Vorfälle auf Pro-Palästina-Demo in Münster – Was sind die Fakten?

Kleine Anfrage
vom 27.11.2023

Kleine Anfrage 2966

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Vorfälle auf Pro-Palästina-Demo in Münster Was sind die Fakten?

Am 10. November 2023 kam es am Hauptbahnhof Münster zu einer „pro-palästinensischen Mahnwache“1, an der etwa 100 Personen teilnahmen. Während der Veranstaltung, die etwa von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr andauerte, waren Einsatzkräfte der Polizei zur Sicherheitswahrung vor Ort. Durch die Beamten konnten zwei Personen identifiziert und angezeigt werden, die „volksverhetzende Parolen mit strafrechtlicher Relevanz“2 ausgerufen haben sollen. Des Weiteren wurde im Verlauf der Veranstaltung ein Gegenstand auf Polizisten geworfen. Gegen die Angreiferin wird nun strafrechtlich vorgegangen und wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Überdies konnten mehr als zehn Plakate mit arabischen Schriftzeichen sichergestellt werden, die mindestens in Teilen strafrechtlich relevante Inhalte skandiert haben sollen. Insgesamt wurden fünf Platzverweise durch die Polizei ausgesprochen, bis die Veranstaltung um 21:00 Uhr dann beendet wurde.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Bei wie vielen der in diesem Jahr stattgefundenen Pro-Palästina-Demos kam es zu Angriffen auf Polizeibeamte? (Bitte nach Ort, Delikt, Art der Verletzung sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  3. Bei wie vielen dieser Demonstrationen kam es zu Parolen, die volksverhetzende Inhalte bzw. Inhalte mit strafrechtlicher Relevanz vermittelten? (Bitte nach Ort, Anzahl gestellter Strafanzeigen sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  4. Wie viele Platzverweise wurden auf diesen Demonstrationen insgesamt ausgesprochen? (Bitte nach Ort, Grund des Platzverweises sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  5. Wie viele der in diesem Jahr stattgefundenen Pro-Palästina-Demos liefen ohne Zwischenfälle und Komplikationen ab?

Markus Wagner

 

MMD18-7007

 

1 https://muenster.polizei.nrw/presse/mahnwache-fuer-gaza-am-10-november.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2966 mit Schreiben vom 4. Januar 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die nachfolgende Antwort basiert auf dem bundeseinheitlich geregelten Kriminalpolizeilichen Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK). Politisch motivierte Straf­taten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2023 ist noch nicht abge­schlossen. Die in dieser Antwort angegebenen Fallzahlen mit Stand vom 04.12.2023 sind in­sofern als vorläufig zu betrachten.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächti­gen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Zu dem beschriebenen Vorfall wurden insgesamt vier Strafanzeigen polizeilich erfasst, darun­ter eine wegen des Verdachts einer gefährlichen Körperverletzung und drei wegen des Ver­dachts von Volksverhetzungen. Die erbetenen Informationen sind Gegenstand der jeweils ein­geleiteten Ermittlungsverfahren und stehen unter Vorbehalt der sachleitenden Staatsanwalt­schaft. Auskünfte können insofern erst nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen und Ab­gabe der Ermittlungsverfahren an die zuständige Staatsanwaltschaft erteilt werden.

  1. Bei wie vielen der in diesem Jahr stattgefundenen Pro-Palästina-Demos kam es zu Angriffen auf Polizeibeamte? (Bitte nach Ort, Delikt, Art der Verletzung sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Bei insgesamt zwei in diesem Jahr stattgefundenen pro-palästinensischen Versammlungen kam es zu Angriffen auf Einsatzkräfte der Polizei. Dabei wurden eine gefährliche Körperver­letzung und zwei Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte polizeilich erfasst. Die betreffen­den Versammlungen in Köln und Duisburg fanden jeweils nach dem 07.10.2023 und damit nach Beginn der Terroranschläge gegen den Staat Israel statt.

  1. Bei wie vielen dieser Demonstrationen kam es zu Parolen, die volksverhetzende Inhalte bzw. Inhalte mit strafrechtlicher Relevanz vermittelten? (Bitte nach Ort, An­zahl gestellter Strafanzeigen sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörig­keit extra ausweisen.)

Aus den Richtlinien des KPMD-PMK ergibt sich keine Definition für „Parolen“ im Sinne der Fragestellung. Zur Beantwortung der Frage wurden gleichwohl alle politisch motivierten Straf­taten, die im Zusammenhang mit pro-palästinensischen Versammlungen bekannt wurden, ausgewertet.

Im Betrachtungszeitraum wurden insgesamt 91 politisch motivierte Straftaten im Zusammen­hang mit pro-palästinensischen Versammlungen polizeilich erfasst. Insgesamt wurden dabei Ermittlungsverfahren zu 44 Straftaten wegen Volksverhetzung gemäß § 130 Strafgesetzbuch (StGB) eingeleitet. Weitere Informationen bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen. Alle in diesem Zusammenhang bekannt gewordenen Straftaten wurden nach Beginn der Terroranschläge gegen den Staat Israel begangen.

  1. Wie viele Platzverweise wurden auf diesen Demonstrationen insgesamt ausge­sprochen? (Bitte nach Ort, Grund des Platzverweises sowie nach Tätermerkma­len wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Ein Platzverweis im Sinne des Polizeigesetzes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) kann u.a. erst dann erteilt werden, wenn eine Person zuvor von einer Versammlung ausgeschlossen wurde und damit nicht mehr unter den Schutzbereich des Versammlungsgesetzes fällt. Die seitens der zuständigen Behörden ausgesprochenen Versammlungsausschlüsse wurden ge­mäß § 14 Abs. 3 Versammlungsgesetz Nordrhein-Westfalen (VersG NRW) erteilt. Eine zent­rale Erfassung von Versammlungsausschlüssen und anschließend gegebenenfalls stattgefun­denen Platzverweisen erfolgt nicht. Die hierfür notwendige umfangreiche Sonderauswer­tung ist mit einem vertretbaren Aufwand und binnen der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage vorgegebenen Frist nicht möglich.

  1. Wie viele der in diesem Jahr stattgefundenen Pro-Palästina-Demos liefen ohne Zwischenfälle und Komplikationen ab?

Seit dem 07.10.2023 wurden insgesamt 168 pro-palästinensische Versammlungen erfasst (Stand: 21.12.2023). Der überwiegende Teil der Versammlungen verlief aus polizeilicher Sicht weitestgehend störungsfrei und friedlich. Gleichwohl gab es vereinzelt Versammlungen, die mit einer erhöhten Anzahl an Straftaten und/oder einem gesteigerten medialen Interesse ein­hergingen und als besonders herausragend zu bezeichnen sind.

In diesem Kontext sind insbesondere die Versammlungen am 03.11.2023 in Essen, am 04.11.2023 in Düsseldorf und am 10.11.2023 in Münster zu nennen, die mit einer Vielzahl an Strafanzeigen, unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung sowie des Verwen-dens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen einhergingen. Darüber hinaus sind die Versammlungen in Dortmund vom 28.10.2023 und 08.12.2023 her­vorzuheben, die durch die islamistische und verfassungsfeindliche „Furkan Gemeinschaft Dortmund“ angezeigt wurden und mit einem hohen polizeilichen Kräfteeinsatz verbunden wa­ren.

 

MMD18-7600

Beteiligte:
Markus Wagner