Antrag
der Fraktion der AfD
Unsere Natur und Heimat aufgrund ihres Eigenwertes schützen – die Biodiversität neu denken – den Klimaschutz nicht über die Belange des heimischen Natur- und Artenschutzes stellen!
I. Ausgangslage
Der Begriff Naturschutz umfasst alle Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität und beinhaltet damit auch den Artenschutz, der sich auf den Schutz von Tier- und Pflanzenarten konzentriert. Die Biodiversität, auch biologische Vielfalt genannt, bezieht sich auf die Vielfalt der Arten, Ökosysteme und genetischen Vielfalt innerhalb einer bestimmten Region. Sie unterstützt dabei wichtige Ökosystemleistungen, wie den Erhalt von Bodenstruktur und -fruchtbarkeit, die Regulierung von Klima und Wasser sowie die Bestäubung von Pflanzen und die Bekämpfung von Schädlingen.
Eine hohe Biodiversität sorgt dafür, dass Ökosysteme stabil und widerstandsfähig gegenüber Veränderungen bleiben. Eine Abnahme der biologischen Vielfalt in NRW bedeutet deshalb, dass die Anfälligkeit des Ökosystems, auf negative äußere Faktoren zu reagieren, steigen kann. Das kann dazu führen, dass sich Krankheiten und Schädlinge stärker ausbreiten können. Im Zentrum des Schutzes der heimischen Artenvielfalt steht der Mensch. Durch sein Verhalten und seine Politik hat er einen maßgeblichen Einfluss auf die Biodiversität.
Die Versiegelung von natürlichen Lebensräumen, wie Wäldern, Feuchtgebieten, Grasland und Ackerflächen, für die Entwicklung der Siedlungsinfrastruktur schreitet in Deutschland und NRW immer weiter voran. Dabei bedeutet die Fragmentierung von Lebensräumen nicht nur einen direkten Verlust von Nist- und Brutstätten, sondern auch eine Isolation von Wildpopulationen und damit eine Erschwernis des genetischen Austausches. Darüber hinaus stören versiegelte Flächen auch die Ökosystemfunktion des Bodens für die Wasser- und Nährstoffkreis-läufe sowie für die Bodenstruktur und Klimaregulation. Insbesondere die Flächenversiegelung durch Windindustrieanlagen auf unberührten Flächen wirkt sich irreparabel auf die Bodenstruktur, die Klimaregulation und das Grundwasser aus und verursacht massive ökologische Ewigkeitskosten, da die tonnenschweren Fundamente von Windindustrieanlagen nicht mehr aus dem Boden geholt werden. Es ist dringend geboten, die Versiegelung in NRW bei derzeit 5,7 Hektar pro Tag zu reduzieren.
An Wildwechselstellen, wo breite Straßen die natürlichen Wanderrouten der Tiere zerschneiden, müssen Wildbrücken auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse gebaut werden. Ein sicherer Übergang hilft dabei, die Anzahl der Wildunfälle zu reduzieren, und schützt deshalb nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen, die auf den Straßen unterwegs sind. Die natürlichen Wanderrouten sind wichtig für die Fortpflanzung, den Erhalt der genetischen Vielfalt und die Verbreitung heimischer Arten. Nach Angaben des BMVI erstrecken sich die Autobahnen auf über 2.300 km und die Bundesstraßen auf über 5.000 km in NRW. Hingegen gibt es in unserem dicht besiedelten Bundesland nur eine Handvoll von Wildbrücken. Auch sind mehr Kleintiertunnel und -durchlässe erforderlich, um den ehrenamtlichen Naturschutz von saisonalen Rettungsaktionen zu entlasten.
Der Naturschutz und der Artenschutz als Teilgebiet des Naturschutzes müssen sich nicht dem Klimaschutz unterordnen. Es ist deshalb erforderlich, sich stärker mit den negativen Folgen des Ausbaus der regenerativen Energien für den Natur- und Artenschutz auseinanderzusetzen. Beispielsweise führt die Installation von Windkraftanlagen zu einer Beeinträchtigung der Lebensräume von Vögeln und Fledermäusen, insbesondere wenn die Industrieanlagen in Gebieten errichtet werden, die von diesen heimischen Arten stark frequentiert werden. Es gibt jedoch keine Wildbrücken für die Luft. Der Regelbetrieb dieser Anlagen führt zu unvermeidbaren direkten Kollisionen mit streng geschützten Vogelarten, Fledermäusen und auch Insekten und muss deshalb stark reglementiert werden. Windindustrieanlagen dürfen nicht dort gebaut werden, wo sie in unversöhnlicher Konkurrenz zum Naturschutz stehen; das schließt die Installation von Anlagen im Wald mit ein.
Ebenso führt die Nutzung von Biomasse zu einer Abholzung von Wäldern und damit zu einer Veränderung der Migrations- und Jagdgebiete bis hin zu einer Zerstörung von Lebensräumen. Die Installation von Solaranlagen kann ebenfalls negative Auswirkungen auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt haben. So führt die Verschattung des Unterstandes auch zu einer selektiven Abnahme der genetischen Vielfalt von heimischen Lichtpflanzen und Blumenarten. Die Ausdehnung der Zulässigkeit des Baus solcher Anlagen über die geltende Privilegierungs-regelung im Baugesetzbuch ist vor dem Hintergrund der Biodiversität ein schwerer politischer Fehler. Unsere heimische Natur ist kein Standort für Industrieanlagen. Der Flächenverbrauch muss wieder stärker bei der Energieerzeugung berücksichtigt werden. Davon kann nicht nur die Natur mit einer wachsenden Fläche profitieren, sondern auch der Mensch mit preiswertem Strom.
Darüber hinaus gibt es für die Biodiversität auch biogene Gefahren. Oftmals konkurrieren heimische Arten mit gebietsfremden Arten um Ressourcen wie Nahrung, Wasser und Lebensraum. Diese häufig vom Menschen eingeschleppten Arten verdrängen die heimischen Tier-und Pflanzenarten, weil sie sich in Ermangelung natürlicher Feinde unkontrolliert ausbreiten können. Besonders die invasiven Arten schädigen nachweislich die Struktur und Funktionsweise unseres Ökosystems. Auch werden Krankheiten eingeschleppt gegen welche unsere heimischen Arten schutzlos sind. Es gilt auch den Schutz der Biodiversität als naturschutzpolitischen Auftrag dahingehend zu verstehen, die Ausbreitung invasiver Arten wieder zurückzudrängen. Dazu gehört eine aktuelle und fachliche Bewertung der Roten Liste. Gegenwärtig befinden sich ca. 50 % der erfassten Arten in NRW auf der Roten Liste. Die Biodiversität muss genauer beobachtet werden, damit korrekte Rückschlüsse über den tatsächlichen Erhaltungszustand der Arten getroffen werden können. Wer die heimische Natur schützen will, muss neben dem Ziel der Bewahrung der ökologischen Vielfalt auch deren Verteidigung betreiben.
Es ist auch notwendig, die Wirkungen eines unregulierten Bestandes an Spitzenprädatoren als Gefahr für die Artenvielfalt zu erkennen, z.B. die Gefahren für seltene und geschützte Bodenbrüter durch den Wolf. Effektiver Natur- und Artenschutz braucht deshalb auch das traditionelle Wissen und die Fähigkeiten der Jäger. Sie können dazu beitragen, Wildbestände auf einem gesunden Niveau zu halten, invasive Arten zu bekämpfen und gefährdete Arten zu schützen. Ebenso beteiligen sich Jäger auch an Artenschutzprojekten und wirken somit an deren Erhaltung aktiv mit. Die Weitergabe ihres Naturwissens an die nächste Generation trägt dazu bei, das Band zwischen Mensch und Natur zu stärken.
Auch unsere Landwirte sind eine unverzichtbare Hilfe für den Erhalt der Biodiversität. Die regionale Landwirtschaft trägt dazu bei, die genetische Vielfalt von Pflanzen und Tieren zu erhalten, indem sie auf die Verwendung von Monokulturen verzichtet und stattdessen auf die Nutzung von traditionellen Sorten und Rassen setzt. Hier gilt es die Agrobiodiversität auch als Teilmenge der Biodiversität zu verstehen und zu fördern. Die Agrobiodiversität ist von großer Bedeutung, da sie eine wichtige Rolle bei der Anpassung von Landwirtschaftssystemen an Veränderungen spielt, wie z.B. Klimawandel, Bodenveränderungen und Schädlingsbefall. Eine höhere Agrobiodiversität erhöht die Resilienz von Landwirtschaftssystemen und kann den Ertrag und die Ernährungssicherheit verbessern. Auch kann es dazu beitragen, den Verlust der Biodiversität in und um landwirtschaftliche Flächen zu reduzieren. Eine größere Agrobiodiver-sität mit alten Kultursorten und alten Nutztierrassen stellt darüber hinaus ein identitätsstiftendes Element für unsere Heimat dar und bietet auch im Sinne regionaler Vermarktung immer noch ungenutzte Potenziale.
Die Schaffung von Naturschutzgebieten ist ebenfalls ein wichtiges Instrument des Naturschutzes. Dieser muss sich immer an den lokalen Bedürfnissen und Gegebenheiten orientieren, was nur in einem partizipatorischen Prozess mit allen Beteiligten vor Ort funktionieren kann. Dies gilt es auch bei der möglichen Ausweisung eines zweiten Nationalparks zu beachten. Die politische Historie zeigt, dass politische Versprechen für einen weiteren Nationalpark meist daran scheitern, dass nicht alle Akteure vor Ort an dem Prozess beteiligt wurden. Meist sind Schutzgebiete schwierig flächenscharf auszuweisen. NRW als ein dichtbesiedeltes, bevölkerungsreiches und industriell geprägtes Bundesland verfügt über keine unberührte Wildnis. Aus diesem Grund muss die Politik auch den ökologischen Wert und die gesellschaftliche Bedeutung von kleinen arrondierten Landschafts- und Naturschutzgebieten sowie der Kulturlandschaft als Produkt menschlicher Bewirtschaftung abseits internationaler Abkommen anerkennen.
Die internationalen Beschlüsse von Montreal 2022 zur Biodiversität beschreiben eine Vision, dass der Mensch bis 2050 im Einklang mit der Natur leben soll. Wie dieser Einklang aussehen soll, kann aufgrund der Vielartigkeit und des regionalspezifischen Charakters der Biodiversität nicht exakt definiert werden. Bis 2030 sollen 30 Prozent der Flächen unter Schutz gestellt werden. Zusätzlich haben sich die Unterzeichner zur Entwicklung einer nationalen Biodiversi-tätsstrategie verpflichtet. Deutschland ist in dieser Hinsicht der Erfüllung von internationalen Beschlüssen mit einer eigenen Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt von 2007 und den fortwährenden Rechenschaftsberichten schon zuvorgekommen. Wichtig ist dabei, dass sich unser Bundesland nicht an internationalen, sondern an nationalen Beschlüssen orientiert.
II. Beschlussfassung
Der Landtag stellt fest:
- Naturschutz und Artenschutz müssen sich nicht dem Klimaschutz unterordnen.
- Die Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien haben negative Auswirkungen auf die Biodiversität und der Flächenverbrauch muss wieder ein wichtiger Maßstab für die Energieerzeugung werden.
- Die Abnahme der heimischen Artenvielfalt erhöht die Anfälligkeit für Krankheiten und Schädlinge.
- Der Mensch und die Politik haben einen maßgeblichen Einfluss auf die Biodiversität.
- Das Verschlechterungsgebot muss stärker berücksichtigt und die Fragmentierung der Lebensräume stärker kompensiert werden.
- Erhalt der Biodiversität bedeutet auch gegen invasive Neobiota, Krankheitsbefall und Schädlinge aktiv zu werden.
Der Landtag beauftragt die Landesregierung,
- die Versiegelung der Fläche zu reduzieren und in der Energiepolitik auf eine Energieer-zeugungsart zu setzen, die weniger Fläche in Anspruch nimmt;
- mehr Wildbrücken in NRW an nachgewiesenen Wildübergängen zu errichten sowie Kleintiertunnel und Kleintierdurchlässe mit einem Landesprogramm zu fördern;
- keine Windindustrieanlagen auf Naturflächen, insbesondere auf Kalamitätsflächen zu errichten, um lediglich klimapolitischen Vorgaben zu genügen;
- mit einer Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, dass die Privilegierungsregelung im Baugesetzbuch zurückgefahren wird;
- die Moore und Sumpfgebiete aufgrund ihres eigenen Wertes zu schützen und Schutzprogramme finanziell auszubauen;
- invasive Arten mit einem eigenen Landesprogramm zu bekämpfen;
- die Entwicklung der Biodiversität mit einem Monitoring besser zu erfassen und den tatsächlichen Erhaltungszustand wissenschaftlich zu ermitteln;
- den hohen Schutzstatus von Spitzenprädatoren, z.B. des Wolfes, zu hinterfragen;
- den Erhalt und die Nutzung von traditionellen Sorten und Rassen zu fördern und damit die Agrobiodiversität noch stärker als Teilmenge der Biodiversität zu verstehen;
- bei allen Beteiligungsprozessen darauf zu achten, dass alle Akteure eingeladen werden.
Zacharias Schalley
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz
und Fraktion