Kleine Anfrage 4546
des Abgeordneten Klaus Esser AfD
Tragfähigkeitsüberprüfungen für SPNV-Brücken in NRW: Welche Lehren zieht die Landesregierung aus dem jüngsten Zusammenbruch einer Elbbrücke?
Millionen von Menschen fahren Tag für Tag im ganzen Land mit dem Auto, Bus, der Straßenbahn oder anderen Verkehrsmitteln über Brücken. Am 11.09.2024 brach ein 100 Meter langes Stück einer rund 50 Jahre alten Elbbrücke zusammen, über das Straßenbahngleise sowie ein Fuß- und Radweg führten. Der schadhafte Zustand war seit vielen Jahren bekannt.1 Parallelen zu den massiven Brückenschäden und Streckensperrungen in NRW drängen sich förmlich auf.
Daher frage ich die Landesregierung:
- Welche Tragfähigkeitsprüfungen finden in NRW für SPNV-Brücken Anwendung? (Bitte Angaben zu Prüfzyklen, zum Schadensregister von SPNV-Brücken, o.ä. machen)
- Werden tatsächlich sämtliche Brücken in NRW im Abstand von 6 Jahren einer Hauptprüfung nach DIN 1076 durch Bauwerksprüfingenieure unterzogen?2
- Welche Konsequenzen folgen aus den Bauwerks- und Tragfähigkeitsüberprüfungen für Brücken in NRW?
- Beabsichtigt die NRW-Landesregierung aufgrund der jüngsten Ereignisse gesonderte Tragfähigkeitsüberprüfungen bei SPNV-Brücken zu veranlassen?
- Werden an Brücken in NRW bereits innovative sensorische Verfahren angewendet, um einer verbesserten Bauwerksüberwachung in Echtzeit näherzukommen?
Klaus Esser
2 https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/StB/zustandsnoten.html
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 4546 mit Schreiben vom 23. Oktober 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Kleine Anfrage adressiert die Auswirkungen des Einsturzes der Carolabrücke am 11.09.2024 in Dresden für Nordrhein-Westfalen und fragt insbesondere nach Prüfmechanismen für SPNV-Brücken.
Bei der Carolabrücke handelt es sich um eine kombinierte Brücke für Fuß- und Radverkehr und die Straßenbahn (ÖSPV). Schienenpersonennahverkehr (SPNV) verkehrte auf dem eingestürzten Brückenteil gerade nicht. Für ÖSPV und SPNV gelten teils unterschiedliche Regelungen, insbesondere auch bezüglich der Zuständigkeit für den Zustand und die Überwachung der betreffenden Brückenbauwerke. In der Regel obliegen die technischen Prüfungen für Brückenbauwerke dem jeweiligen Baulastträger. Diese sind im Eisenbahnbereich die DB InfraGo und die NE-Bahnen, im Straßenbahn-/Stadtbahnbereich grundsätzlich die Kommunen, bei Landesstraßenbrücken Straßen.NRW und bei Autobahn-, Wasser- und Schifffahrtsbrücken der Bund.
- Welche Tragfähigkeitsüberprüfungen finden in NRW für SPNV-Brücken Anwendung? (Bitte Angaben zu Prüfzyklen, zum Schadensregister von SPNV-Brücken, o.ä machen)
Im Eisenbahnbereich der DB gelten für Brücken grundsätzlich die DB-Richtlinien 804 (Eisenbahnbrücken planen, bauen und instandhalten) sowie 805 (Tragsicherheit bestehender Eisenbahnbrücken), die das Eisenbahn-Bundesamt dort als eisenbahnspezifisches technisches Regelwerk eingeführt hat.
Im Bereich der Nicht-DB-Eisenbahnen werden die Richtlinien 804/805 oder in geeigneter Anwendung gegebenenfalls auch die DIN 1076 analog angewandt. Gemäß Richtlinie 804 werden alle sechs Jahre Hauptprüfungen und alle drei Jahre Nebenprüfungen durch den Infrastruktur-betreiber (das Eisenbahnunternehmen) durchgeführt.
- Werden tatsächlich sämtliche Brücken in NRW im Abstand von 6 Jahren einer Hauptprüfung nach DIN 1076 durch Bauwerksprüfungsingenieure unterzogen?
Grundsätzlich wird die Prüfung von Straßenbrücken (einschließlich Straßenbahnen) regelmäßig nach DIN 1076 (Hauptprüfungen alle sechs Jahre, einfache Prüfungen alle drei Jahre, jährliche Sichtprüfungen) durchgeführt. Dies gilt aufgrund der herrschenden Erlasslage sowohl für die Straßen des Bundes (Bundesfernstraßen und Bauwerke der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung) als auch für Landesstraßen. Die Kommunen haben anlässlich einer Abfrage im Jahr 2019 bestätigt, dass sie ebenfalls die DIN 1076 anwenden.
Für Eisenbahnbrücken wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
- Welche Konsequenzen folgen aus dem Bauwerks- und Tragfähigkeitsüberprüfungen für Brücken in NRW?
Aus den Bauwerks- und Tragfähigkeitsüberprüfungen (statische Nachrechnung) leiten sich die jeweiligen Maßnahmen ab, die zu ergreifen sind. Eine generelle Aussage für alle Brücken lässt sich daraus nicht ableiten.
- Beabsichtigt die NRW-Landesregierung aufgrund der jüngsten Ereignisse gesonderte Tragfähigkeitsüberprüfungen bei SPNV-Brücken zu veranlassen?
Die Ursache für den mutmaßlich angesprochenen Brückeneinsturz in Dresden ist bislang nicht bekannt. Insofern können auch noch keine konkreten Konsequenzen aus dem Vorgang gezogen werden.
- Werden an Brücken in NRW bereits innovative sensorische Verfahren angewendet, um einer verbesserten Bauwerksüberwachung in Echtzeit näherzukommen?
Die Bauwerksprüfung gemäß DIN 1076 stellt den äußeren Zustand eines Bauwerks dar. Im Regelfall sind die Bauwerke so konzipiert, dass sie keiner dauerhaften Echtzeit-Überwachung bedürfen.