Kleine Anfrage 500
des Abgeordneten Markus Wagner und Hartmut Beucker vom 28.09.2022
Vertuscht die nordrhein-westfälische Landesregierung Haushaltskosten?
„Langsam läuft Frau Scharrenbach Gefahr, ihr Betriebswirtschaftsdiplom von der Fachhochschule aberkannt zu bekommen. Ihre Vorschläge haben nämlich mit den Grundlagen ordentlicher Buchhaltung überhaupt gar nichts mehr zu tun. Was sie vorschlägt, ist nichts anderes als Bilanzfälschung. Was Frau Scharrenbach macht, ist nichts anderes als die Kommunen in eine neue Altschuldenkrise zu stürzen.“
So drastisch äußerte sich kürzlich Justus Moor, kommunalpolitischer Sprecher der Fraktion der SPD in Nordrhein-Westfalen. Hintergrund ist, dass laut eines Berichts der Rheinischen Post Ina Scharrenbach, die Kommunalministerin von NRW, plane, den Kommunen zu gestatten, weiterhin die Corona-Kosten sowie die Kosten durch den Ukraine-Krieg aus ihren Haushalten herauszurechnen.1 Das bedeutet, dass Bilanzen verändert oder sogar gefälscht werden, was wiederum zwangsläufig zur Folge hat, dass Schulden in die Zukunft geschoben werden. Die Landesregierung sieht vor, im kommenden Jahr Zuweisungen in Höhe von rund 15,35 Milliarden Euro den Kommunen zuzuweisen, um unter anderem die „Transformationserfordernisse“ bedienen zu können. Damit werden 1,3 Milliarden Euro mehr zugewiesen, als es noch dieses Jahr der Fall war.2
Ein Sprecher der Kommunalministerin beschwichtigte hingegen, dass „die Rückmeldungen aus der kommunalen Familie zu einer Fortgeltung und Aufweitung der Isolierung weitaus überwiegend positiv bis sehr positiv“ seien. Dem gegenüber steht die Aussage des Präsidenten des Städte- und Gemeindebunds NRW, Soests Bürgermeister Eckhard Ruthemeyer (CDU), der die Maßnahme mit gemischten Gefühlen sehe. Denn „einerseits können sie [die Kommunen] über diesen Mechanismus ihre Handlungsfähigkeit erhalten. Andererseits häufen sie die Schulden an und verlagern ihre Probleme nur in die Zukunft“.3
Und auch der Bund der Steuerzahler übt Kritik:
„Vorausschauendes Handeln bei den öffentlichen Finanzen ist nötig. Es ist aber fraglich, ob Bilanzierungshilfen das geeignete Mittel sind. Eine Schönrechnung des Haushaltes mit Abschreibungen über zwei Generationen ist das Gegenteil von nachhaltig.“4
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Was versteht die Landesregierung unter dem Begriff „Transformationserfordernisse“?
- Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass wissentlich Kosten aus der Gesamtbilanz herausgerechnet werden sollen und somit Schulden zumindest auf dem Papier kleingehalten werden?
Markus Wagner
Dr. Hartmut Beucker
1 Vgl. h t t p s : / / r p – o n l i n e . d e / n r w / l a n d e s p o l i t i k / n r w -p l a nt – bi l a nz t ri ck – fu e r- uk ra in e -k os te n_ ai d- 7 64 70 8 57 .
2 Vgl. h t t p s :/ /w w w . t i c h y s e i n b l i c k . d e / m e i n u n g e n / k o m m u n a l e-haushalte-in-nrw/.
3 Vgl. h t t p s : / / r p – o n l i n e . d e / n r w /l a n d e s p ol i t i k/ n r w -p l a n t- b i l a n z tr i c k- f ue r- u kr ai ne -k o st e n _a i d -7 6 47 0 85 7 .
4 Ebenda.
Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung hat die Kleine Anfrage 500 mit Schreiben vom 12. Oktober 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.
- Was versteht die Landesregierung unter dem Begriff „Transformationserfordernisse“?
Der Terminus „Transformationserfordernisse“ ist von der Landesregierung in dem zugrunde-liegenden Sachzusammenhang nicht verwendet worden.
- Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass wissentlich Kosten aus der Gesamtbilanz herausgerechnet werden sollen und somit Schulden zumindest auf dem Papier kleingehalten werden?
Es wird auf den Gesetzentwurf der Landesregierung „Zweites Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften“ (Drs.-Nr. 18/997) verwiesen, welcher dem Landtag zur weiteren Beratung und Beschlussfassung übersandt wurde. Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten.