Wölfe in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage
vom 05.09.2017

Kleine Anfrage 05.09.2017
des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD

Anfrage als PDF laden

Antwort als PDF laden

Der Wolf erobert sich schrittweise Deutschland zurück. Nachdem 1835 der letzte Wolf auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens erlegt wurde und er deutschlandweit über viele Jahrzehnte als ausgerottet galt, gibt es inzwischen bundesweit wieder etwa 400 Tiere, über­wiegend in dünn besiedelten Landstrichen Mitteldeutschlands und Niedersachsens.

Auch in NRW gab es 18 Wolfsnachweise in jüngerer Zeit, alleine sieben davon im Jahr 2017. Zwar ist noch nicht von sesshaften Tieren auszugehen, sondern von durchziehenden Einzel­tieren, es kam jedoch bereits in zwei Fällen zu gerissenen Schafen.

Der Zoologe Prof. Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel von der FU Berlin hat im August sein im Auf­trag des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) und des Verbands der Jagd­genossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe erstelltes Wolfsgutachten vorgestellt. Er empfiehlt darin die Regulierung des Wolfsbestandes durch Jagd, da sich sonst bestehende Konflikte mit dem Raubtier verschärfen und möglicherweise unbeherrschbar würden.

Wölfe gelten aufgrund ihres großen Verbreitungsgebietes als nicht vom Aussterben bedroht, in vielen Ländern werden sie bejagt.

In Deutschland unterliegen sie nach wie vor nicht dem Jagdrecht, auch in Gebieten, in denen es inzwischen stabile Bestände gibt. In diesen Gebieten kommt es folglich immer mehr zu gerissenen Nutztieren, staatlicherseits empfohlene Abwehrmaßnahmen, wie z.B. Elektro­zäune, erweisen sich meist als unzureichend.

Prof. Dr. Pfannenstiel kommt in seinem Gutachten jedoch zu dem Schluss, dass eine ausblei­bende Abwehr von Wölfen, die Nutztiere reißen, diese auch zu einer Gefahr für den Menschen werden lasse.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Plant die Landesregierung eine Aufnahme des Wolfes in den Katalog des § 2 Nr. 1 Lan-desjagdgesetz und wenn nein, welche Gründe sprechen nach Auffassung der Landes­regierung gegen eine Aufnahme?
  2. Ist der Landesregierung das o.g. Gutachten bekannt und welche Schlüsse zieht sie da­raus?
  3. Rechnet die Landesregierung kurz- oder mittelfristig mit einem Sesshaftwerden des Wol­fes in Nordrhein-Westfalen und wenn ja, welche Gebiete sind dafür am wahrscheinlichs­ten und welche Entwicklung des Bestandes ist anzunehmen?
  4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Nutztierhalter vor Schäden durch Wolfsrisse zu bewahren, bzw. zumindest entstandenen Schaden zu kompensieren?
  5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzustellen, dass die Gesund­heit und das Leben der Bürger Nordrhein-Westfalens durch die Ausbreitung des Wolfes nicht gefährdet werden?

Sven W. Tritschler

____________________________________________________________________________________

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 261 wie folgt:

1. Plant die Landesregierung eine Aufnahme des Wolfes in den Ka­talog des § 2 Nr. 1 Landesjagdgesetz und wenn nein, welche Grün­de sprechen nach Auffassung der Landesregierung gegen eine Aufnahme?

Die Landesregierung beabsichtigt nicht, den Wolf in das Landesjagd-recht aufzunehmen. Der Wolf unterliegt aufgrund der europarechtlichen Vorgaben dem Naturschutzrecht und genießt den höchstmöglichen ar-tenschutzrechtlichen Schutz. Das vorhandene Artenschutzrecht bietet ausreichende rechtliche Handlungsmöglichkeiten, um beispielsweise erforderliche Maßnahmen gegen einen „auffälligen“ Wolf zu ergreifen. Eine Unterstellung des Wolfs unter das Jagdrecht ist nicht geeignet, hier einen weiteren Beitrag zu leisten. Außerdem hat sich auch der Landes-jagdverband NRW e.V. gegen eine Aufnahme des Wolfs in das Landes-jagdrecht ausgesprochen.

2. Ist der Landesregierung das o.g. Gutachten bekannt und welche Schlüsse zieht sie daraus?

Die Landesregierung hat die „Stellungnahme zum Umgang mit dem Wolf in der Kulturlandschaft Deutschlands“ von Herrn Prof. Dr. Pfannen-stiel, die der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband e.V. (WLV) und der Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in West­falen-Lippe e. V. (VJE) am 8.08.2017 im Rahmen eines Pressetermins der Öffentlichkeit vorgestellt haben, zur Kenntnis genommen.

Im Rahmen einer ersten Auswertung ist festzustellen, dass

  • die Kernaussagen der Stellungnahme von Herrn Prof. Dr. Pfan-nenstiel nicht neu sind und bereits im März 2017 in Kurzform als „Feststellungen und Gedanken zum Wolf (Canis lupus) nach der Sitzung des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft im Landtag Brandenburg am 22.03.2017″ im In­ternet publiziert worden sind.
  • die in der Stellungnahme enthaltenen Aussagen sich auf die Si­tuation in Deutschland und nicht speziell auf die Situation in Nord­rhein-Westfalen beziehen.
  • entgegen der öffentlichen Wahrnehmung der Autor diese Ausar­beitung nicht als Gutachten, sondern als persönliche Stellung­nahme bezeichnet.
  • die bisher in Nordrhein-Westfalen ergriffenen Maßnahmen, wie z.B. die Veröffentlichung des Wolfsmanagementplans und der Förderrichtlinien Wolf, nur unzureichend berücksichtigt wurden.
  • der Erhaltungszustand der Wolfspopulation in Europa unter­schiedlich bewertet wird.

Vor diesem Hintergrund betrachtet die Landesregierung die Stellung­nahme als einen Beitrag, um weiter über das Erscheinen des Wolfes in Nordrhein-Westfalen zu diskutieren. Gerade der Dialog mit den Weide-tierhaltern und anderen Landnutzergruppen steht hier im Fokus.

3. Rechnet die Landesregierung kurz- oder mittelfristig mit einem Sesshaftwerden des Wolfes in Nordrhein-Westfalen und wenn ja, welche Gebiete sind dafür am wahrscheinlichsten und welche Ent­wicklung des Bestandes ist anzunehmen?

Die Rückkehr der Wölfe ist ein natürlicher Vorgang, so dass der Lan­desregierung keine Prognosen zum Beginn und zum Ort einer mögli­chen dauerhaften Anwesenheit von Wölfen in Nordrhein-Westfalen mög­lich sind.

4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Nutztier-halter vor Schäden durch Wolfsrisse zu bewahren, bzw. zumindest entstandenen Schaden zu kompensieren?

Das Umweltministerium hat bereits im Februar 2017 die „Richtlinien über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirt­schaftlichen Belastungen“ („Förderrichtlinien Wolf“) veröffentlicht (MinBl. NRW, S. 85). Um die durch den Wolf verursachten Schäden zu verhin­dern oder zu verringern, gewährt das Land Nordrhein-Westfalen Ent­schädigungen (Billigkeitsleistungen) und Zuwendungen zur Vermeidung oder Minderung der mit der Rückkehr des Wolfes verbundenen wirt­schaftlichen Belastungen.

Mit der Förderrichtlinie führt das Land die bereits seit Anfang 2010 gän­gige Praxis fort, die vom Wolf verursachten Nütztierrisse finanziell zu entschädigen. Mit den Förderrichtlinien Wolf kommt das Land jetzt nicht mehr nur für Schäden auf, die der Wolf verursacht, sondern fördert auch den vorbeugenden Schutz der Herden (Prävention).

5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzu­stellen, dass die Gesundheit und das Leben der Bürger Nordrhein-Westfalens durch die Ausbreitung des Wolfes nicht gefährdet wer­den?

Das Land wertet regelmäßig die Sichtungen von Wölfen aus, um Hin­weise auf ein für Menschen problematisches Verhalten von Wölfen zu erhalten. Sofern zukünftig das Verhalten eines Wolfes nach Meinung der Experten der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) als für den Menschen gefährlich eingestuft werden sollte, wird das Land die erforderlichen Maßnahmen (ggf. auch den Ab­schuss eines Wolfes) ergreifen.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Christina Schulze Föcking

Beteiligte:
Sven Tritschler