Vermeintliche Beschaulichkeit? – Messerkriminalität in Münster?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1622

des Abgeordneten Markus Wagner vom 29.03.2023

Vermeintliche Beschaulichkeit? Messerkriminalität in Münster?

Münster, kreisfreie Stadt in Westfalen und Sitz des gleichnamigen Regierungsbezirks im Land Nordrhein-Westfalen, bietet knapp 320.000 Menschen ein Zuhause. Der Name stehe für eine Geschichte mit Zukunft, für eine Kulturhochburg und Fahrradparadies sowie für den Bischofssitz und eine Studentenstadt.1

Dieses so beschauliche Bild einer lebens- und liebenswerten Großstadt wurde am Samstagabend, den 18. März 2023, jäh durch den tödlichen Messerangriff auf einen 31­jährigen Familienvater zerstört. Die gemeinsame Zukunft des Opfers und seiner Verlobten sowie des gemeinsamen Sohnes endete während eines Kirmesbesuchs.2

In den vergangenen Jahren kam es in Münster immer wieder zu Messerangriffen, bei denen Menschen teils lebensgefährlich verletzt wurden. Am 18. Juni 2021 wurde ein 20-Jähriger an der Torminbrücke am Aasee durch drei Stiche in Lunge, Bauch und Leber schwer verletzt. Auch ein 23-Jähriger wurde nach Auskunft der Polizei mit einem Schnitt an der Hüfte leicht verletzt. Nach ersten Erkenntnissen soll es im Bereich unter der Brücke zu einem Streit zwischen zwei etwa achtköpfigen Personengruppen gekommen sein.3

Am 3. August 2022 kam es in der Mittagszeit am Bremer Platz zu einem größeren Polizeieinsatz. Zuvor hatte eine aufmerksame Zeugin drei Männer der ansässigen Drogenszene beobachtet, wie sie einen weiteren Mann mit einem Messer bedrohten. Die Polizeibeamten, die mit mehreren Fahrzeugen im Einsatz waren, nahmen daraufhin zwei Tatverdächtige noch auf dem Platz fest. Im Verlauf der Ermittlungen stellten die Polizeibeamten fest, dass gegen den 33-jährigen Geschädigten ein Haftbefehl besteht.4

Am 10. September 2022 stach ein junger Mann in einer Diskothek am Alten Fischmarkt auf zwei andere Partygäste ein. Die beiden Opfer, 30 und 31 Jahre alte Männer, wurden am Bein verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Der mutmaßliche Täter hatte nach Zeugenaussagen ein nordafrikanisches Erscheinungsbild.5

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Fälle wurden seit 2015 bis heute von der Polizei in Münster registriert, bei denen Messer respektive Stichwaffen jeglicher Art als Tatmittel eingesetzt wurden? (Bitte nach Jahr und Tatörtlichkeit sowie genaues Tatmittel und Anzahl der Opfer aufschlüsseln.)
  2. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich der Tatverdächtigen vor? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen aufschlüsseln und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  3. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich der Opfer vor? (Bitte Vorstrafen der Opfer, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Opfer sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Opfern aufschlüsseln und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Opfer nennen.)
  4. Wie hoch war die Aufklärungsquote der Straftaten mit dem Tatmittel „Stichwaffe“, die sich in Münster von 2015 bis heute ereignet haben?
  5. Wie viele aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden nach Straftaten ausländischer Täter mit dem Tatmittel „Stichwaffe“, die sich in Münster von 2015 bis 2022 ereigneten, durchgeführt?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. https:// www .muensterland.com/tourismus/orte-muensterland/orte-staedte-im-muensterland/muenster-tourismus/.

2 Vgl. https:// www .bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/kirmes-in-muenster-familienvater-31-starb-durch-stich-ins-herz-83267648.bild.html.

3 Vgl. https:// www .wa.de/nordrhein-westfalen/messer-angriff-muenster-aasee-mann-lebensgefahr-mordkommission-polizei-ermittlungen-opfer-taeter-90800583.html.

4 Vgl. https:// www .wn.de/muenster/raub-am-bremer-platz-33-jahriger-mit-messer-bedroht-2608156?&npg.

5 Vgl. https:// www .hallo24.de/muenster/muenster-messerattacke-diskothek-alter-fischmarkt-2628328.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1622 mit Schreiben vom 26. April 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfas­sung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.

  1. Wie viele Fälle wurden seit 2015 bis heute von der Polizei in Münster registriert, bei denen Messer respektive Stichwaffen jeglicher Art als Tatmittel eingesetzt wur­den? (Bitte nach Jahr und Tatörtlichkeit sowie genaues Tatmittel und Anzahl der Opfer aufschlüsseln.)

Erst seit Einführung eines Tatmittelkatalogs im Jahr 2019 in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen lässt sich auch die Verwendung von Waffen und gefährlichen Gegen­ständen auswerten. Eine Beantwortung der Frage aus der Polizeilichen Kriminalstatistik Nord­rhein-Westfalen heraus ist somit ab dem Jahr 2019 möglich. In der Polizeilichen Kriminalsta­tistik werden Tatmittel erfasst, wenn sie zur Tatbegehung eingesetzt wurden. Ein reines Mit­führen des Gegenstandes reicht regelmäßig nicht aus. Ausnahme hiervon sind die Delikte des Waffen-, Sprengstoff- und Kriegswaffenkontrollgesetzes, bei denen das Tatmittel stets erfasst wird.

Im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Münster sind in den Jahren 2019 bis 2022 insgesamt 363 Fälle mit einem erfassten Tatmittel Stichwaffe gemeldet worden. Im Folgenden schlüssele ich die Fälle nach Jahren auf:

Jahr Messer Sonstige
Stichwaffen
2022 106 5
2021 47 5
2020 89 3
2019 106 2

 

  1. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich der Tatverdächtigen vor? (Bitte Vorstra­fen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdäch­tigen sowie Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen auf­schlüsseln und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nen­nen.)

Tatverdächtig im Sinne der Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik ist jeder, der nach dem polizeilichen Ermittlungsergebnis aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte ver­dächtig ist, eine rechtswidrige Straftat begangen zu haben. Bundesweit wird eine „echte Tat-verdächtigenzählung“ vorgenommen. Unabhängig von der Anzahl der begangenen Straftaten wird eine Tatverdächtige oder ein Tatverdächtiger in dem jeweiligen Statistikzeitraum je De-liktsart nur einmal gezählt.

Nichtdeutsche Tatverdächtige sind Personen ausländischer Staatsangehörigkeit und Staaten­lose sowie Personen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Tatverdächtige, die eine deutsche und eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit besitzen, werden in der Polizeilichen Kriminalsta­tistik mit der deutschen Staatsangehörigkeit erfasst.

Die Anlage 1 beinhaltet Angaben zum Geschlecht, der Altersgruppe sowie des Merkmals „Nichtdeutsch“ der beteiligten Tatverdächtigen, aufgeschlüsselt nach den angefragten Tatmit­teln.

  1. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich der Opfer vor? (Bitte Vorstrafen der Op­fer, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Opfer sowie Mehrfachstaatsange­hörigkeit bei deutschen Opfern aufschlüsseln und sonstige polizeiliche Erkennt­nisse über die Opfer nennen.)

Opfer im Sinne der Richtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik sind Geschädigte speziell de­finierter Delikte gegen höchstpersönliche Rechtsgüter (Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit, Ehre, sexuelle Selbstbestimmung) sowie Widerstandsdelikte, soweit diese im Straf-tatenkatalog zur Opfererfassung gekennzeichnet sind.

Die Anlage 2 beinhaltet Angaben zum Geschlecht, der Altersgruppe sowie des Merkmals „Nichtdeutsch“ der beteiligten Opfer, aufgeschlüsselt nach den angefragten Tatmitteln.

  1. Wie hoch war die Aufklärungsquote der Straftaten mit dem Tatmittel „Stichwaffe“, die sich in Münster von 2015 bis heute ereignet haben?

Die Aufklärungsquoten der Jahre 2019 bis 2022 stelle ich im Folgenden dar:

Jahr Aufklärungsquote
2019 72,97 %
2020 84,62 %
2021 77,17 %
2022 79,63 %

 

  1. Wie viele aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden nach Straftaten ausländischer Täter mit dem Tatmittel „Stichwaffe“, die sich in Münster von 2015 bis 2022 ereigneten, durchgeführt?

Eine Statistik im Sinne der Fragestellung liegt der Landesregierung nicht vor. Eine entspre­chende händische Auswertung des in Frage 5 genannten Personenkreises ist in der zur Be­antwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwal­tungsaufwand nicht möglich.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner