Unfälle, Straßenschäden und gesundheitliche Einschränkungen: Welche Folgen hat die Rahmedetal-Brückensperrung?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 907
des Abgeordneten Klaus Esser vom 19.12.2022

Unfälle, Straßenschäden und gesundheitliche Einschränkungen: Welche Folgen hat die Rahmedetal-Brückensperrung?

Die auswärtige Ausschusssitzung des NRW-Verkehrsausschusses am 30.11.2022 verdeutlichte die katastrophale Verkehrssituation in der Stadt Lüdenscheid sowie in der näheren Umgebung. Über Jahre werden Verkehrswege und Lebensverhältnisse der dort lebenden Bürger massiv beeinträchtigt. Nach über einjähriger Brückensperrung konnten mittlerweile die Besitzverhältnisse im Umfeld der zu sprengenden Rahmedetalbrücke geklärt werden. Ein Vergabeverfahren für den anschließenden Bau einer neuen Autobahnbrücke der A 45 ist in Vorbereitung. Gegenwärtig wird von einer Wiedererrichtungsdauer von mindestens fünf Jahren ausgegangen. Schon jetzt liegen Klagen der ansässigen Bürger in Hinblick auf gesundheitliche Einschränkungen und eine Unfallzunahme vor. Die Dauerbelastung der städtischen Straßen sowie anliegender Landesstraßen dürfte ebenfalls beträchtlich sein und in den kommenden Jahren noch zunehmen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Verkehrsunfälle wurden 2022 auf den Umleitungsabschnitten entlang der gesperrten Rahmedetalbrücke registriert? (Bitte aufschlüsseln nach Art der Unfälle, konkreten Streckenabschnitten sowie insbesondere betroffenen Landesstraßen sowie Nennung der Unfallzahlen der Jahre ab 2017 aus Vergleichsgründen)
  2. Wie werden die Belastungen der kommunalen Straßen und insbesondere der nun übermäßig in Anspruch genommenen Landesstraßen aufgrund der Verkehrsumleitung rund um die gesperrte Rahmedetalbrücke gemessen bzw. Schäden dokumentiert?
  3. Wie werden gesundheitliche Schädigungen der Anwohner infolge des massiven Schwerlastverkehrs aufgrund der Umleitungen gemessen, dokumentiert und kompensiert?
  4. Mit wie vielen Besitzern an und unterhalb der Rahmedetalbrücke wurden Erwerbsvereinbarungen geschlossen?
  5. Beabsichtigt die Landesregierung die Besitzverhältnisse im direkten Umfeld von Brückenbauten, die in Kürze ebenfalls von Sperrungen bedroht sein könnten, frühzeitiger als zuletzt zu klären, um den Prozess einer Neuerrichtung nicht unnötig zu verzögern?

Klaus Esser

 

Anfrage als PDF


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 907 mit Schrei­ben vom 9. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und der Ministerin für Heimat, Kom­munales, Bau und Digitalisierung beantwortet.

  1. Wie viele Verkehrsunfälle wurden 2022 auf den Umleitungsabschnitten entlang der gesperrten Rahmedetalbrücke registriert?

Die geforderte Auswertetiefe wird in den polizeilichen Auswertesystemen standardisiert nicht vorgehalten. Eine manuelle Auswertung der Einzelvorgänge ist mit erheblichem Personalein­satz verbunden und in der zur Bearbeitung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Aufgrund der Fristen, die der Verkehrsunfallstatistik zu Grunde liegen, existieren für das Jahr 2022 lediglich für den Zeitabschnitt Januar bis September festgeschriebene Daten.

Soweit, wie im Fall der Rahmedetalbrücke, Strecken gesperrt werden, führt dies nicht zwangs­läufig dazu, dass die ausgewiesenen Umleitungsstrecken durch alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer auch wirklich genutzt werden. Für die folgende Auswertung der Jahre 2017 bis 2022 wird daher das standardisiert auswertbare Stadtgebiet Lüdenscheid dargestellt. Im Stadtgebiet Lüdenscheid ereigneten sich im Vergleichszeitraum Januar bis September ins­gesamt folgende Anzahl an Verkehrsunfällen der Kategorien 1-4 (Kategorie 1 – Verkehrsun­fälle mit Getöteten; Kategorie 2 – Verkehrsunfälle mit Schwerverletzten; Kategorie 3 – Ver­kehrsunfälle mit Leichtverletzten; Kategorie 4 – Verkehrsunfälle mit erheblichem Sachscha­den):

Verkehrsunfälle in Lüdenscheid nach VU-Kategorien
(jeweils Januar bis September)
  2017 2018 2019 2020 2021 2022
Kat. 1 0 0 0 0 0 2
Kat. 2 22 21 22 29 22 25
Kat. 3 134 138 132 106 99 162
Kat. 4 55 54 14 13 41 69
Summe 211 213 168 148 162 258

Quelle: Datenauswertung des LZPD NRW aus FiSPol NRW (Führungs- und Informationssys­tem der Polizei NRW)

Verkehrsunfälle in Lüdenscheid nach VU-Kategorien auf Landesstraßen (jeweils Januar bis September)
  2017 2018 2019 2020 2021 2022
Kat. 1 0 0 0 0 0 2
Kat. 2 12 11 11 9 11 14
Kat. 3 59 54 64 46 51 76
Kat. 4 25 19 5 4 18 34
Summe 96 84 80 59 80 126

Quelle: Datenauswertung des LZPD NRW aus FiSPol NRW (Führungs- und Informationssys­tem der Polizei NRW)

  1. Wie werden die Belastungen der kommunalen Straßen und insbesondere der nun übermäßig in Anspruch genommenen Landesstraßen aufgrund der Verkehrsum­leitung rund um die gesperrte Rahmedetalbrücke gemessen bzw. Schäden doku­mentiert?

Bei der Beantwortung der Frage wird davon ausgegangen, dass der Fragesteller die Verkehrs­belastung und Straßenschäden meint. Zur daraus resultierenden Immissionsbelastung und der gesundheitlichen Auswirkungen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

Gemäß § 14 Fernstraßengesetz hat der Baulastträger der gesperrten Bundesfernstraße dem Baulastträger der Umleitungsstrecke alle Mehraufwendungen zu erstatten, die wesentlich durch die Umleitung verursacht werden. Die Bedarfsumleitung für die gesperrte Rahmedetal-brücke liegt auf Landesstraßen, für die Straßen.NRW zuständiger Baulastträger ist. Hier hat der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen die Streckenkontrollen verdichtet, um auf­tretende Mängel zu erfassen und soweit möglich, direkt zu beheben. Verkehrszählungen wer­den anlassbezogen, z.B. als Grundlage für mögliche Knotenpunktsoptimierungen und lärm­technische Berechnungen (siehe Frage 3) durchgeführt.

  1. Wie werden gesundheitliche Schädigungen der Anwohner infolge des massiven Schwerlastverkehrs aufgrund der Umleitungen gemessen, dokumentiert und kom­pensiert?

Messungen zur Luftbelastung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) laufen seit Juli 2022; gemessen werden Stickstoffdioxid, Stick­stoffmonoxid, Feinstaub PM10 sowie Ozon. Die Messdaten werden an das LANUV übertragen und zeitnah auf den Internetseiten des LANUV veröffentlicht (Link: h t t p s : / / w w w . l a nu v . n r w .d e / umwelt/luft/immissionen/messorte-und-werte/; Station VLSL). Sie werden stünd­lich aktualisiert.

Geräuschimmissionen durch Verkehr werden grundsätzlich berechnet und nicht gemessen. Diese Berechnungen werden vom zuständigen Baulastträger durchgeführt.

Luftschadstoff- und Lärmbelastungen können die Gesundheit beeinträchtigen. Sie können bei­spielsweise zu Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen führen. Die Grenzwerte für Luft­schadstoffe der 39. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (39. BImSchV) dienen dem Schutz der Gesundheit. Bisher gibt es nach den vorliegenden Messwerten keine Anhalts­punkte dafür, dass die geltenden Grenzwerte für die Luftqualität überschritten werden.

Um die Auswirkungen der erhöhten Lärmbelastung durch den Umleitungsverkehr zu kompen­sieren, erstattet der Bund bei Vorliegen der in § 14 Fernstraßengesetz genannten Vorausset­zungen Schallschutzmaßnahmen an betroffenen Gebäuden im Zuge der Bedarfsumleitung. Die Abwicklung der Antragsstellung erfolgt über das Büro Brückenbauer des Bürgerbeauftra-gen der Rahmedetalbrücke. Die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Erstattung der Aufwendungen erfolgt durch die Autobahn GmbH des Bundes.

Die Landesregierung wird die weitere Entwicklung der Immissionen eng im Blick behalten.

  1. Mit wie vielen Besitzern an und unterhalb der Rahmedetalbrücke wurden Erwerbs­vereinbarungen geschlossen?

Hierfür ist die Autobahn GmbH des Bundes zuständig. Auf Nachfrage hat das Bundesministe­rium für Digitales und Verkehr hierzu folgendes mitgeteilt:

Es wurden acht Kaufverträge, zehn Verträge über vorübergehende Inanspruchnahmen und sechs Verträge für den Artenschutz und für Ausgleichsmaßnahmen abgeschlossen.

  1. Beabsichtigt die Landesregierung die Besitzverhältnisse im direkten Umfeld von Brückenbauten, die in Kürze ebenfalls von Sperrungen bedroht sein könnten, früh­zeitiger als zuletzt zu klären, um den Prozess einer Neuerrichtung nicht unnötig zu verzögern?

Die notwendige Flächeninanspruchnahmen ergeben sich aus den technischen Planungen der Autobahn GmbH des Bundes für die Ersatzneubauten. Sollte die Autobahn GmbH des Bundes Bedarf für eine Mitwirkung durch das Land sehen, würde das Land im Rahmen seiner Mög­lichkeiten unterstützend tätig werden.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Klaus Esser