Kleine Anfrage 220
des Abgeordneten Andreas Keith vom 27.07.2022
Verkehrsminister Wüst: Seilbahnen sind ein Verkehrsmittel der Zukunft
Im Mai 2021 äußerte der damalige Verkehrsminister und heutige Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Seilbahnen sind ein Verkehrsmittel der Zukunft und können ein wichtiger Baustein einer besseren, sicheren und sauberen Mobilität in Nordrhein-Westfalen sein. Deshalb geben wir jetzt dem Seilbahngesetz ein Update, um Planungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.“1
Das Gesetz über die Seilbahnen in Nordrhein-Westfalen regelt die Planung, den Bau und Betrieb von Seilbahnen. Darunter fallen landesweit auch das Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Aufsicht von Seilbahnen. Mit der jetzt in die Wege geleiteten Novellierung wird das Seilbahn-Gesetz an geltendes EU-Recht angepasst. Die Durchführung des Plangenehmigungsverfahrens wird jetzt als vereinfachtes Verfahren in das neue Gesetz als Regelfall aufgenommen. Zudem wird die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Plangenehmigungsverfahrens auf Vorhaben mit Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung durch spezielle Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung ermöglicht. Das dient dem Ziel der Entbürokratisierung und der vereinfachten Durchführung von Vorhaben. So können neue Lösungen für den ÖPNV schneller als bislang umgesetzt werden.2
Ich frage die Landesregierung:
- Wie viele Seilbahnen sind derzeit in Nordrhein-Westfalen in Betrieb?
- Wie viele Genehmigungen wurden zum Bau und Betrieb einer Seilbahn seit Inkrafttreten der Novellierung des SeilbG NRW beantragt?
- Von wie vielen Planungsvorhaben in Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung Kenntnis?
- Welche Rolle spielen Seilbahnen im Mobilitätskonzept der Landesregierung?
- Inwieweit plant die Landesregierung, den Bau von Seilbahnen finanziell zu fördern?
Andreas Keith
2 ebd.
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 220 mit Schreiben vom 26. August 2022 namens der Landesregierung beantwortet.
- Wie viele Seilbahnen sind derzeit in Nordrhein-Westfalen in Betrieb?
Im Jahr 2021 waren in Nordrhein-Westfalen 128 Seilbahnen (nach den Bestimmungen in § 1 des Gesetzes über die Seilbahnen in Nordrhein-Westfalen – SeilbG NRW) in Betrieb. Dies umfasst sowohl Seilbahnen im städtischen Raum (wie z. B. die Seilbahn in Köln, die jedoch nicht in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) eingebunden ist) als auch Seilbahnen in Wintersportgebieten oder in Freizeit- und Mountainbikeparks.
- Wie viele Genehmigungen wurden zum Bau und Betrieb einer Seilbahn seit Inkrafttreten der Novellierung des SeilbG NRW beantragt?
Seit dem Inkrafttreten der Gesetzesnovellierung am 12. Juni 2021 wurden zwei Plangenehmigung für den Neu- bzw. den Umbau von Wintersport-Seilbahnen in Winterberg beantragt.
- Von wie vielen Planungsvorhaben in Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung Kenntnis?
Die Landesregierung hat von insgesamt fünf Planungen bzw. Planungsabsichten von Seilbahnen, die dem ÖPNV dienen, Kenntnis:
- In Bonn ist eine Seilbahn vom rechtsrheinischen Bonn-Beuel über den Rhein auf den linksrheinischen Venusberg geplant. Die Ergebnisse der standardisierten Bewertung wurden 2021 vorgelegt.
- In Herne gibt es ein Seilbahnvorhaben am Hauptbahnhof Wanne-Eickel. Hierzu wurde eine Machbarkeitsstudie vorgestellt.
- In Köln könnte eine Seilbahn – das sogenannte Rheinpendel – mit mehreren Rheinüberquerungen zwischen den links- und rechtsrheinischen Stadtteilen errichtet werden. Hierzu ist derzeit eine Machbarkeitsstudie der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) in Arbeit.
- Für die Stadt Bochum wurde für den kommenden ÖPNV-Bedarfsplan das „Bochumer Seilbahnnetz“ angemeldet. Hier könnte eine Verbindung von Hauptbahnhof über den Kemnader See bis nach Witten entstehen.
- In Essen gibt es Überlegungen für eine rund drei Kilometer lange Seilbahnstrecke vom Bahnhof Altenessen über eine alte Bahntrasse bis zur Kokerei Zollverein.
Ein weiteres Seilbahnvorhaben in Wuppertal wurde nach einem Bürgerentscheid im Jahre 2019 aufgegeben.
Zudem liegen zwei konkrete Planungen für Wintersport-Seilbahnum- und -neubauten in Winterberg vor.
- Welche Rolle spielen Seilbahnen im Mobilitätskonzept der Landesregierung?
- Inwieweit plant die Landesregierung, den Bau von Seilbahnen finanziell zu fördern?
Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die Landesregierung befürwortet den Einsatz von Seilbahnen als einen ergänzenden Baustein des ÖPNV und unterstützt die ÖPNV-Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen. Voraussetzung ist, dass ein gutes Nutzen-Kosten-Verhältnis von über 1 der Seilbahn dargelegt werden kann. Das Land bietet bereits heute für den Bau von Seilbahnen verschiedene Förderzugänge, konkret nach § 12 und § 13 Abs. 1 Nr. 8 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) und über das novellierte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 c) in Verbindung mit § 13 Abs.1 Nr.1 ÖPNVG NRW. Voraussetzung hierfür ist, dass die nach dem Beihilferecht der Europäischen Union zu beachtenden Voraussetzungen vorliegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 1 Abs. 3a ÖPNVG NRW erfordert, dass die Seilbahnen ausschließlich dem ÖPNV dienen und der Gemeinschaftstarif sowie der landesweite Tarif nach § 5 Absatz 3 zur Anwendung kommen. Erforderlich ist zudem gemäß § 7 Abs.1 ÖPNVG NRW für den Neubau einer streckenbezogenen Maßnahme die Aufnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes. Der Bedarfsplan umfasst die langfristigen Planungen für den streckenbezogenen Aus-und Neubau der Schieneninfrastruktur mit zuwendungsfähigen Ausgaben von mehr als 5 Millionen Euro, die nach § 11 Absatz 1, § 12 Absatz 3 oder § 13 Absatz 1 Nummer 1, 2, 4 oder 8 gefördert werden können.
Sofern die Maßnahme in den Bedarfsplan aufgenommen wird, ist eine Förderung der Investitionen durch das Land in Höhe von bis zu 90 % möglich. Sofern eine Förderung über das GVFG erfolgt, ist sogar eine Förderung in Höhe von bis zu 95 % möglich, wobei der Bund 75 % und das Land 20 % tragen. Von einer Förderung umfasst wird jeweils nur die Infrastruktur, nicht hingegen die Kabinen oder die Betriebsanlagen. Eine Seilbahnförderung hat bislang noch nicht stattgefunden. Ein erster möglicher Förderfall könnte die Seilbahn Bonn sein. Das Vorhaben wurde bereits in den Bedarfsplan aufgenommen und ist im ÖPNV-Infrastrukturfinanzierungsplan berücksichtigt.