Was sollen Tempo 30 und die Reform der Straßenverkehrsordnung bewirken?

Kleine Anfrage
vom 29.06.2023

Kleine Anfrage 2034

des Abgeordneten Klaus Esser AfD

Was sollen Tempo 30 und die Reform der Straßenverkehrsordnung bewirken?

In Deutschland gibt es etwas mehr als 2000 Städte, darunter mehr als 1300 Kleinstädte mit bis zu 20.000 Einwohnern.1 In einer Pressemitteilung vom 21.06.2023 konstatiert der NRW-Verkehrsminister: „Der absolute Vorrang des Autoverkehrs steht der notwendigen Verkehrswende in den Städten bisher immer noch entgegen. Ein Bündnis von über 700 Städten fordert mehr Handlungsfreiheit für die Kommunen, um Verkehrsprobleme vor Ort flexibel lösen zu können. Dem steht die Straßenverkehrsordnung heute oft entgegen.“

In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass sich nur ein Drittel der deutschen Städte den Ansichten des NRW-Verkehrsministers anschließen und ebenfalls einer „Verkehrswende“ entgegenfiebern. In der Verlautbarung ist kein Wort über die notwendige Versorgung der Städte durch den Autoverkehr, insbesondere durch den essentiellen Liefer- und Lkw-Verkehr, zu finden. Von einem Vorrang des Autoverkehrs ist angesichts der Schaffung immer neuer Nadelöhre bzw. Verengungen des Verkehrsflusses kaum zu sprechen. Radwege werden über nahezu jede Straße unserer NRW-Großstädte gezogen – ganz gleich, ob die Parallelstraße schon über eine erweiterte Radspur verfügt.2 Auch durch Fußgängerzonen werden ohne Rücksicht auf Verluste Radwege gelegt, die dort ein hohes Unfallrisiko schaffen und zu neuen Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern führen.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Städte in NRW haben sich dem Bündnis der über 700 Städte angeschlossen, das mehr Handlungsfreiheit für die Kommunen und Änderungen in der Straßenverkehrsordnung fordert?
  2. Welches Parteibuch haben die Bürgermeister der NRW-Städte, die dem Bündnis für mehr Handlungsfreiheit der Kommunen und Änderungen in der Straßenverkehrsordnung angehören?
  3. Sieht die Landesregierung in unseren Städten tatsächlich einen „absoluten Vorrang des Autoverkehrs“?
  4. Wie soll ein über Jahrzehnte gewachsenes Verkehrsnutzungsverhalten urbaner Milieus, das dem Auto große Vorteile im Bereich der individuellen Mobilität zumisst, im Rahmen einer „Verkehrswende“ fundamental gewandelt werden, wenn der Landesregierung und den Kommunen noch nicht einmal konkrete Zahlen zur Zahl der Radfahrer im Vergleich zu Nutzern von ÖPNV, Pkw sowie Fußgängern vorliegen?
  5. Was versteht die Landesregierung unter einem „absoluten Vorrang des Autoverkehrs“?

Klaus Esser

 

Anfrage als PDF

 

1 https:// www .destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/Administrativ/05-staedte.html

2 https:// www .duesseldorf.de/radschlag/fahrradnetzplan

3 https:// www1 .wdr.de/nachrichten/rheinland/fdp-will-tempolimit-auf-duesseldorfer-radweg-100.html


Der Minister Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2034 mit Schreiben vom 11. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.

  1. Welche Städte in NRW haben sich dem Bündnis der über 700 Städte angeschlos­sen, das mehr Handlungsfreiheit für die Kommunen und Änderungen in der Stra­ßenverkehrsordnung fordert?
  2. Welches Parteibuch haben die Bürgermeister der NRW-Städte, die dem Bündnis für mehr Handlungsfreiheit der Kommunen und Änderungen in der Straßenver­kehrsordnung angehören?

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Eine Liste aller Städte und Gemeinden aus Nordrhein-Westfalen, die sich dem Bündnis ange­schlossen haben, ist im Internet abrufbar unter https://www.lebenswerte-staedte.de/de/sta-edte-und-gemeinden-der-initiative.html. Die Landesregierung führt keine Listen über die Parteizugehörigkeit kommunaler Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten in Nordrhein-Westfalen, de­ren Kommunen sich verkehrspolitischen Initiativen anschließen.

  1. Sieht die Landesregierung in unseren Städten tatsächlich einen „absoluten Vor­rang des Autoverkehrs“?
  2. Wie soll ein über Jahrzehnte gewachsenes Verkehrsnutzungsverhalten urbaner Milieus, das dem Auto große Vorteile im Bereich der individuellen Mobilität zu­misst, im Rahmen einer „Verkehrswende“ fundamental gewandelt werden, wenn der Landesregierung und den Kommunen noch nicht einmal konkrete Zahlen zur Zahl der Radfahrer im Vergleich zu Nutzern von ÖPNV, Pkw sowie Fußgängern vorliegen?
  3. Was versteht die Landesregierung unter einem „absoluten Vorrang des Autover­kehrs“?

Die Fragen 3, 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dient maßgeblich der Abwehr von Gefahren für die Si­cherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen, ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Unfallverhütung. Dabei ist die „Vision Zero“ mit null Toten und Schwerver­letzten im Straßenverkehr für die Landesregierung Anspruch und handlungsleitend.

Das vom Land unterstützte kommunale Mobilitätsmanagement soll deshalb dazu dienen, die verkehrliche Situation sowie die Aufenthalts- und Lebensqualität in den Städten und Gemein­den unter Berücksichtigung der Belange der unterschiedlichen Verkehrsträger zu verbessern. Darüber hinaus wird sich die Landesregierung im Rahmen der Novellierung der Straßenver­kehrsordnung dafür einsetzen, dass Kommunen mehr Handlungsfreiheit zur Steigerung der Verkehrssicherheit und der Aufenthaltsqualität erhalten.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Klaus Esser