Transgender-Lehrmaterialien an Schulen in der sechsten Klasse

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1226

des Abgeordneten Carlo Clemens vom 31.01.2023

Transgender-Lehrmaterialien an Schulen in der sechsten Klasse

Schulen und andere Bildungseinrichtungen sollen Orte des unbefangenen und ideologiefreien Lernens sein. In den letzten Jahren hat das Gender-Thema in der medialen Öffentlichkeit an Bedeutung gewonnen und möglicherweise den Fokus klassischer Sexualkunde verschoben. Das sehr frühe Thematisieren „sozialer Geschlechtsidentitäten“ wird intensiv debattiert und ist hochumstritten. Operative Geschlechtsumwandlungen erhielten zuletzt starke mediale Aufmerksamkeit. An der Hildegard-von-Bingen-Schule1 in Köln wurde in einer sechsten Klasse im Biologieunterricht die Option einer geschlechtsangleichenden Operation aufgezeigt. Überwiegend elfjährige Kinder, die gerade am Beginn ihrer Pubertät stehen, sollten sich im Unterricht nach Presseberichten mit suggestiven Aufgabenstellungen beschäftigen.2 Die im Unterricht behandelten Arbeitsblätter stammen aus einer Kooperation eines Lehrer-Fachportals mit einer bekannten Tampon-Marke. Es erscheint fraglich, ob derartige Themenkomplexe für diese Altersgruppe geeignet sind. Weiterhin gilt es zu prüfen, ob ein Unternehmen mit wirtschaftlichen Interessen Einfluss in Unterrichtsinhalte genommen hat.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung, dass sich Sechstklässler in Köln mit Geschlechtsumwandlungen befassen sollten, ohne dass von Seiten der Lehrkraft auf die nachhaltigen Risiken solcher Operationen hingewiesen wurde?
  2. Mit welcher Systematik prüft die Landesregierung die altersgerechte Richtig- und Notwendigkeit sexualitätsbezogener Lehrinhalte?
  3. Wie viele Beschwerden von Eltern über Lehrinhalte mit Sexualitätsbezug liegen der Landesregierung bzw. den Bezirksregierungen seit 01/2021 vor?
  4. Welche Erkenntnisse über Auswirkungen sexualisierter Lehrinhalte auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen liegen der Landesregierung vor?
  5. Sind der Landesregierung weitere Fälle bekannt, wonach private Unternehmen Unterrichtsmaterialien mit sexualitätsbezogenen Inhalten für nordrhein-westfälische Schulen bereitstellen?

Carlo Clemens

 

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1 Htt p s : / / www. R t l .de/cms/geschlechts umwandlung-als-l e h r thema-wirbel-an-k o e l n e r-gymnasium-50 26 8 2 8.h t m l .

2 htt p s : / /www. B i l d .de/politik/in l a n d /politik-inland/kritik-an-a r b e i t s blaettern-schule-bringt-k i n d e r n-geschlechts-umwandlung-bei-82 6 3 8 0 00.bild.h t m l; h t t p s : / / junge f r e i h e i t .de/ politik/ deutsch l a n d / 20 23 / c d u-geschlechts um wandlung /.


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1226 mit Schreiben vom 28. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung

Nach den Richtlinien für die Sexualerziehung in Nordrhein-Westfalen soll eine alters- und ent­wicklungsgemäße Sexualerziehung Lernenden helfen, ihr Leben bewusst und in freier Ent­scheidung sowie in Verantwortung für sich und anderen gegenüber zu gestalten. Hierzu zählt auch, sich mit der Ausgestaltung von Geschlechterrollen und mit Körperbildern auseinanderzusetzen. Ziel ist es, sich selbst und andere zu akzeptieren und Achtung und Ver­ständnis für die individuellen Einstellungen und Bedürfnisse zu entwickeln. Hierzu gehört eine dem Alter und Entwicklungsstand angemessene Auseinandersetzung mit sexueller und ge­schlechtlicher Vielfalt.

  1. Wie bewertet die Landesregierung, dass sich Sechstklässler in Köln mit Ge­schlechtsumwandlungen befassen sollten, ohne dass von Seiten der Lehrkraft auf die nachhaltigen Risiken solcher Operationen hingewiesen wurde?

Es ist die Aufgabe der Schule, die Akzeptanz vielfältiger Lebensweisen auch vor dem Hinter­grund geschlechtlicher Vielfalt zu fördern.

Bei ihrer verantwortungsvollen Auswahl der Themen beschäftigen sich die Lehrkräfte je nach Alters- und Entwicklungsstand der jeweiligen Lerngruppe umfassend mit den Unterrichtsinhal­ten und den zum Einsatz kommenden Materialien. Sie wählen diese eigenverantwortlich aus. Die Auswahl der Unterrichtsmaterialien in allen Fächern, also auch im Bereich der Sexualer­ziehung, obliegt den Lehrkräften in eigener Verantwortung, sie müssen sich allerdings an den Beschlüssen der jeweiligen Fachkonferenz und den Richtlinien und Lehrplänen für das ent­sprechende Fach orientieren (hier: „Richtlinien für die Sexualerziehung in Nordrhein Westfa­len“).

  1. Mit welcher Systematik prüft die Landesregierung die altersgerechte Richtig- und Notwendigkeit sexualitätsbezogener Lehrinhalte?

In Nordrhein-Westfalen werden Schulbücher als Lernmittel vor ihrer Zulassung im Rahmen des Lernmittelzulassungsverfahrens geprüft. Wichtigste Grundlage der Begutachtung sind die aktuellen Kernlehrpläne.

Dies wird durch übergreifende Kriterien hinsichtlich der altersgemäßen lebensweltlichen Ent­wicklung und Mehrsprachigkeit der Schülerschaft erweitert.

Die Begutachtung und Zulassung der Schulbücher erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den Schulbuchverlagen und wird durch Lehrkräfte im aktiven Schuldienst sowie Fachreferate des Ministeriums für Schule und Bildung durchgeführt. Hinweise und Meldungen zu Lernmitteln in Nordrhein-Westfalen werden sehr ernst genommen und überprüft.

Darüber hinaus geben verschiedene Anbieter nicht genehmigungspflichtige Unterrichtsmate­rialien heraus. Lehrkräfte sind durch ihre fachliche Qualifikation gut vorbereitet, um Unterrichts­material eigenverantwortlich auszuwählen und mit diesem u.a. die Urteils- und Handlungsfä­higkeit ihrer Schülerinnen und Schüler zu fördern. Hierbei müssen sie diese Materialien auf sachliche und formale Richtigkeit prüfen und Sorge dafür tragen, dass sich die Schülerinnen und Schüler ein eigenes Urteil bilden können.

  1. Wie viele Beschwerden von Eltern über Lehrinhalte mit Sexualitätsbezug liegen der Landesregierung bzw. den Bezirksregierungen seit 01/2021 vor?

Seit dem Januar 2021 liegen dem Ministerium für Schule und Bildung vier Beschwerden über „Lehrinhalte mit Sexualitätsbezug“ vor.

  1. Welche Erkenntnisse über Auswirkungen sexualisierter Lehrinhalte auf die Ent­wicklung von Kindern und Jugendlichen liegen der Landesregierung vor?

„Sexualisierte“ Lehrinhalte sind grundsätzlich kein Unterrichtsgegenstand in der Schule.

  1. Sind der Landesregierung weitere Fälle bekannt, wonach private Unternehmen Unterrichtsmaterialien mit sexualitätsbezogenen Inhalten für nordrhein-westfäli­sche Schulen bereitstellen?

Es sind keine weiteren konkreten Fälle bekannt.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Carlo Clemens