Wie gegen auffordernde Zurufe gegenüber suizidgefährdeten Menschen vorgehen?

Kleine Anfrage
vom 01.07.2020

Kleine Anfrage 4002des Abgeordneten Markus Wagner vom 01.07.2020

 

Wie gegen auffordernde Zurufe gegenüber suizidgefährdeten Menschen vorgehen?

Schaulustige behindern leider zu häufig den Einsatz von Rettungskräften. Bislang können solche Menschen nur wegen unterlassener Hilfeleistung haftbar gemacht werden oder wegen der Behinderung hilfeleistender Personen.

Während eines Rettungseinsatzes in Baden-Baden wurde ein offenbar suizidgefährdeter Mann von Schaulistigen durch Rufe zum Sprung in die Tiefe ermutigt.1 Die Polizei sprach von „beschämenden Szenen“.

Vor diesem Hintergrund frage ich:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die affirmativen Zurufe (wie z.B. „Spring!“) von Schaulustigen bei Suizidhandlungen?
  2. Was wurde bisher gegen das Gaffer-Problem unternommen?
  3. Wie hat sich das Gaffer-Problem in den letzten fünf Jahren entwickelt?
  4. Wie viele Kommunen haben spezielle Sichtschutzwände gegen Schaulustige, sog. Gaffer-Wände, angeschafft?
  5. Was wurde bisher unternommen, um die Bildung von Rettungsgassen zu fördern? Markus Wagner

 

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1 https://www.spiegel.de/panorama/justiz/baden-baden-schaulustige-feuern-suizidgefaehrdeten-an-a-1160881.html


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4002 mit Schreiben vom 30. Juli 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie mit dem Minister für Verkehr beantwortet.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die affirmativen Zurufe (wie z.B. „Spring!“) von Schaulustigen bei Suizidhandlungen?

Situationen, in denen Menschen beabsichtigen, sich das Leben zu nehmen stellen für die betroffenen Personen extreme Ausnahme- und Notsituationen dar. Schaulustige, die in einer solchen Situation dazu auffordern, eine Suizidhandlung tatsächlich umzusetzen, verhalten sich erschreckend unsozial.

Zum Zwecke der Gefahrenabwehr werden durch die Einsatzkräfte der Polizei vor Ort regelmäßig Maßnahmen wie Absperrungen, Aussprechen und Durchsetzen von Platzverweisen zur Verhinderung solcher gegebenenfalls zur Durchführung des Suizides motivierenden Äußerungen getroffen.

  1. Was wurde bisher gegen das Gaffer-Problem unternommen?

Die Straßenbauverwaltung des Landes hat in den vergangenen Jahren insgesamt zwölf Sichtschutzanhänger angeschafft und an strategisch wichtigen Stellen im Straßennetz stationiert. Pro Anhänger stehen insgesamt 100 m Sichtschutzwand für den Aufbau an einer Einsatzstelle zur Verfügung. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich der Einsatz der Sichtschutzzäune bei den vorgegebenen Einsatzkriterien positiv auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer und somit auf den Verkehrsfluss auswirkt.

Präventivpolizeilich wird das Thema in diversen Veranstaltungen, wie zum Beispiel dem „Crash Kurs NRW“, an weiterführenden Schulen aufgegriffen. Des Weiteren erfolgen durch die Polizei am Einsatzort bei Verwirklichung entsprechender Straftatbestände unter Berücksichtigung der Einzelfallsituation gefahrenabwehrende und/oder strafprozessuale Maßnahmen.

  1. Wie hat sich das Gaffer-Problem in den letzten fünf Jahren entwickelt?

Statistische Daten über problematische Situationen durch Schaulustige an Einsatzstellen werden nicht erhoben.

  1. Wie viele Kommunen haben spezielle Sichtschutzwände gegen Schaulustige, sog. Gaffer-Wände, angeschafft?

In Nordrhein-Westfalen gibt es vereinzelt Kommunen, die ähnliche oder gleiche technische Systeme wie die der Straßenbauverwaltung des Landes vorhalten, um diese als ergänzende Maßnahme an Einsatzstellen von Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdiensten nutzen zu können. Die Anzahl der kommunal vorgehaltenen Sichtschutzwände wird nicht zentral erfasst und liegt insofern landesweit nicht vor.

  1. Was wurde bisher unternommen, um die Bildung von Rettungsgassen zu fördern?

Das Ministerium für Verkehr hat für seine landesweite Kampagne „Rettungsgasse“ 300 Banner an Brücken über Bundesautobahnen anbringen lassen, um Fahrerinnen und Fahrer über das richtige Bilden einer Rettungsgasse im Stau zu informieren.

Darüber hinaus hat das Ministerium für Verkehr 5.800 Poster an die Fahrschulverbände des Landes, das Ministerium des Innern, die Landesverkehrswacht Nordrhein-Westfalen und die technischen Überwachungsvereine Rheinland und Nord verteilt, um insbesondere Fahranfängerinnen und Fahranfänger aber auch andere Verkehrsteilnehmer zu diesem lebensrettenden Thema zu erreichen.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner