„Wolfsgrüße“ in NRW – Welcher Kategorie Politisch motivierter Kriminalität wird die Geste zugeordnet?

Kleine Anfrage
vom 17.07.2024

Kleine Anfrage 4160

des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD

„Wolfsgrüße“ in NRW – Welcher Kategorie Politisch motivierter Kriminalität wird die Geste zugeordnet?

Als sogenannter „Wolfsgruß“ wird ein Handzeichen beschrieben, bei dem Ring-, Mittelfinger und Daumen aufeinandergepresst und der kleine Finger sowie der Zeigefinger abgespreizt werden. Laut WDR handelt es sich dabei um eine Geste der türkischen „Ülkücü“-Bewegung, die auch „Graue Wölfe“ genannt werden und spielt auf den „Mythos des blaugrauen Wolfs an“, der das „urtürkische Volk der Göktürken aus einem Tal namens Ergenekon in die Welt hinausgeführt haben“ soll.1 Die nationalistischen „Grauen Wölfe“ werden vom „Verfassungsschutz“ beobachtet. Der türkische Nationalspieler Merih Demiral zeigte besagte Geste am 2. Juli 2024 im Rahmen eines Torjubels während der EM-Partie Türkei – Österreich. Im Anschluss verhängte die UEFA eine Spielsperre gegen Demiral.

Am 6 Juli 2024 traf die türkische Nationalmannschaft im Viertelfinale in Berlin auf die Niederlande. Vor dem Spiel versammelten sich zahlreiche Türken am Breitscheidplatz und zeigten auf dem Marsch zum Stadion den „Wolfsgruß“, ehe die Polizei die Versammlung auflöste.2 Wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung berichtet, soll es auch in NRW zu „Wolfsgrüßen“ gekommen sein. Beim Public Viewing auf dem Kennedyplatz in Essen haben demnach mehre Anhänger der türkischen Nationalmannschaft die berüchtigte Geste geformt. Auch bei einem Autokorso und Fanmarsch in Duisburg soll es zu zahlreichen „Wolfsgrüßen“ gekommen sein, teilweise sogar von Kindern im „Kita-Alter“.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wird das Zeigen des Wolfsgrußes in NRW strafrechtlich verfolgt?
  2. Falls ja, in wie vielen Fällen wurden seit 2022 Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Zeigen des „Wolfsgrußes“ eingeleitet? (Bitte aufschlüsseln nach Ort und Zeitpunkt der Tat, Staatsangehörigkeit[en] des Täters bzw. der Täter)
  3. Falls Strafverfahren eingeleitet wurden: Wie werden diese in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik erfasst?
  4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, dass „Wolfsgrüße“ an Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten bzw. anderen Bildungseinrichtungen gezeigt wurden?
  5. Hat das Zeigen des „Wolfsgrußes“ Auswirkungen auf allfällige Einbürgerungsverfahren der Täter?

Sven W. Tritschler

 

MMD18-10017

 

1 https://www1.wdr.de/nachrichten/graue-woelfe-gruss-fussball-em-100.html

2 https://www.sportschau.de/fussball/uefa-euro-2024/wolfsgruss-bei-tuerkischem-fanmarsch-massenhaft-gezeigt,tuerkei-niederlande-wolfsgruss-100.html

3 https://www.waz.de/freizeit/article406362303/em-2024-in-nrw-verpassen-sie-keine-news-aus-der-region-c.html


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4160 mit Schreiben vom 26. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, der Ministerin für Schule und Bildung und dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wird das Zeigen des Wolfsgrußes in NRW strafrechtlich verfolgt?
  2. Falls ja, in wie vielen Fällen wurden seit 2022 Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Zeigen des „Wolfsgrußes“ eingeleitet? (Bitte aufschlüsseln nach Ort und Zeitpunkt der Tat, Staatsangehörigkeit[en] des Täters bzw. der Täter)
  3. Falls Strafverfahren eingeleitet wurden: Wie werden diese in der Polizeilichen Kri­minalitätsstatistik erfasst?

Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 gemeinsam beantwortet.

Das Zeigen des „Wolfsgrußes“ erfüllt keinen strafrechtlichen Tatbestand. Entsprechend wer­den keine Ermittlungsverfahren eingeleitet und es erfolgt keine statistische Erfassung.

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung darüber, dass „Wolfsgrüße“ an Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten bzw. anderen Bildungseinrichtungen gezeigt wurden?

Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass „Wolfsgrüße“ an Schulen, Kindergärten, Kindertagesstätten bzw. anderen Bildungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen gezeigt wurden.

In der frühkindlichen Bildung wird der so genannte „Leisefuchs“ situativ als pädagogische Stra­tegie eingesetzt, beispielsweise im Morgen- oder Stuhlkreis, um Kinder zum leise sein anzu­regen. Häufig wird diese Geste von einem Finger auf den Lippen begleitet und mit der verbalen Instruktion „Wir werden alle leise“ klar kommuniziert. Die Anwendung dieser Geste ist eng mit dem pädagogischen Kontext verbunden und ist vom „Wolfsgruß“ klar abzugrenzen.

  1. Hat das Zeigen des „Wolfsgrußes“ Auswirkungen auf allfällige Einbürgerungsver­fahren der Täter?

Das Zeigen des „Wolfsgrußes“ hat keine Auswirkungen auf etwaige Einbürgerungsverfahren.

Im Rahmen der Einbürgerung werden politisch-religiöse Aktivitäten überprüft, falls es sich um verfassungsfeindliche Bestrebungen im Sinne des § 11 S. 1 Nr. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) handelt. Darüber hinaus haben antragstellende Personen spätestens vor der Aushän­digung der Einbürgerungsurkunde sowohl die Bekenntnisse zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und zur besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für die national­sozialistische Unrechtsherrschaft und ihre Folgen als auch die sog. Loyalitätserklärung abzu­geben.

Die nordrhein-westfälische Verfassungsschutzbehörde unterrichtet im Rahmen der Einbürge­rungsverfahren die Staatsangehörigkeitsbehörden nach Maßgabe der bestehenden Übermitt­lungsvorschriften über Erkenntnisse, die im Einzelfall einer Einbürgerung entgegenstehen.

 

MMD18-10394

Beteiligte:
Sven Tritschler