Wie viele Angriffe auf israelische Flaggen gab es in NRW seit 2015 bis heute? – Nachfrage

Kleine Anfrage
vom 20.03.2024

Kleine Anfrage 3552

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Wie viele Angriffe auf israelische Flaggen gab es in NRW seit 2015 bis heute? Nachfrage

Mit Antwort der Landesregierung vom 6. Dezember 2023, Drucksache 18/7266, auf meine Kleine Anfrage vom 27. Oktober 2023, Drucksache 18/6612, wurde meine Frage 2

„Wie viele Verfahren ‚wegen der Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten‘ hat es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW gegeben? (Bitte nach Jahr, Ort, Land des verletzten Hoheitszeichens sowie Tätermerkmalen wie Alter und Geschlecht aufschlüsseln.)“1

unter anderem wie folgt beantwortet:

„Die Fragestellung bezieht sich auf Straftaten nach § 104 StGB, die als absolutes Staatsschutzdelikt ausschließlich im KPMD-PMK erfasst werden. Bei einer Erfassung im KPMD-PMK wird nur das sogenannte Zähldelikt, also das Delikt mit der höchsten Strafandrohung, erfasst. Der § 104 StGB tritt als niederrangiges Delikt in der Regel hinter anderen in Tateinheit begangenen Delikten (z.B. § 242 StGB Diebstahl) zurück. Die aufgeführten Sachverhalte stellen also nur einen Teil der tatsächlich polizeilich erfassten Straftaten nach § 104 StGB dar. Eine valide Darstellung aller erfassten Delikte ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Seit 2015 wurden bislang insgesamt 17 Straftaten im Sinne des § 104 StGB im KPMD-PMK erfasst. Weitergehende Daten zu diesen Strafverfahren bitte ich der Anlage zu entnehmen.“2

Ich frage daher erneut die Landesregierung:

  1. Warum tritt der § 104 StGB als niederrangiges Delikt in der Regel hinter anderen in Tateinheit begangenen Delikten zurück?
  2. Plant die Landesregierung sich auf Bundesebene für eine Änderung dieser Regelung einzusetzen?
  3. Wenn ja, wann ist mit einer solchen Änderung zu rechnen?
  4. Wenn nein, warum nicht?
  5. Wie viele Verfahren „wegen der Verletzung von israelischen Flaggen und Hoheitszeichen“ hat es seit dem 7. Oktober 2023 bis heute pro Monat in NRW gegeben? (Bitte nach Ort sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

MMD18-8560

 

1 Antwort der Landesregierung vom 6. Dezember 2023, Drs. 18/7266, S. 3.

2 Ebenda, S. 3 – 4.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3552 mit Schreiben vom 17. April 2024 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Warum tritt der § 104 StGB als niederrangiges Delikt in der Regel hinter anderen in Tateinheit begangenen Delikten zurück?

Die strafrechtlichen Konkurrenzregeln und die Erfassungsrichtlinien des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) sind zu unterscheiden.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Konkurrenzregeln ergibt sich Folgendes:

Im Falle der tateinheitlichen Begehungsweise gemäß § 52 des Strafgesetzbuchs (StGB) ver­letzt eine Handlung mehrere Straftatbestände oder denselben Straftatbestand mehrmals. In diesen Fällen wird nur auf eine Strafe erkannt. Der anzuwendende Strafrahmen bestimmt sich grundsätzlich nach dem Verhältnis der verwirklichten Straftatbestände zueinander.

Bei tateinheitlicher Verwirklichung der Tatbestände der Verletzung von Flaggen und Hoheits­zeichen ausländischer Staaten (§ 104 StGB) und des Diebstahls (§ 242 StGB) wird der anzu­wendende Strafrahmen wegen der höheren Strafdrohung der Vorschrift des Diebstahls (§ 242 StGB) entnommen. Daneben existieren jedoch auch Fallgestaltungen, in denen ein oder meh­rere tateinheitlich verwirklichte Straftatbestände durch andere verdrängt werden, da ein Tat­bestand einen in allgemeiner Form von einem anderen Tatbestand erfassten Sachverhalt durch Hinzutreten weiterer Merkmale genauer regelt (sog. ‚Spezialität‘).

Dies ist regelmäßig bei den Delikten der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) bzw. der gemein­schädlichen Sachbeschädigung (§ 304 StGB) der Fall, die nach überwiegender Auffassung im Wege der ‚Spezialität‘ von dem Tatbestand der Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten (§ 104 StGB) verdrängt werden. Der in dieser Fallgestaltung anzuwen­dende Strafrahmen ist danach ausschließlich dem Tatbestand der Verletzung von Flaggen und Hoheitszeichen ausländischer Staaten (§ 104 StGB) zu entnehmen.

Bezüglich der Erfassungssystematik des KPMD-PMK verweise ich auf meine Ausführung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 2809 (LT-Drs. 18/6612).

  1. Plant die Landesregierung sich auf Bundesebene für eine Änderung dieser Rege­lung einzusetzen?
  2. Wenn ja, wann ist mit einer solchen Änderung zu rechnen? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Eine Änderung der Richtlinien des Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kri­minalität (KPMD-PMK) bzw. der strafrechtlichen Konkurrenzregeln ist nicht geplant.

  1. Wenn nein, warum nicht?

Die „Richtlinien für den KPMD-PMK“ und die Erfassungsrichtlinien zur Kriminaltaktischen An­frage in Fällen Politisch motivierte Kriminalität (KTA-PMK) wurden im Jahr 2001 durch die In­nenministerkonferenz beschlossen. Die bundeseinheitlichen Richtlinien unterliegen seitdem einer regelmäßigen Qualitätssicherung. Im Rahmen dieser Qualitätssicherung ergab sich kein Anpassungsbedarf.

Hinsichtlich der strafrechtlichen Konkurrenzregeln besteht ebenfalls kein Anpassungsbedarf.

  1. Wie viele Verfahren „wegen der Verletzung von israelischen Flaggen und Hoheits­zeichen“ hat es seit dem 7. Oktober 2023 bis heute pro Monat in NRW gegeben? (Bitte nach Ort sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität auf­schlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra auswei­sen.)

Hinsichtlich der Erfassungsrichtlinien von Straftaten nach §104 StGB im KPMD-PMK verweise ich auf meine Ausführung in der Beantwortung der Frage 2 der Kleinen Anfrage 2809 (LT-Drs. 18/6612).

Die nachfolgenden Auswertungen basieren auf dem KPMD-PMK. Die Fallzahlen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) sind eine Zusammenstellung aller der Polizei be­kannt gewordenen politisch motivierten strafrechtlichen Sachverhalte unter Beschränkung auf ihre erfassbaren, wesentlichen Inhalte.

Die Fallzahlen, insbesondere für das Jahr 2024, sind als vorläufige Fallzahlen zu betrachten. Da es sich bei dem KPMD-PMK um eine Eingangsstatistik handelt, ergeben sich im Rahmen weiterer Ermittlungen oder justizieller Entscheidungen, regelmäßig Veränderungen der Fall­zahlen. Seit dem 07. Oktober 2023 sind insgesamt 38 Fälle „wegen der Verletzung von isra­elischen Flaggen und Hoheitszeichen“ (§ 104 StGB) statistisch erfasst worden.

Die monatliche Verteilung der angefragten Verfahren bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Tatmonat Anzahl
Oktober 2023 28
November 2023 4
Dezember 2023 1
Januar 2024 2
Februar 2024 2
März 2024 1

 

In vier Fällen konnten insgesamt fünf Tatverdächtige ermittelt werden.

Die Aufschlüsselung zu den angefragten Daten zu den Tatverdächtigen bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Lfd. Nummer Tatort Tatmonat Anzahl TV Tätermerkmale (Al­ter, Geschlecht, Nationalität,      Doppel-
staatsbürgerschaft bei deutscher Natio­nalität)
1 Bergisch Gladbach Oktober 1 16, M, bulgarisch
2 Lever-
kusen
Oktober 1 15,     M,      deutsch, keine Doppelstaats-bürgerschaft
3 Köln Oktober 1 20,     M,      deutsch, keine Doppelstaats-bürgerschaft
4 Castrop- Rauxel November 2 16, W, deutsch und türkisch
19,       W,     deutsch, keine Doppelstaats-bürgerschaft

 

MMD18-8933

Beteiligte:
Markus Wagner