Was bringen die Extremismusbeauftragten der Polizei?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 866
des Abgeordneten Markus Wagner vom 05.12.2022

Was bringen die Extremismusbeauftragten der Polizei?

In Nordrhein-Westfalen üben ca. 57.800 Beschäftigte ihren Dienst für unsere Sicherheit bei der Polizei aus.1 Ein verschwindend geringer Teil ist durch Äußerungen in WhatsApp-Gruppen aufgefallen, die nicht zu ihrem Amtseid passen. Diese wenigen einzelnen müssen natürlich überprüft und wo nötig zur Rechenschaft gezogen werden.

Am 5. März 2020 kündigte der Minister des Innern, Herbert Reul an, dass alle Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen einen sogenannten Extremismusbeauftragten erhalten sollen.2 Hintergrund war vor allem die Diskussion um mutmaßlich rechtsextremistische Inhalte in Chatgruppen einzelner Polizeieinheiten. Ob auch linke Extremisten und Islamisten gezielt aufgespürt werden sollen, ließ sich nicht vernehmen. Regelfragen beim Verfassungsschutz bei jungen Polizeikommissariatsanwärtern machte deutlich, dass es beispielsweise 2018 keinen Extremisten gab. In den Jahren 2019 und 2020 waren es zwei. Dabei handelte es sich allerdings um Salafisten respektive islamische Extremisten. Darüber hinaus darf man nicht verschweigen, dass die bei der Polizei etablierten Extremismusbeauftragten als Misstrauensbeweis gegen die Polizei betrachtet werden.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Kosten – auch für Fortbildungsmaßnahmen – fallen für die Extremismusbeauftragten in allen Polizeibehörden an?
  2. Wer sind die Träger und Referenten für diese Fortbildungsmaßnahmen? (Bitte alle Fortbildungsmaßnahmen nach Träger, Titel und Inhalt der Maßnahme aufschlüsseln.)
  3. Welche Kosten fallen für den Extremismusbeauftragten an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen an?
  4. Wenn für diese Tätigkeit die Regellehrverpflichtung des Extremismusbeauftragten um 150 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) ermäßigt wird, wie viel Prozent seiner Regellehrverpflichtung entspricht das? (Bitte nach der jeweiligen Gehaltsgruppe aufschlüsseln)
  5. Was haben die Extremismusbeauftragten an neuen Fällen von Extremismus mit straf-und/oder dienstrechtlicher Relevanz in der Polizei seit ihrer Installierung aufgedeckt? (Bitte die Fälle einzeln auflisten und etwaige Verurteilungen oder Disziplinarstrafen benennen.)

Markus Wagner

 

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1 Vgl. htt ps:// p o l i z e i . n r w / a r t i k e l / o r g a n i s a t i o n – d e r – p o l i z e i – n r w.

2 Vgl. Ausschussprotokoll 17/1042, S. 103.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 866 mit Schreiben vom 3. Januar 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

  1. Welche Kosten auch für Fortbildungsmaßnahmen fallen für die Extremismus-beauftragten in allen Polizeibehörden an?

Die Extremismusbeauftragten führen ihre Funktion im Nebenamt aus, daher fallen keine se­parat ausweisbaren Personalkosten an. Die Kosten für Referentinnen und Referenten für die dreitägige Fortbildungsmaßnahme „Extremismusbeauftragte – Einführungsfortbildung“ belau­fen sich auf ca. 600 – 900 Euro pro Veranstaltung. Aufgrund des Umstandes, dass je nach Verfügbarkeit verschiedene Referentinnen und Referenten am jeweiligen Veranstaltungster­min eingesetzt werden, differieren die Kosten für die einzelnen Veranstaltungen. Die Kosten für Referentinnen und Referenten für die zweitägige Fortbildungsmaßnahme „Extremismusbeauftragte Anpassungsfortbildung“ belaufen sich auf ca. 400 – 600 Euro pro Veranstaltung. Auch hier werden verschiedene Referentinnen und Referenten eingesetzt.

  1. Wer sind die Träger und Referenten für diese Fortbildungsmaßnahmen? (Bitte alle Fortbildungsmaßnahmen nach Träger, Titel und Inhalt der Maßnahme aufschlüs­seln.)

Die Fortbildungsmaßnahmen „Extremismusbeauftragte- Einführungsfortbildung“ und „Extre-mismusbeauftragte- Anpassungsfortbildung“ bietet das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP NRW) im Rahmen des Jahrespro­gramms der Zentralen Fortbildung an.

Als Referentinnen und Referenten der Einführungsfortbildung werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes NRW eingeladen, die zu den Themengebieten des Ext­remismus (Rechtsextremismus, Linksextremismus, religiöser Extremismus, auslandsbezoge­ner Extremismus, Verschwörungsmythen) vortragen. Aber auch Polizeibeschäftigte aus den Bereichen des polizeilichen Staatsschutzes und/oder der Rechtsfortbildung (z. B. Disziplinar­recht) werden hier als Referentinnen und Referenten eingeladen. Im Rahmen der Anpas­sungsfortbildung kommen insbesondere Referentinnen und Referenten aus den Reihen der Extremismusbeauftragten in Betracht. Darüber hinaus werden aber auch zu speziellen The­mengebieten externe Referentinnen und Referenten, z. B. aus dem Hochschulbereich, einge­laden.

Ziel der Einführungsfortbildung ist es, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Aufgaben des Extremismusbeauftragten näher zu bringen. Sie lernen die unterschiedlichen extremisti­schen Phänomenbereiche und die dahinterliegenden Ideologien kennen. Sie werden in die Lage versetzt, mögliche Verhaltensweisen und etwaige Verdachtsfälle angemessen und lage­angepasst zu bewerten. Sie setzen sich mit den Grundlagen der Extremismusprävention aus­einander und sind in der Lage, die Fortbildungsstellen in Bezug auf interne Maßnahmen zur Förderung der demokratischen Resilienz zu unterstützen.

Die jährlich durchgeführte Anpassungsfortbildung ergänzt das Wissen aus der Einführungs­fortbildung um aktuelle Themen und/oder neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Es werden sowohl Good-Practice-Beispiele als auch grundlegende Fragen im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung thematisiert.

  1. Welche Kosten fallen für den Extremismusbeauftragten an der Hochschule für Po­lizei und öffentliche Verwaltung in Nordrhein-Westfalen an?

Durch den Extremismusbeauftragten der HSPV NRW fallen über die Reduktion der Lehrver­pflichtung in Höhe von 150 Lehrverpflichtungsstunden (LVS) hinaus keine weiteren Kosten an.

  1. Wenn für diese Tätigkeit die Regellehrverpflichtung des Extremismusbeauftragten um 150 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) ermäßigt wird, wie viel Prozent seiner Regellehrverpflichtung entspricht das? (Bitte nach der jeweiligen Gehaltsgruppe aufschlüsseln)

Die Regellehrverpflichtung einer/eines hauptamtlichen Lehrenden an der HSPV NRW beträgt 703 LVS. Ab dem 55. Lebensjahr reduziert sich die Lehrverpflichtung auf 684 LVS. Demnach liegt der prozentuale Anteil bei 21,34 bzw. 21,93 vom Hundert. Die Lehrverpflichtung ist nicht nach Gehaltsgruppen gestaffelt.

  1. Was haben die Extremismusbeauftragten an neuen Fällen von Extremismus mit straf- und/oder dienstrechtlicher Relevanz in der Polizei seit ihrer Installierung auf­gedeckt? (Bitte die Fälle einzeln auflisten und etwaige Verurteilungen oder Diszip­linarstrafen benennen.)

Mit Erlass vom 16.06.2020 wurden die Polizeibehörden gebeten, dem LAFP NRW anonymi-siert über die bei den Extremismusbeauftragten eingegangenen Hinweise mit mutmaßlich ext­remistischem Bezug zu Personen oder Sachverhalten in Form einer statistischen Erfassung zu berichten. Das LAFP NRW seinerseits wurde gebeten, dem Ministerium des Innern darüber jeweils zum 01.04. eines Jahres zu berichten. Für das Jahr 2022 werden die entsprechenden Erkenntnisse daher erst am 01.04.2023 vorliegen.

Für das Jahr 2020 meldeten 21 Polizeibehörden entsprechende Hinweise und 29 Polizeibe­hörden Fehlanzeige. Für das Jahr 2021 meldeten 16 Polizeibehörden entsprechende Hin­weise und 34 Polizeibehörden Fehlanzeige. Eine statistische Erfassung zum Ergebnis der strafrechtlichen und/oder arbeits-/disziplinar-/beamtenrechtlichen Prüfung erfolgt nicht.

Im Übrigen wurden die Extremismusbeauftragten als unmittelbare Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner außerhalb des Dienstweges für die Entgegennahme von Hinweisen bestellt. Da den Beauftragten weitergehende Aufgaben, wie z. B. Ermittlungstätigkeiten oder Einzel­fallbearbeitungen, nicht obliegen, können diese keine neuen Fälle aufdecken.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner