Was sind eigentliche „Wutbürger“?

Kleine Anfrage
vom 25.02.2021

Kleine Anfrage 5041des Abgeordneten Markus Wagner vom 25.02.2021

 

Was sind eigentliche „Wutbürger“?

Die Landesregierung verwendet in ihrer Antwort auf die Große Anfrage 29 der Fraktion der AfD, Drs. 17/12264, auf die Frage 28, aber auch in ihren Verfassungsschutz-Jahresberichten Begriffe wie „Wutbürger“, „Bürgerwehr“, „rechtsorientiert“, „Ethnopluralismus“ oder „ethnisch homogener Volksbegriff“.1

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie definiert der Verfassungsschutz den Begriff „Wutbürger“?
  2. Wie definiert der Verfassungsschutz den Begriff „Bürgerwehr“?
  3. Was bedeutet „rechtsorientiert“ in Abgrenzung zu „rechtsextrem“?
  4. Was bedeutet nach Auffassung des Verfassungsschutzes „Ethnopluralismus“?
  5. Wie definiert der Verfassungsschutz „ethnisch homogener Volksbegriff“?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (2020): Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2019, Düsseldorf, S. 70, 90,


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5041 mit Schreiben vom 29. März 2021 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Wie definiert der Verfassungsschutz den Begriff „Wutbürger“?

In der Antwort auf Frage 28 der Großen Anfrage 29 (Drs. 17/12264) spricht die Landesregierung lediglich von „mutmaßlichen Wutbürgern“.

Der Verfassungsschutz verwendet den Terminus „Wutbürger“ so, wie er im medialen Diskurs benutzt wird. Im Jahr 2010 fand das Wort durch einen Artikel im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ größere Verbreitung und wurde im gleichen Jahr von der „Gesellschaft für deutsche Sprache e.V.“ zum Wort des Jahres gewählt. Mit dem Begriff wird das Phänomen beschrieben, dass Angehörige des bürgerlichen Milieus sich öffentlich über gesellschaftliche und politische Entwicklungen empören, dagegen protestieren und dabei bürgerliche Anstandsformen offenkundig missachten.

2. Wie definiert der Verfassungsschutz den Begriff „Bürgerwehr“?

Weder in der Antwort auf Frage 28 der Großen Anfrage 29 (Drs. 17/12264) noch in der Antwort zur Großen Anfrage 22 (Drs. 17/11081) verwendet die Landesregierung den Begriff „Bürgerwehr“. In der Antwort zur Großen Anfrage 22 spricht sie lediglich von „bürgerwehrähnlichen Gruppierungen“.

Der Verfassungsschutz verwendet den Terminus „Bürgerwehr“ so, wie er laut Duden im allgemeinen Sprachgebrauch benutzt wird. Danach sind Bürgerwehren von Bürgern gebildete bewaffnete Einheiten. Historisch dienten sie in vergangenen Jahrhunderten dem Schutz der Bürger. Da das Gewaltmonopol heutzutage beim Staat liegt, sind Bürgerwehren in der Regel unzulässig.

3. Was bedeutet „rechtsorientiert“ in Abgrenzung zu „rechtsextrem“?

Weder in der Antwort auf Frage 28 der Großen Anfrage 29 (Drs. 17/12264) noch in der Antwort zur Großen Anfrage 22 (Drs. 17/11081) verwendet die Landesregierung den Begriff „rechtsorientiert“.

Der Terminus „rechte Orientierung“ lehnt sich an Forscher wie den Bielefelder Erziehungswissenschaftler Wilhelm Heitmeyer an. In diesem Kontext geht es um Zielgruppen, die sich in Annäherungsprozessen an den Rechtsextremismus befinden und bei denen nicht zwingend von einem geschlossen rechtsextremistischen Weltbild oder einer festen organisatorischen Einbindung auszugehen ist.

Im Rahmen der sekundären Rechtsextremismusprävention findet der Terminus „rechte Orientierung“ Verwendung als Leitbegriff des Projekts „VIR“ (VeränderungsImpulse setzen bei Rechtsorientierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen“), das der Verfassungsschutz gemeinsam mit Kooperationspartnern umsetzt.

4. Was bedeutet nach Auffassung des Verfassungsschutzes „Ethnopluralismus“?

Der Verfassungsschutz verwendet den Terminus Ethnopluralismus so, wie er im sozialwissenschaftlichen Diskurs üblicherweise verstanden wird. Dort beschreibt er ein ideologisches Konzept der rechtsextremistischen Strömung der Neuen Rechten, das inzwischen auch im Neonazismus sowie bei gewaltorientierten Rechtsextremisten anzutreffen ist. Die Anhänger des Konzepts behaupten, dass Völker oder Gruppen von Völkern unveränderliche Eigenschaften besäßen. Um diese zu bewahren, müssten sie nach innen ethnisch und kulturell homogen und nach außen abgeschlossen zu anderen Völkern sein. Rechtsextremisten rechtfertigen damit die Scheidung ethnischer Gruppen und die Erzwingung von Homogenität. Sie nehmen das Individuum ausschließlich als Teil des Kollektivs wahr und sprechen nur diesem, nicht aber dem Individuum, Rechte zu. Insofern steht das Konzept des Ethnopluralismus der Idee der universellen Menschenrechte und der Unantastbarkeit der Menschenwürde jedes Individuums gegenüber.

5. Wie definiert der Verfassungsschutz „ethnisch homogener Volksbegriff“?

Der Verfassungsschutz verwendet den Begriff so, wie er im sozialwissenschaftlichen Diskurs üblicherweise verwendet wird. Dort ist mit dem „ethnisch homogenen Volksbegriff“ die Vorstellung eines Volkes gemeint, in dem es keine Vielfalt an ethnischen Identitäten gibt.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner