Kleine Anfrage 437
des Abgeordneten Markus Wagner vom 12.09.2022
Transmann in Münster von Tschetschenen getötet
Am Samstagabend des 27. August 2022 wurde C. am Rande des Christopher Street Days in Münster derart zusammengeschlagen, dass er am darauffolgenden Freitag, den 2. September 2022, im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlag. Auslöser der Attacke war Cs Versuch, mehrere Frauen vor einem Angreifer zu beschützen, der diese mit den Worten „Lesbische ****“ und „*** Euch“ beschimpfte und drohend auf sie zugegangen sei. Das 25jährige Opfer habe den Störer gebeten, die Beleidigungen zu unterlassen. Daraufhin habe der mutmaßliche Täter, A., ein 20-jähriger Tschetschene, das Opfer unvermittelt mindestens einmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Das Opfer verlor das Gleichgewicht und schlug mit dem Kopf auf den Asphalt auf.1 Die Obduktion seiner Leiche ergab, dass er an einem schweren Schädel-Hirn-Trauma am Hinterkopf verstarb.2
Vor acht Jahren sei A., der die russische Staatsbürgerschaft besitzen soll, zusammen mit seiner Mutter nach Deutschland eingereist. Seit dieser Zeit sei er etliche Male wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz in Erscheinung getreten, wobei alle Verfahren eingestellt wurden. Obwohl er als abgelehnter Asylbewerber geführt wird und somit Deutschland bereits hätte verlassen müssen, verlängerte die Ausländerbehörde seinen Aufenthaltstitel um ein weiteres Jahr bis Sommer 2023. Zur Begründung heißt es, dass wegen der Kriegssituation ein Ausreiseverbot nach Russland bestehe.3
Darüber hinaus ist bekannt, dass A. in einem Boxzentrum in Münster trainierte, von dem Ex-Ministerpräsident Armin Laschet Schirmherr ist und die Einrichtung als „einzigartiges integratives Boxprojekt“ lobte. Gleichzeitig gibt es Hinweise darauf, dass dort Propaganda für die Hisbollah betrieben wird.4
Ich frage die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Welche Kriegssituation in Russland führt zu einem Ausreiseverbot, das dafür verantwortlich ist, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen A. nicht durchgeführt werden können?
- Wann wurde erstmals ein Asylantrag des mutmaßlichen Täters von den Behörden abgelehnt, sodass er Deutschland hätte verlassen müssen?
- Welche finanziellen Aufwendungen bzw. Zuschüsse hat das Boxzentrum in Münster seit Bestehen von staatlicher Seite erhalten?
- In welcher Form fanden polizeiliche und/oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen das Boxzentrum in Münster statt? (Bitte nach Jahr, Ermittlungsanlass und -ergebnis aufschlüsseln.)
Markus Wagner
2 Vgl. https://www.ruhrnachrichten.de/regionales/csd-muenster
3 Vgl. https://www.bild.de/bild-plus/regional/westfalen/news-inland/trans.
4 Ebenda.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 437 mit Schreiben vom 20. Oktober 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten, dem Minister des Innern und der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Es wird zunächst auf die Landtagsvorlage 18/174 Bezug genommen.
Im Übrigen hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Münster unter dem 21.09.2022 nebst Randbericht der Generalstaatsanwältin in Hamm vom 26.09.2022 dem Ministerium der Justiz im Wesentlichen berichtet, dass die Ermittlungen gegen den heranwachsenden Beschuldigten wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge, der Beleidigung und der Bedrohung andauerten.
- Welche Kriegssituation in Russland führt zu einem Ausreiseverbot, das dafür verantwortlich ist, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen A. nicht durchgeführt werden können?
Die Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Absatz 5 oder § 60 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes obliegt nach § 24 Absatz 2 Asylgesetz (AsylG) ausschließlich dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Zu den Gründen können daher von hier keine Angaben gemacht werden. Die Ausländerbehörde ist gem. § 42 AsylG an die Entscheidung des BAMF über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder § 60 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes gebunden.
- Wann wurde erstmals ein Asylantrag des mutmaßlichen Täters von den Behörden abgelehnt, sodass er Deutschland hätte verlassen müssen?
Ein Asylantrag wurde am 23.09.2017 durch das insoweit zuständige BAMF abgelehnt. Ungeachtet einer Ablehnung des Asylantrages ist eine Abschiebung bei Bestehen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz bereits aus rechtlichen Gründen nicht möglich.
- Welche finanziellen Aufwendungen bzw. Zuschüsse hat das Boxzentrum in Münster seit Bestehen von staatlicher Seite erhalten?
Als Landesleistungsstützpunkt im besonderen Landesinteresse wurde dem Boxzentrum Münster im Haushaltsjahr 2012 zum Neubau der Boxhalle mit Nebenraumprogramm eine Zuwendung des Landes zu den Investitionskosten in Höhe von 867.543,00 Euro gewährt. Aktuell ist am Stützpunkt ein Landesstützpunkttrainer beschäftigt, dessen Stelle u. a. mit Mitteln der Leistungssportförderung des Landes, über die Förderung nicht anderweitig refinanzierter Personalausgaben des Leistungssportpersonals, gefördert wird. Die Landesmittel zur Förderung der Trainerinnen und Trainer sowie der Koordinatorinnen und Koordinatoren im Leistungssport werden dem Landessportbund Nordrhein-Westfalen per Zuwendungsbescheid zur Verfügung gestellt und von diesem im Rahmen einer privatrechtlichen Förderzusage an die jeweiligen Anstellungsträger weitergeleitet. Die Anstellungsträger weisen dem Landessportbund die Mittelverwendung durch Vorlage des Lohnjournals für den Förderzeitraum und ggf. durch Vorlage von Nachweisen über eingesetzte Dritt- und Eigenmittel nach. Der Landessportbund erbringt gegenüber dem Land einen Verwendungsnachweis bis Ende Juni des darauffolgenden Jahres.
Aus Mitteln des Kinder- und Jugendförderplans NRW und dem Bereich Integration des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW ist das Projekt nicht gefördert worden.
- In welcher Form fanden polizeiliche und/oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen das Boxzentrum in Münster statt? (Bitte nach Jahr, Ermittlungsanlass und -ergebnis aufschlüsseln.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Münster hat unter dem 21.09.2022 nebst Randbericht der Generalstaatsanwältin in Hamm vom 26.09.2022 dem Ministerium der Justiz hierzu wie folgt berichtet:
„Ermittlungsverfahren gegen das Boxzentrum in Münster‘ als solches sind nicht geführt worden.“