Kleine Anfrage 2943des Abgeordneten Helmut Seifen vom 05.09.2019
Welche Bedeutung haben Stiftungsprofessuren an den beiden Exzellenzuniversitäten in NRW in Aachen und Bonn?
Die Zahl der Stiftungsprofessuren ist seit einigen Jahren deutlich ansteigend. Die meisten Stiftungsprofessuren werden von Unternehmen aus der Privatwirtschaft begründet. Sie finanzierten alleine 41 Prozent der Professuren. So das Ergebnis einer Erhebung, die 2009 vom Stifterverband für die deutsche Wirtschat vorgelegt wurde.1
Etwas mehr als die Hälfte aller Stiftungslehrstühle wurde von den Förderern für fünf Jahr finanziert. Nach Ablauf der privaten Förderung wurden anschließend 65 Prozent der Stiftungsprofessuren im laufenden Etat der Hochschulen fortgeführt.2
Auf diesem Wege können Stiftungsprofessuren einen bedeutenden Anteil am Profil und am Status einer Universität nehmen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Wie viele Stiftungsprofessuren wurden seit 2009 an der RWTH Aachen und der Rheinischen Friedrichs-Wilhelm-Universität in Bonn begründet? (Bitte benennen Sie die begründeten Professuren, die Stifter und den Fachbereich der Universität)
2. Wie viele dieser Professuren wurden nach Ablauf der privaten Förderung von den Universitäten in Aachen und Bonn fortgesetzt? (Bitte benennen Sie die fortgesetzten Professuren und ihre Fachrichtung)
3. Welche gesetzlichen Regelungen gibt Nordrhein-Westfalen bei der Einrichtung von Stiftungsprofessuren vor?
4. Wie hoch waren seit 2014 die eingeworbenen Drittmittel der Stiftungsprofessuren an den Universitäten in Aachen und Bonn anteilsmäßig an der Summe aller dort eingeworbenen Drittmittel?
5. Welche gesetzlichen Regelungen gibt das Land bei der Annahme von Drittmitteln vor, um mögliche Interessenskonflikte zwischen Drittmittelgebern und der wissenschaftlichen Forschungsfreiheit von vornherein auszuschließen?
Helmut Seifen
1 Stiftungsprofessuren in Deutschland. Zahlen, Erfahrungen, Perspektiven. hrsg. v. Andrea Frank (et allii), Essen 2009, S. 8.
2 Ebd.
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 30.09.2019
Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 2943 mit Schreiben vom 30. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angesprochene Studie des Stifterverbands „Stiftungsprofessuren in Deutschland. Zahlen, Erfahrungen, Perspektiven“ aus dem Jahr 2009 stützt sich bei den Angaben zu Stiftungsprofessuren auf Zahlen der amtlichen Hochschulstatistik. Dabei werden Angaben zu „Drittmitteln von Stiftungen“ sowie „Drittmittel aus privaten Mitteln“ betrachtet. Nach der amtlichen Hochschulstatistik werden neben „Drittmitteln von Stiftungen“ und „Drittmitteln aus privaten Mitteln“ noch weitere Kategorien von Drittmitteln unterschieden. Insbesondere können Stiftungsprofessuren auch von öffentlichen Trägern finanziert werden.
Aktuellere Zahlen der amtlichen Hochschulstatistik weisen für Nordrhein-Westfalen zum Stichtag 01.12.2017 insgesamt 9.953 Professuren aus. Hiervon wurden 66 Professuren als Stiftungsprofessuren aus „Drittmitteln aus privaten Mitteln“ finanziert, 73 Professuren wurden aus „Drittmitteln von Stiftungen“ finanziert. Demnach wurden 1,4 % aller Professuren aus „Drittmitteln aus privaten Mitteln“ sowie aus „Drittmitteln von Stiftungen“ finanziert. Die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage 2943 getroffene Aussage, dass „alleine 41 Prozent der Professuren“ aus der Privatwirtschaft finanziert würden, ist deshalb missverständlich. Zum Stichtag 01.12.2017 wurden lediglich 0,6% aller Professuren in Nordrhein-Westfalen als Stiftungsprofessuren aus „Drittmitteln aus privaten Mitteln“ finanziert.
1. Wie viele Stiftungsprofessuren wurden seit 2009 an der RWTH Aachen und der Rheinischen Friedrichs-Wilhelm-Universität in Bonn begründet? (Bitte benennen Sie die begründeten Professuren, die Stifter und den Fachbereich der Universität).
2. Wie viele dieser Professuren wurden nach Ablauf der privaten Förderung von den Universitäten in Aachen und Bonn fortgesetzt? (Bitte benennen Sie die fortgesetzten Professuren und ihre Fachrichtung)
Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Bezugnehmend auf die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage 2943 angesprochenen Studie des Stifterverbands werden die Stiftungsprofessuren aufgeführt, die aus „Drittmitteln von Stiftungen“ und „Drittmittel aus privaten Mitteln“ finanziert werden. Die Technische Hochschule Aachen und die Universität Bonn wurden zu den Fragen 1, 2 und 4 um Stellungnahme gebeten. Die Rückmeldungen der beiden Hochschulen waren wie folgt:
An der Technischen Hochschule Aachen wurden 15 Stiftungsprofessuren seit 2009 eingerichtet. Die Stiftungsprofessuren, Stifter und Fachbereiche sind in Anlage 1 aufgeführt. Von der Technischen Hochschule Aachen wurden nach Ablauf der Förderung folgende 7 Professuren aus eigenen Mitteln fortgesetzt; eine der Professuren wird bis Ende 2023 aus eigenen Mitteln fortgesetzt:
- Chemosensorik, Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
- Funktionale und interaktive Polymere, Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
- Antriebssysteme für Windenergieanlagen, Fakultät für Maschinenwesen
- Production Engineering of E-Mobility Components, Fakultät für Maschinenwesen
- Gastroenterologie, Hepatologie und Gastrointestinale und Hepatobiliäre Onkologie, Medizinische Fakultät
- Nachhaltigkeit im Metallleichtbau, Fakultät für Bauingenieurwesen
- Geriatrie und Altersmedizin, Medizinische Fakultät
- Experimentalphysik, Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (bis 2023)
An der Universität Bonn wurden 13 Stiftungsprofessuren seit 2009 eingerichtet. Die Stiftungsprofessuren, Stifter und Fachbereiche sind in beigefügter Anlage 2 aufgeführt. Von der Universität Bonn wurden nach Ablauf der Förderung folgende 4 Professuren aus eigenen Mitteln fortgesetzt:
- Digital Material Appearance, Fachbereich Informatik
- Neurourologie, Fachbereich Klinik für Urologie
- Kognitive und Klinische Neurophysiologie, Fachbereich Epileptologie
- Professur Öffentliches Recht, insbesondere das Eigentumsgrundrecht, Fachbereich Öffentliches Recht
3. Welche gesetzlichen Regelungen gibt Nordrhein-Westfalen bei der Einrichtung von Stiftungsprofessuren vor?
Für Stiftungsprofessuren gelten die gleichen Vorschriften, die auch für Professuren gelten, die aus der Grundfinanzierung der Hochschulen finanziert werden. Die Regelungen für Einstellungen und Berufungen von Professorinnen und Professoren gehen aus §§ 37, 38 Hochschulgesetz hervor. In der Praxis der Hochschulen wird zur Einrichtung einer Stiftungsprofessur eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Hochschule und dem Stifter getroffen, in der die Eckdaten (wie Höhe und Dauer der Finanzierung, Fachrichtung der Professur) vereinbart werden. Einfluss auf das Berufungsverfahren hat der Stifter nicht.
4. Wie hoch waren seit 2014 die eingeworbenen Drittmittel der Stiftungsprofessuren an den Universitäten in Aachen und Bonn anteilsmäßig an der Summe aller dort eingeworbenen Drittmittel?
Nach Auskunft der Technischen Hochschule Aachen lag der Anteil der Drittmittel der Stiftungsprofessuren an den „Drittmitteln gesamt“ im Zeitraum 2014 bis 2018 wie folgt:
- 2014 bei 4,0%,
- 2015 bei 4,6%,
- 2016 bei 4,5%,
- 2017 bei 6,2%,
- 2018 bei 6,4 %.
Nach Auskunft der Universität Bonn lag der Anteil der eingeworbenen Drittmittel der Stiftungsprofessuren an der Summe aller an der Universität Bonn eingeworbenen Drittmittel bei folgenden Werten:
- 2014 bei 0,51%,
- 2015 bei 1,32 %,
- 2016 bei 2,74 %,
- 2017 bei 2,60 %,
- 2018 bei 1,79 %.
Bei den Zahlen sind die Stiftungsprofessuren und Drittmittel der Medizinischen Fakultäten berücksichtigt.
5. Welche gesetzlichen Regelungen gibt das Land bei der Annahme von Drittmitteln vor, um mögliche Interessenskonflikte zwischen Drittmittelgebern und der wissenschaftlichen Forschungsfreiheit von vornherein auszuschließen?
- 71 Hochschulgesetz trifft Regelungen zur Forschung mit Mitteln Dritter. Insbesondere sieht § 71 Absatz 2 Hochschulgesetz vor, dass Forschungsvorhaben, die aus Drittmitteln finanziert werden, von einem Hochschulmitglied nur durchgeführt werden dürfen, wenn die Freiheit in Wissenschaft, Forschung, Lehre und Studium des Hochschulmitglieds sowie die Rechte und Pflichten anderer Personen nicht beeinträchtigt werden.