Welche Beziehungen gibt es zwischen der Islamischen Gemeinde Wuppertal und der Muslimbruderschaft?

Kleine Anfrage
vom 04.02.2020

Kleine Anfrage 3393der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky und Markus Wagner vom 04.02.2020

 

Welche Beziehungen gibt es zwischen der Islamischen Gemeinde Wuppertal und der Muslimbruderschaft?

Am 26. Dezember 2019 teilte die Islamische Gemeinde Wuppertal in Form einer Video-Veröffentlichung mit, dass die zu ihr gehörende Abu-Bakr-Moschee neben einer ausgebauten Gebetsstätte eine Kindertagesstätte sowie weitere Einrichtungen plant. Zugleich soll der alte Standort beibehalten und zum Altenwohnheim umgewidmet werden. Für diesen Zweck werden derzeit Spenden gesammelt.1 Die Islamische Gemeinde Wuppertal ist Mitglied im Landesverband NRW des Zentralrats der Muslime (ZMD).2

Die Abu-Bakr-Moschee fiel bereits im Jahre 2010 durch radikale Bezüge auf, damals durch Vorträge des vom Verfassungsschutz der Salafisten-Szene zugerechneten Predigers Abu J.3,4 (5,6) Auch in den letzten Jahren kam es mehrfach zu Auftritten radikaler Personen in dieser Moschee. Ali Al-Q. war mit Auftritten im Dezember 2015 sowie im Dezember 2018 dort sogar zweimal zu Gast.5 Ali Al-Q. ist katarischer Staatsbürger und gilt als einflussreicher sunnitischer Islamgelehrter sowie als Fachmann für Scharia und Fiqh, verbunden mit dem Islamischen Finanzwesen.6 Außerdem sitzt er in verschiedenen wichtigen internationalen Gremien, die als Strukturen der Muslimbruderschaft gelten, so etwa dem European Council for Fatwa and Research.7 (7,9) Des Weiteren ist er Generalsekretär der Internationalen Union Muslimischer Gelehrter (International Union of Muslim Scholars, IUMS).8 Die IUMS ist auf einer 2014 vom Kabinett der Vereinigten Arabischen Emirate veröffentlichten Liste mit 83 dem islamischen Terrorismus zuzurechnenden Organisationen aufgeführt. 9

Stellvertretender Vorsitzender der Islamischen Gemeinde Wuppertal ist Samir B.10 Im November 2019 wurde er als nordrhein-westfälischer Landesvorsitzender des ZMD wiedergewählt.11 Außerdem sitzt Samir B. als Beisitzer im Kreisvorstand der CDU Wuppertal.12 Laut eigenen Angaben hat Samir B. am 4. November 2018 in seiner Eigenschaft als ZMD-Landesvorsitzender an einer Fachtagung des Landesinnenministeriums zum Thema Rechtsextremismus teilgenommen.13

Die Ausbaupläne der Wuppertaler Abu-Bakr-Moschee sind – für sich betrachtet – als unproblematisch zu werten. Dass in dieser Moschee jedoch immer wieder radikale Prediger, insbesondere bekannte Vertreter der Muslimbruderschaft, auftreten, stimmt bedenklich. Ebenfalls bedeutsam erscheint, dass ein Vorstandsmitglied einer Moschee-Gemeinde mit derart radikalen Verbindungen gleichzeitig dem Vorstand der CDU Wuppertal angehört, dem ZMD als Landesvorsitzender vorsteht und in dieser Eigenschaft an einer vom Landesinnenministerium organisierten Extremismus-Konferenz teilnehmen kann.

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Sind der Landesregierung die Ausbaupläne der Wuppertaler Abu-Bakr-Moschee bekannt?

2. Zählt die Wuppertaler Abu-Bakr-Moschee zu den 14 Einrichtungen in NRW, die wegen Bezügen zur Muslimbruderschaft unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen?

3. Sind der Landesregierung die Mehrfachfunktionen des Samir B. im Vorstand der Islamischen Gemeinde Wuppertal, im Zentralrat der Muslime NRW sowie in der CDU Wuppertal bekannt?

4. Wie schätzt die Landesregierung das Näheverhältnis des ZMD-NRW zur internationalen Muslimbruderschaft ein, das durch die Besuche hochrangiger entsprechender Funktionäre in der Wuppertaler Moschee belegt ist?

5. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung gegen Rechtsextremismus, wenn Personen wie Samir B., die selbst Bezüge zu Extremisten haben, zu einer von einem Landesministerium organisierten Rechtsextremismus-Tagung eingeladen werden?

Gabriele Walger-Demolsky
Markus Wagner

 

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1Vgl. https://www.facebook.com/igwuppertal/

2 Vgl. https://www.facebook.com/pg/igwuppertal/about/?ref=page_internal

3 Vgl. https://www.wz.de/nrw/wuppertal/islam-verein-in-vohwinkel-radikal-oder-liberal_aid-31129967

4 Vgl. http://nrw-direkt.net/salafisten-prediger-als-erzieher/

5 Vgl. https://vunv1863.wordpress.com/2020/01/07/doppelspiel-in-wuppertal/

6 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ali_al-Q.

7 Vgl. https://vunv1863.wordpress.com/2020/01/07/doppelspiel-in-wuppertal/

8 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ali_al-Q.

9 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Union_Muslimischer_Gelehrter

10 Vgl. https://www.moscheesuche.de/moschee/Wuppertal/Abu_Bakr_Moschee/44085

11 Vgl. http://www.zentralrat.de/31787.php

12 Vgl. http://www.cdu-wuppertal.de/partei/kreisvorstand/personendetails/?tx_inpromapersonen_pi1[person]=157

13 Vgl. https://www.facebook.com/B.Samir


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 16.03.2020

 

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3393 mit Schreiben vom 16. März 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet.

1. Sind der Landesregierung die Ausbaupläne der Wuppertaler Abu-Bakr-Moschee bekannt?

Der Landesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.

2. Zählt die Wuppertaler Abu-Bakr-Moschee zu den 14 Einrichtungen in NRW, die wegen Bezügen zur Muslimbruderschaft unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen?

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz beobachtet Moscheen im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags. Eine Benennung konkreter Moscheen kann nicht erfolgen, weil dadurch Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand und die Arbeitsweise des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gezogen werden könnten. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes nachhaltig beeinträchtigen.

3. Sind der Landesregierung die Mehrfachfunktionen des Samir B. im Vorstand der Islamischen Gemeinde Wuppertal, im Zentralrat der Muslime NRW sowie in der CDU Wuppertal bekannt?

Zu Einzelpersonen können keine Angaben erfolgen. Durch Presse und Medien öffentlich gemachte Funktionen sind auch der Landesregierung bekannt.

4. Wie schätzt die Landesregierung das Näheverhältnis des ZMD-NRW zur internationalen Muslimbruderschaft ein, das durch die Besuche hochrangiger entsprechender Funktionäre in der Wuppertaler Moschee belegt ist?

Die Strategie der Muslimbruderschaft (MB) in Deutschland ist auf eine gesellschaftliche und politische Einflussnahme ausgelegt. Kooperationen und Veranstaltungen mit Protagonisten, die der MB nahe stehen, werden seitens der Landesregierung kritisch betrachtet, weil der MB dadurch die Möglichkeit gegeben wird, sich als vermeintlich seriöse Ansprechpartnerin darzustellen. Der Landesregierung ist bekannt, dass zu den Mitgliedsvereinen des Zentralrats der Muslime in Deutschland e.V. (ZMD) Organisationen gehören, die – auch wegen Bezügen zur MB – von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachtet werden.

5. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung gegen Rechtsextremismus, wenn Personen wie Samir B., die selbst Bezüge zu Extremisten haben, zu einer von einem Landesministerium organisierten Rechtsextremismus-Tagung eingeladen werden?

Zur Strategie der Landesregierung gegen Rechtsextremismus wird auf das Integrierte Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus des Landes Nordrhein-Westfalen verwiesen (vgl. zum Sachstand Vorlage 17/2100). Einladungen zu Tagungen werden – im Sinne der Strategie der Landesregierung zur Förderung einer pluralistischen Diskussion – breit gefächert an verschiedene Verbände gesteuert, die Entsendung der konkreten Teilnehmerinnen und Teilnehmer obliegt den Verbänden.

 

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