Kleine Anfrage 4855des Abgeordneten Helmut Seifen vom 20.01.2021
Werden Schüler mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit staatlicher Legitimation gegängelt?
In der Schule gilt eine Maskenpflicht. Wer sich davon befreien lassen möchte, muss diesen Wunsch genau begründen: Ein Pauschal-Attest reicht nicht aus, so entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster Ende 2020. Im Attest muss somit genau geregelt werden, inwieweit das Tragen einer Maske die Gesundheit des Trägers beeinträchtigt.
„An vielen Orten besteht zurzeit Maskenpflicht. Diskriminierung von Menschen, die ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit unterwegs sind, sind nicht selten. Dabei kann ihr Verhalten gesundheitliche Gründe haben. Vier Menschen, die von der Maskenpflicht befreit sind, berichten von ihren Erfahrungen: von viel Solidarität aber auch von Ausgrenzung“1, schreibt Aktion Mensch auf ihrer öffentlichen Internetseite.
An den nordrhein-westfälischen Schulen wird mit einer Befreiung von der Maskenpflicht sehr unterschiedlich umgegangen. Während an einigen Schulen Schulleiter und Lehrkräfte verständnisvoll und behutsam mit der Maskenbefreiung umgehen, werden an anderer Stelle Kinder und Jugendliche stigmatisiert und rücksichtslos vor den Mitschülern bloß gestellt.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über den Umgang mit Befreiungen von der Maskenpflicht an den nordrhein-westfälischen Schulen vor?
- Liegen der Landesregierung Beschwerden oder Mittelungen von betroffenen Kindern, Jugendlichen oder Eltern sowie Lehrern vor?
- Welche Handlungsanweisung hat das Ministerium für Schule und Bildung den Schulen im Umgang mit der Befreiung von der Maskenpflicht an die Schulen übermittelt?
- Wie stellen Schulleitungen und Lehrer die Zulässigkeit eines Attests über die Befreiung von der Maskenpflicht fest?
- Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Fälle vor, in denen Kinder und Jugendliche vom Unterricht suspendiert oder entfernt wurden, weil sie ihr Recht auf Befreiung von der Maskenpflicht einforderten?
Helmut Seifen
1 Maskenpflicht: Diskriminierung vermeiden – Aktion Mensch (aktion-mensch.de) Datum des Originals: 20.01.2021/Ausgegeben: 21.01.2021
Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 4855 mit Schreiben vom 16. Februar 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.
- Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über den Umgang mit Befreiungen von der Maskenpflicht an den nordrhein-westfälischen Schulen vor?
- Liegen der Landesregierung Beschwerden oder Mitteilungen von betroffenen Kindern, Jugendlichen oder Eltern sowie Lehrern vor?
Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 zusammen beantwortet:
Der Landesregierung sind Einzelfälle bekannt geworden, in denen es zu Konflikten bis hin zu verwaltungsgerichtlichen Verfahren gekommen ist, bei denen nach Kenntnis der Landesregierung allerdings in keinem Fall die Antragsteller erfolgreich waren.
- Welche Handlungsanweisung hat das Ministerium für Schule und Bildung den Schulen im Umgang mit der Befreiung von der Maskenpflicht an die Schulen übermittelt?
Die Befreiungstatbestände bezüglich der Maskenpflicht bei Schülerinnen und Schülern richtet sich nach der Corona-Betreuungsverordnung (CoronaBetrVO).
- Wie stellen Schulleitungen und Lehrer die Zulässigkeit eines Attests über die Befreiung von der Maskenpflicht fest?
Ob eine ärztliche Bescheinigung für eine Schülerin oder einen Schüler zulässig ist, ist keine Frage, die sich Schulleitungen oder Lehrkräfte stellen müssen. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit, ob und unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen eine Befreiung von der Maskenpflicht möglich ist, nach der CoronaBetrVO. Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Befreiungsanspruchs wird auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen zur Befreiung von der Maskenpflicht in der Schule vom 24. September 2020 (13 B 1368/20) verwiesen.
- Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Fälle vor, in denen Kinder und Jugendliche vom Unterricht suspendiert oder entfernt wurden, weil sie ihr Recht auf Befreiung von der Maskenpflicht einforderten?
Eine Befreiung von der Maskenpflicht nach Maßgabe der CoronaBetrVO führt nicht zu einer Suspendierung oder Entfernung vom Unterricht.