Wie viele ‚Fake-Accounts‘ betreibt das Land NRW?

Kleine Anfrage
vom 04.12.2024

Kleine Anfrage 4816

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Wie viele ‚Fake-Accounts‘ betreibt das Land NRW?

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof entschied in einem Fall der AfD auf einen Teilerfolg. Hintergrund war eine parlamentarische Anfrage der AfD-Fraktion, die 2022 Details zur Online-Arbeit des Verfassungsschutzes forderte, insbesondere zum Einsatz von ‚Fake-Accounts‘, um rechtsextreme Chat-Gruppen zu überwachen. Die Landesregierung verweigerte diese Informationen mit Verweis auf Geheimhaltung nach Artikel 67 der Thüringer Verfassung, woraufhin die Abgeordneten Torben Braga und Ringo Mühlmann klagten. Das Gericht entschied, dass allgemeine Informationen wie die Anzahl der genutzten ‚Fake-Accounts‘ oder die beteiligten Plattformen mitgeteilt werden müssen, sofern dies keine Rückschlüsse auf Quellen zulässt. Detaillierte Auskünfte, die die Arbeitsweise oder Quellen des Verfassungsschutzes gefährden könnten, bleiben jedoch weiterhin verweigert. Die AfD zeigte sich zufrieden mit dem Urteil, das das Informationsrecht der Abgeordneten unterstreicht. Der Gerichtspräsident Klaus von der Weiden betonte die besondere Bedeutung des Auskunftsrechts für die demokratische Kontrolle, selbst in sensiblen Bereichen wie der Arbeit des Verfassungsschutzes. Das Urteil verdeutlicht, dass das Fragerecht nach Artikel 53 der Thüringer Verfassung nicht durch die Existenz der Parlamentarischen Kontrollkommission ausgehebelt wird, auch wenn die AfD bisher nicht in dieser Kommission vertreten ist.1

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele dieser sogenannten oben angesprochenen „Fake-Accounts“ betreibt das Land Nordrhein-Westfalen?
  2. Wie verteilen sich jeweils die unter 1 genannten einzelnen Profile/Accounts in den sozialen Medien nach betreibender Behörde (Verfassungsschutz, Polizei etc.)?
  3. Wie verteilen sich die unter 1 genannten einzelnen Accounts jeweils auf die PMK-Bereiche links, rechts, religiös/islamistisch, ausländische Ideologie, Delegitimierer?
  4. Wie verteilen sich die unter 1 genannten einzelnen Accounts jeweils auf die einzelnen sozialen Medien (Facebook, TikTok, Instagram etc.)?

Markus Wagner

 

MMD18-11837

 

1 Vgl. https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/mitte-thueringen/weimar/afd-verfassungsgericht-urteil-verfassungsschutz-100.html.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4816 mit Schreiben vom 16. Januar 2025 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele dieser sogenannten oben angesprochenen „Fake-Accounts“ betreibt das Land Nordrhein-Westfalen?
  2. Wie verteilen sich jeweils die unter 1 genannten einzelnen Profile/Accounts in den sozialen Medien nach betreibender Behörde (Verfassungsschutz, Polizei etc.)?
  3. Wie verteilen sich die unter 1 genannten einzelnen Accounts jeweils auf die PMK-Bereiche links, rechts, religiös/islamistisch, ausländische Ideologie, Delegitimie-rer?
  4. Wie verteilen sich die unter 1 genannten einzelnen Accounts jeweils auf die ein­zelnen sozialen Medien (Facebook, TikTok, Instagram etc.)?

Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 4 gemeinsam beantwortet.

Der Verfassungsschutz und der polizeiliche Staatsschutz erheben im Rahmen ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgabenerfüllung Informationen in sozialen Netzwerken sowie auf sonstigen Kommunikationsplattformen im Internet und betreiben dabei auch „Fake Accounts“ mit einer Anzahl im dreistelligen Bereich. Die Gewinnung von Informationen durch diese Art der techni­schen Aufklärung ist in einer globalisierten Welt für die Aufgabenerfüllung der Sicherheitsbe­hörden unerlässlich. Sie kann alle Extre-mismusphänomen- und Bereiche politisch motivierter Kriminalität betreffen und folgt den sich stetig verändernden tatsächlichen Bedarfen.

Eine darüber hinausgehende Beauskunftung ist nicht möglich. Einerseits ist die absolute An­zahl von „Fake Accounts“ elektronisch nicht zuverlässig durch Suchbegriffe recherchierbar und daher einer automatisierten statistischen Auswertung nicht zugänglich. Eine strukturierte Er­fassung im Sinne der sachlich und zeitlich nicht eingegrenzten Fragestellung besteht nicht. Für eine Aufschlüsselung müsste der vollständige Datenbestand der Verfassungsschutzbe­hörde, des polizeilichen Staatsschutzes und der entsprechenden Abteilung des Landeskrimi­nalamtes händisch gesichtet werden. Dies ist in dem für die Beantwortung einer Kleinen An­frage zur Verfügung stehenden Zeitraum mit verhältnismäßigem Aufwand nicht möglich.

Andererseits ist die Landesregierung nach sorgfältiger Abwägung und unter Berücksichtigung der Bedeutung des parlamentarischen Frage- und Informationsrechtes zu der Auffassung ge­langt, dass von einer darüber hinausgehenden Beantwortung auch aufgrund entgegenstehen­der überwiegender Belange des Staatswohls abgesehen werden muss.

Das gilt auch mit Blick auf die am 20. November 2024 verkündete Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes (VerfGH 21/23), auf die der Fragesteller Bezug nimmt, die aber für die nordrhein-westfälische Landesregierung keine unmittelbare Bindungswirkung entfaltet.

Die Sicherheitsbehörden erteilen jenseits der gesetzlichen Verpflichtungen grundsätzlich keine Auskünfte über Details zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel bzw. verdeckter Er­mittlungsmethoden, die weiterhin Bestandteil noch laufender Ermittlungsverfahren sein kön­nen, und zwar unabhängig davon, ob eine Nutzung erfolgt oder nicht.

Eine Bekanntgabe auch quantitativer Einzelheiten zu Methoden der Aufklärung elektronischer Kommunikation würde weitgehende Rückschlüsse auf die technischen und quantitativen Fä­higkeiten und damit mittelbar auch auf die personelle, technische und materielle Ausstattung und damit das Aufklärungspotential sowie Aufklärungsschwerpunkte der benannten Sicher­heitsbehörden zulassen. Dadurch könnten die Fähigkeiten, Erkenntnisse im Wege der techni­schen Aufklärung zu gewinnen, negativ beeinflusst werden. Aus dem Bekanntwerden derarti­ger Details könnten Rückschlüsse auf Vorgehensweise, Fähigkeiten und Methoden der Si­cherheitsbehörden gezogen werden, was wiederum nachteilig für ihre Aufgabenerfüllung sein könnte.

Eine Veröffentlichung der in Rede stehenden Informationen könnte zudem die Zielpersonen derartiger Aufklärungsmaßnahmen in die Lage versetzen, Gegenmaßnahmen zu ergreifen und so die Erkenntnisgewinnung des Verfassungsschutzes und des polizeilichen Staatsschut­zes erschweren. Dies würde die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden nachhaltig beeinträchtigen und damit einen Nachteil für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder bedeuten.

 

MMD18-12523

Beteiligte:
Markus Wagner