu ziehen:
- Der Landesregierung liegt eine komplette Übersicht über alle Mitgliedsorganisationen des ZMD vor
- der ZMD distanziert sich von allen verfassungsfeindlichen Mitgliedsorganisationen und hat diese aus dem Dachverband entlassen
Gabriele Walger-Demolsky
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 Vergl. Lt.-Drucksache 17/6768
2 https://www.waz.de/politik/verfassungsschutz-warnt-vor-erstarken-der-muslimbrueder-id226300527.html
5 https://www.hamburg.de/innenbehoerde/schlagzeilen/11197970/izh-al-quds-tag/
6 Vergl. https://www.hamburg.de/contentblob/12760318/52e09181a885bb7f568634b5430ae2b7/data/vsb-2018.pdf S.51 ff.
9 https://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/vsb-2018.pdf S.44 ff.
12 https://www.britannica.com/topic/Muslim-World-League
13 Vergl. Drucksache Deutscher Bundestag 19/9415, Antwort der Bundesregierung auf die Fragen 48 und 49
14 http://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/18/SchrAnfr/s18-10104.pdf