Kleine Anfrage 2283
der Abgeordneten Klaus Esser und Zacharias Schalley AfD
Verzögerungen bei Verkehrsinfrastrukturprojekten: Wie häufig werden Sanierungen in Nordrhein-Westfalen durch komplexe Planfeststellungsverfahren und Umweltverträglichkeitsprüfungen verlangsamt?
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Bereits im Mai 2023 hatte der BUND per Eilantrag vor dem Oberverwaltungsgericht Münster erste Vorarbeiten an der Talbrücke Büschergrund gestoppt. Seitdem herrscht dort Stillstand. Ziel war ursprünglich, bis 2028 mit der Ersatzbrücke der A 45 fertig zu sein. Die Fertigstellung wird sich jetzt wohl um fünf Jahre verzögern. Nun muss zunächst eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Vor 2027 kann die Brücke daher nicht gesprengt werden. Der anschließende Neubau wird weitere Jahre in Anspruch nehmen. Die Behörden hatten diese aufwändige Prüfung verhindern wollen und dazu ein beschleunigtes Verfahren beantragt.1 Die Talbrücke Büschergrund führt aber durch ein Naturschutzgebiet. Für eine Sprengung müssen Bäume gefällt und auch ein Bach umgeleitet werden. Damit nicht genug, leben dort im Bach auch „seltene Mikroorganismen“. Umweltschützer befürchten, dass die Wasserqualität des Baches und damit die „seltenen Mikroorganismen“ leiden könnten. Das alles reicht, um Ver-kehrsinfrastrukturprojekte um viele Jahre zu verzögern. Diese Verkehrswege aber sind essentiell für unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand. Grund genug, sich die Verzögerungen durch Umweltverträglichkeitsprüfungen und langwierige Planfeststellungsverfahren, die auch im Einflussbereich von Straßen.NRW auftreten, genauer in Augenschein zu nehmen.
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2283 mit Schreiben vom 12. September 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Antworten zu 1. bis 3. beziehen sich auf sämtliche abgeschlossene und laufende Planfest-stellungs-/genehmigungsverfahren seit dem 01.01.2013, bei denen Straßen.NRW bzw. die DEGES im Auftrag des Landes NRW, wenn auch nur zeitweise bedingt durch den Übergang der Bundesautobahnen auf die Autobahn GmbH des Bundes zum 01.01.2021, Vorhabenträ-ger waren bzw. sind.
- Planfeststellungsverfahren sind Genehmigungsverfahren für größere Infrastruk-turvorhaben, wie den Neu- oder Ausbau von Landes- und Kreisstraßen. Wie viele Planfeststellungsverfahren gab es in den letzten 10 Jahren im Geltungsbereich von Straßen.NRW? (Bitte Zeitpunkt, Ort sowie nähere Umstände benennen)
Es wurden/werden seit dem 01.01.2013 145 Verfahren durchgeführt. 112 Verfahren für Bundesfernstraßen, davon 62 abgeschlossen und 50 laufend. 33 Verfahren für Landesstraßen, davon 21 abgeschlossen und 12 laufend.
2. Wie viele Umweltverträglichkeitsprüfungen wurden in den letzten 10 Jahren im Geltungsbereich von Straßen.NRW durchgeführt? (Bitte Zeitpunkt, Ort und nähere Umstände benennen)
Grundsätzlich wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung formal über das Planfeststellungsverfahren durchgeführt. Insoweit wird für die Zahl der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfungen auf die Frage 1 verwiesen. Für 15 Verfahren wurden allerdings keine eigenen Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt. Hierbei handelt es sich um Planergänzungs- bzw. Änderungsverfahren sowie Vorhaben mit nachweislich geringen Umweltauswirkungen (nach durchgeführter UVP-Vorprüfung).
3. Straßen.NRW setzt im Durchschnitt etwa drei Jahre für die Bewältigung eines Planfeststellungsverfahrens an. In wie vielen Fällen wurde in den letzten 10 Jahren im Anschluss an ein Planfeststellungsverfahren von Straßen.NRW geklagt? (Bitte absolute Zahlen oder Prozentwert angeben)
Es wurden/werden seit dem 01.01.2013 insgesamt 49 Klageverfahren gegen 26 Vorhaben durchgeführt.
4. Sind Planfeststellungsverfahren angesichts der Klagefreude von ökologischen Nichtregierungsorganisationen heute überhaupt noch zeitgemäß, wenn diese Verfahren ohnehin nicht respektiert werden?
Planfeststellungsbeschlüsse können einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden. Dieses Recht dient dem Schutze von Betroffenen und ist daher allein aus rechtsstaatlicher Sicht nicht in Abrede zu stellen.
Im Übrigen ist festzustellen, dass lediglich vier der 49 Klageverfahren (siehe Beantwortung von Frage 3) durch Umweltverbände angestrengt wurden.
- Wie steht die Landesregierung zu den unterhalb der Talbrücke Büschergrund angetroffenen „seltenen Mikroorganismen“, die nun für eine mehrjährige Umweltverträglichkeitsprüfung herhalten müssen bzw. die Erneuerung einer wichtigen Verkehrsverbindung massiv verzögern?
Es ist bereits aus Respekt vor der Unabhängigkeit des Gerichts nicht Aufgabe der Landesregierung, sich zu Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen zu positionieren.
1 https://www1.wdr.de/nachrichten/westfalen-lippe/a-fuenfundvierzig-talbruecke-bueschergrund-100.html