Überflutungen von Unterführungen und Straßen nach Unwettern in Nordrhein-Westfalen: In welchem Zustand ist unsere Straßenentwässerung?

Kleine Anfrage
vom 28.08.2023

Kleine Anfrage 2399

des Abgeordneten Klaus Esser AfD

Überflutungen von Unterführungen und Straßen nach Unwettern in Nordrhein-Westfalen: In welchem Zustand ist unsere Straßenentwässerung?

In der Nacht zum 17.08.2023 verursachte ein Unwetter im Ruhrgebiet beträchtliche Schäden. In Gelsenkirchen standen Straßen unter Wasser, teilweise waren Bereiche nur mit Schlauchbooten passierbar. Mehrere Menschen mussten von Einsatzkräften aus ihren Autos befreit werden. Auch in Essen wütete das Unwetter und ein Wohngebiet wurde überflutet. Teilweise stand das Wasser in den Wohnungen bis unter die Zimmerdecke.1 Regenwasserrückhaltebecken liefen über und überfluteten benachbarte Straßen, sodass abgestellte Fahrzeuge unter Wasser standen. Auch Bäume kippten um und begruben Fahrzeug unter sich. Auch andernorts sorgte das Unwetter für massive Überschwemmungen.2

Daher frage ich die Landesregierung:

  1. Wie regelmäßig erfolgt die Säuberung der Abflüsse/Gullys bzw. der Abwasserentsorgung bei Verkehrswegen im Verantwortungsbereich des Landes NRW?
  2. Schon vor einigen Jahren wurde deutlich, dass bei etwa 20 Prozent der Abwasserrohre ein kurz- bis mittelfristiger Sanierungsbedarf besteht, da immerhin ein Drittel der Kanalisation älter als 50 Jahre ist. Allein in Nordrhein-Westfalen wurde für Sanierung und Neubau ein Investitionsdefizit von bis zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr errechnet.3 Sind diese Berechnungen auch heute noch zutreffend?
  3. Vor dem Hintergrund gravierender Finanzdefizite vieler Kommunen im Land stellt sich die Frage: Wie sollen die Städte und Gemeinden einer regelmäßigen Kanalreinigung sämtlicher Verkehrswege in ihrem Verantwortungsbereich nachkommen?
  4. Inwiefern kann das Land unterstützend in Form von Förderangeboten für zusätzliche Versickerungsflächen oder für unterirdische Speicher zu einer Entlassung und zügigeren Entwässerung unserer Verkehrswege beitragen?
  5. Wie will die Landesregierung auch vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe im Sommer 2021 für mehr Sicherheit bei der Straßenentwässerung bzw. dem Zustand unseres Straßenkanalisationssystems sorgen?

Klaus Esser

 

Anfrage als PDF

 

1 https:// www .soester-anzeiger.de/nordrhein-westfalen/autos-gelsenkirchen-gewitter-starkregen-ueberflutung-feuerwehr-einsaetze-schlauchboot-baeume-92464940.html

2 https:// www1 .wdr.de/nachrichten/wetter-nrw-190.html

3https:// www .handelsblatt.com/politik/deutschland/infrastruktur-mammutaufgabe-kanalsanierung-kommunen-muessen-milliarden-aufbringen/24276540.html


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2399 mit Schreiben vom 28. September 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Beseitigung von Niederschlagswasser obliegt den zuständigen Straßenbaulastträgern (Bund, Land und Kommunen).

  1. Wie regelmäßig erfolgt die Säuberung der Abflüsse/Gullys bzw. der Abwasserentsorgung bei Verkehrswegen im Verantwortungsbereich des Landes NRW?

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen ist zuständig für die Baulast an Bundes-und Landesstraßen außerorts und in den Ortsdurchfahrten von Kommunen mit weniger als 80.000 Einwohnern.      Er folgt bei der Reinigung der Entwässerungseinrichtungen von Verkehrsflächen den Hinweisen des „Leistungsheftes für den Straßenbetrieb auf Bundesfern­straßen“ des Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).

Darüber hinaus erfolgt im Zuge der regelmäßigen Streckenkontrolle aller Abschnitte der Bun­des- und Landesstraßen die Kontrolle zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Entwäs­serungseinrichtungen.

  1. Schon vor einigen Jahren wurde deutlich, dass bei etwa 20 Prozent der Abwasser­rohre ein kurz- bis mittelfristiger Sanierungsbedarf besteht, da immerhin ein Drit­tel der Kanalisation älter als 50 Jahre ist. Allein in Nordrhein-Westfalen wurde für Sanierung und Neubau ein Investitionsdefizit von bis zu 1,3 Milliarden Euro pro Jahr errechnet. Sind diese Berechnungen auch heute noch zutreffend?

Konkrete Zahlen zu den zur Sanierung erforderlichen Investitionen liegen nicht flächende­ckend vor.

  1. Vor dem Hintergrund gravierender Finanzdefizite vieler Kommunen im Land stellt sich die Frage: Wie sollen die Städte und Gemeinden einer regelmäßigen Kanal­reinigung sämtlicher Verkehrswege in ihrem Verantwortungsbereich nachkom­men?

Die Kanalreinigung gehört zu den erforderlichen vom kommunalen Betreiber durchzuführen­den Betriebs- und Unterhaltungsmaßnahmen. Diese werden über die Abwassergebühr finan­ziert.

  1. Inwiefern kann das Land unterstützend in Form von Förderangeboten für zusätz­liche Versickerungsflächen oder für unterirdische Speicher zu einer Entlassung und zügigeren Entwässerung unserer Verkehrswege beitragen?

Hinsichtlich der Förderangebote in der Wasser-/Abwasserwirtschaft wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2201 (LT-Drs. 18/5166) hingewiesen, in der Förderangebote des Landes zu Klimaanpassungsmaßnahmen dargelegt sind.

Über das „Programm zur Förderung des kommunalen Straßenbaus“ bezuschusst das Land grundsätzlich auch die durch den Straßenbau veranlassten Entwässerungseinrichtungen so­wie deren Erweiterung.

  1. Wie will die Landesregierung auch vor dem Hintergrund der Flutkatastrophe im Sommer 2021 für mehr Sicherheit bei der Straßenentwässerung bzw. dem Zustand unseres Straßenkanalisationssystems sorgen?

Durch die Konkretisierung der geltenden Gesetze und Regelwerke in landesbetriebsweiten Vorgaben sorgt der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen bei den Bundes- und Lan­desstraßen für die fachgerechte Umsetzung bzw. Realisierung des Stands der Technik. Dies beinhaltet auch eine sukzessive Überprüfung und gegebenenfalls Sanierung der bestehenden Entwässerungseinrichtungen.

Nach Nr. 7.6 der Förderrichtlinie Wiederaufbau Nordrhein-Westfalen sind bauliche Maßnah­men im Sinne der Richtlinie so auszuführen, dass Schäden bei einem erneuten Hochwasserereignis reduziert oder vermieden werden. Beim Wiederaufbau der durch das Starkregen- und Hochwasserereignis beschädigten kommunalen Straßen ist daher davon auszugehen, dass diese – auch bezogen auf die Entwässerung und Kanalisation – nach dem aktuellen Stand der Technik wiederhergestellt werden. Die konkrete Planung und Umsetzung der Maßnahmen obliegt dabei den Kommunen im Rahmen ihrer Planungshoheit.

Darüber hinaus werden im Hinblick auf die bereits auf den Weg gebrachten bzw. geplanten Maßnahmen zur Klimaanpassung in den Städten und Kommunen, wonach diese zukünftig insgesamt resilienter geplant und gestaltet werden sollen (u.a. durch Flächenentsiegelungen, Versickerungsmaßnahmen, Speichersysteme), in der Folge auch die Straßenentwässerungs-systeme entlastet und für eine höhere Sicherheit gegen Überflutung Sorge getragen.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Klaus Esser