Wahlkampfhilfe aus der Staatskanzlei – Wurde Steuergeld wissentlich verschwendet?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 415
des Abgeordneten Andreas Keith vom 07.09.2022

 

Wahlkampfhilfe aus der Staatskanzlei Wurde Steuergeld wissentlich verschwendet?

Aus der Antwort der Landesregierung vom 19.08.2022 (Drucksache 18/575) auf die Kleine Anfrage Nr. 85 des Abgeordneten Ralf Witzel geht hervor, dass für professionelle Fotografen und Kamerateams zur Begleitung des Ministerpräsidenten in der vergangenen Legislatur mehr als 300.000 Euro und allein während der akuten Wahlkampfphase im Frühling 2022 exakt 69.767 Euro ausgegeben wurden. Damit lagen die Ausgaben für Fotos und weitere Aufnahmen im Wahlkampf von Januar bis Mai über den Ausgaben für den ehemaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet in einem ganzen Jahr, wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung vorrechnet.1

Dieser Umstand legt den Verdacht nahe, dass auf Kosten der Staatskanzlei unzulässigerweise Wahlkampf betrieben wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 1977 Überlegungen zu diesem Themenkomplex angestellt. So definiert das Gericht die Zeit des Vorwahlkampfs als Zeitraum von fünf Monaten bis zum Wahltermin. In dieser Zeit sei Zurückhaltung in der regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit geboten.2 Die Einhaltung dieser gebotenen Zurückhaltung durch die Landesregierung steht jedoch in Zweifel, bedenkt man die oben vorgetragenen Abläufe. Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob neben der Staatskanzlei weitere Ministerien im Vorwahlkampf auf unzulässige Weise Öffentlichkeitsarbeit betrieben haben.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Unter den Fotografen, die für die Landesregierung tätig sind, taucht ein Name mehrfach auf, der seit Jahren auch für die CDU tätig ist. Dieser Fotograf erstellte auch die Aufnahmen für die private Internetseite von Hendrik Wüst. 3 Inwiefern besteht ein Interessenskonflikt durch den Einsatz dieses Fotografen für die Landesregierung und für Herrn Wüsts Internetauftritt?
  2. Welche Summen wurden in den Ministerien für vergleichbare externe Foto- und Videodienstleistungen im Zeitraum 1. Januar bis 15. Mai 2022 aufgewendet? (Bitte aufschlüsseln nach Ministerium und Auftrag)
  3. Am 14.12.2021 wurden Aufnahmen für 663,93 Euro in Lüdenscheid erstellt. Wie einem lokalen Medium zu entnehmen ist, handelte es sich um einen Besuch einer maroden Autobahnbrücke. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, besuchte der Ministerpräsident Wüst die Brücke jedoch gar nicht, sondern hatte lediglich ein internes Treffen im Kreishaus der Stadt. Dieses habe 2 Stunden angedauert. Inwieweit hält die Landesregierung eine solch hohe Summe für einen so kurzen Termin4 für gerechtfertigt?
  4. Am 11.04.2022 besuchte der Ministerpräsident Wüst die Junior-Universität in Wuppertal. Laut Aufstellung gab es zwei Abrechnungen für diesen Tag, die sich auf 1.046,25 € und 4.226,88 € belaufen. Wie rechtfertigt die Landesregierung die Gesamtsumme von mehr als 5.000 € für einen eintägigen Termin?
  5. Laut Aufstellung der Landesregierung wurden am 09.05.2022 1.630,54 Euro für Aufnahmen des Ministerpräsidenten in Köln/Raesfeld ausgegeben. Der Medienberichterstattung zufolge befand sich Hendrik Wüst an diesem Tag bereits am Mittag bei einem Treffen der CDU-Spitze in Berlin.5 Raesfeld wiederum ist im Münsterland gelegen und weit von Köln entfernt. Welche Termine nahm Hendrik Wüst an diesem Tag wahr? (Bitte aufschlüsseln nach Ort und Uhrzeit)

Andreas Keith

 

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1 https://www.waz.de/politik/landespolitik/kamera-begleitung-fuer-wuest-fdp-hinterfragt-regierungs-pr-id236236041.html.

2 BVerfGE 44, 125ff.

3 www.hendrik-wuest.de; https://www.land.nrw/node/18897 als Beispiel für besagten Fotografen als Urheber eines Fotos für die Landesregierung.

4 https://www.come-on.de/luedenscheid/teure-fotos-vom-ministerpraesident-wuest-in-luedenscheid-unter-verschluss-91747610.html.

5 https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-erdrutschsieg-fuer-die-cdu-in-schleswig-holstein-wuest-und-guenther-hoffen-auf-synergieeffekte-fuer-die-wahl-in-nrw/28317292.html; https://www.express.de/nrw/nrw-landtagswahl-2022-cdu-spitzenkandidat-hendrik-wuest-96548; https://www.merkur.de/politik/wahl-schleswig-holstein-live-guenther-losse-mueller-cdu-spd-ssw-jamaika-ergebnis-afd-news-fdp-gruene-zr-91530940.html.


Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 415 mit Schreiben vom 25. Oktober 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten und allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

  1. Unter den Fotografen, die für die Landesregierung tätig sind, taucht ein Name mehrfach auf, der seit Jahren auch für die CDU tätig ist. Dieser Fotograf erstellte auch die Aufnahmen für die private Internetseite von Hendrik Wüst. Inwiefern be­steht ein Interessenskonflikt durch den Einsatz dieses Fotografen für die Landes­regierung und für Herrn Wüsts Internetauftritt?

Für die Auswahl von Dienstleistern wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 85 des Abge­ordneten Ralf Witzel von der Fraktion der FDP „Auftragsvergaben und Kosten für Bilddoku­mentation und Social Media im Kontext von Terminbegleitungen des Ministerpräsidenten – Was finanzierte das Landespresse- und Informationsamt der Landesregierung?“ (LT-Drs. 18/575) verwiesen. Die Landesregierung kann darüber hinaus keine Angaben zu anderen Auf­tragnehmern der in Anspruch genommenen Dienstleister machen.

  1. Welche Summen wurden in den Ministerien für vergleichbare externe Foto- und Videodienstleistungen im Zeitraum 1. Januar bis 15. Mai 2022 aufgewendet? (Bitte aufschlüsseln nach Ministerium und Auftrag)

Im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 15. Mai 2022 wurden den weiteren Landesministerien insgesamt 46.127,86 EUR in Rechnung gestellt.

  1. Am 14.12.2021 wurden Aufnahmen für 663,93 Euro in Lüdenscheid erstellt. Wie einem lokalen Medium zu entnehmen ist, handelte es sich um einen Besuch einer maroden Autobahnbrücke. Wie dem Bericht zu entnehmen ist, besuchte Herr Mi­nisterpräsident Wüst die Brücke jedoch gar nicht, sondern hatte lediglich ein in­ternes Treffen im Kreishaus der Stadt. Dieses habe 2 Stunden angedauert. Inwie­weit hält die Landesregierung eine solch hohe Summe für einen so kurzen Termin für gerechtfertigt?

Für die Beauftragung von Dienstleistern wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 85 (LT-Drs. 18/575) verwiesen. Die Erstellung von Rechnungen erfolgt auf Grundlage vertraglicher Regelungen zwischen der Landesregierung und dem Dienstleister.

  1. Am 11.04.2022 besuchte der Ministerpräsident Wüst die Junior-Universität in Wup­pertal. Laut Aufstellung gab es zwei Abrechnungen für diesen Tag, die sich auf 1.046,25 € und 4.226,88 € belaufen. Wie rechtfertigt die Landesregierung die Ge­samtsumme von mehr als 5.000 € für einen eintägigen Termin?

Für die berechneten Fotodienstleistungen wird auf den Hinweis zu gebündelten Rechnungen in der Antwort auf die Kleine Anfrage 85 (LT-Drs. 18/575) verwiesen. Die Kosten i.H.v. 1.046,25 EUR beziehen sich demnach nicht nur auf einen Termin in Wuppertal, sondern ebenso auf einen Termin in Willich, die zusammen abgerechnet wurden. Die Rechnung i.H.v. 4.226,88 EUR bezieht sich auf eine ganztätige videographische Begleitung der Veranstaltung inklusive ihrer videographischen Logistik und geht somit über die Terminbegleitung des Minis­terpräsidenten im Rahmen seiner Teilnahme an der o.g. Veranstaltung deutlich hinaus.

  1. Laut Aufstellung der Landesregierung wurden am 09.05.2022 1.630,54 Euro für Aufnahmen des Ministerpräsidenten in Köln/Raesfeld ausgegeben. Der Medienbe­richterstattung zufolge befand sich Hendrik Wüst an diesem Tag bereits am Mittag bei einem Treffen der CDU-Spitze in Berlin. Raesfeld wiederum ist im Münsterland gelegen und weit von Köln entfernt. Welche Termine nahm Hendrik Wüst an die­sem Tag wahr? (Bitte aufschlüsseln nach Ort und Uhrzeit)

Die in der Antwort auf die Kleine Anfrage 85 (LT-Drs. 18/575) angegebenen Terminbegleitun­gen in Köln und Raesfeld erfolgten am 26.04.2022 und wurden der Landesregierung mit Da­tum vom 09.05.2022 in Rechnung gestellt. Hierzu muss angemerkt werden, dass bei der ta­bellarischen Erfassung für die Antwort auf die Kleine Anfrage 85 in diesem Fall versehentlich statt des Ereignisdatums das Rechnungsdatum ausgewiesen wurde. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 85 (LT-Drs. 18/575) verwiesen.

 

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Beteiligte:
Andreas Keith