Zukunft der Waldarbeit mit Rückepferden?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 249
der Abgeordneten Andreas Keith und Zacharias Schalley vom 01.08.2022

 

Zukunft der Waldarbeit mit Rückepferden?

Für das Holzrücken – das Ziehen von mehreren Hundert Kilogramm schweren Baumstämmen – im Wald greifen Forstwirte zunehmend wieder auf die jahrhundertalte Technik mit Kaltblutpferden zurück.

Das gilt vor allem für schwer zugängliche oder naturgeschützte Stellen im Wald und in Feucht­gebieten. Dort würden die sonst verwendeten 20 bis 30 Tonnen schweren Vollernter den Boden zu stark verdichten. Dabei bleibt die Waldarbeit mit Pferden weiter ein Nischenangebot für besondere Einsatzbereiche, da Pferde-Betriebe große Aufträge mit Tausenden Festmetern Holz mengenmäßig gar nicht schaffen würden und weil sie bei den Kosten mit den Maschinen nicht mitkommen.

Eine Vertreterin des Waldbauernverbandes NRW betont aber, dass der Einsatz von Rücke-pferden im Schwachholzbereich, insbesondere auf sensiblen Standorten, seine Berechtigung habe. Das Land sah dies in der vergangenen Legislaturperiode ähnlich und förderte (mindestens im Jahr 2019) Forstarbeit mit Pferden mit fünf Euro pro Festmeter Holz, so ein Vertreter vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW.1

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie viele forstwirtschaftliche Pferde-Betriebe sind seit 2010 in Nordrhein-Westfalen ansässig? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)
  2. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz von Rückepferden in der Forstwirtschaft?
  3. Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren die Förderung der Forstarbeit mit Pferden pro Festmeter Holz in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Jahren seit 2017 aufschlüsseln)
  4. Unter welchen Voraussetzungen wird der Einsatz von Rückepferden künftig gefördert bzw. schließt der Einsatz von konventionellen schweren Maschinen die Förderung von Rückepferden aus?
  5. Inwieweit plant das Land weiterhin Interessierte als Pferde-Rücker fortzubilden?

Andreas Keith
Zacharias Schalley

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.nw.de/umwelt/22484037_Pferde-sind-in-der-Waldarbeit-zunehmend-wieder-gefragt.html


Die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 249 mit Schreiben vom 23. August 2022 im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele forstwirtschaftliche Pferde-Betriebe sind seit 2010 in Nordrhein-Westfalen ansässig? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)

Nach Auskunft der Interessengemeinschaft Zugpferde NRW e.V. (IG-Zugpferde NRW) gibt es aktuell 15 Betriebe die ca. 15 bis 20 Rückepferde im gewerblichen Vollerwerb einsetzen. Eine Aufschlüsselung nach Jahren ist nicht möglich. Nach Einschätzung der Fachexperten des Zentrums für Wald und Holzwirtschaft ist in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft keine deutliche Trendwende bezüglich der Erhöhung der Anzahl der Betriebe zu erwarten.

  1. Wie bewertet die Landesregierung den Einsatz von Rückepferden in der Forstwirtschaft?

Rückepferde stellen in bestimmten Arbeitssituationen und sensiblen Standorten eine sinnvolle Ergänzung zu dem Einsatz forstlicher Arbeitsmaschinen dar. Der Einsatz von Rückepferden in der Holzernte zum Vorrücken und Vorkonzentration von Lasten für den anschließenden Einsatz von Rückeschleppern wird entscheidend von den Bodenverhältnissen, der Hangneigung und den Stückmassen (Einzelbaumvolumen: 0,20 Festmeter Laubholz u. 0,30 Festmeter Nadelholz) sowie der Rückeentfernung begrenzt. Der Einsatzbereich entspricht Durchforstungsbeständen von einem durchschnittlichen Brusthöhendurchmesser von circa 20 Zentimeter. Des Weiteren wird beim Einsatz von Rückepferden eine sinnvolle Erschließung der Bestände benötigt, um eine art- und tierschutzgerechte Arbeit zu gewährleisten. Die optimalen Rückegassenabstände betragen hier maximal 40-50 Meter je nach Geländeausformung. Darüber hinaus werden Arbeitspferde auch in der Begründung und Pflege von Waldbeständen zur Bodenvorbereitung, Saat und Kulturpflege sinnvoll eingesetzt.

  1. Wie hoch war in den vergangenen fünf Jahren die Förderung der Forstarbeit mit Pferden pro Festmeter Holz in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Jahren seit 2017 aufschlüsseln)

Für das Rücken von Holz vom Hiebsort zur Gasse gibt es im Privatwald 5 Euro/Festmeter gemäß Förderrichtlinie Nordrhein-Westfalen. Die Bodenverwundung und Kulturpflege wird genauso gefördert wie das „Entkuseln“ von Heideflächen. Die Förderung ist vom zuständigen Forstbetriebsbeamten für den Waldbesitzer zu beantragen. Im Staatswald Nordrhein-Westfalen gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen „AGB Forst Qualitätsstandards Zugpferdeeinsatz (Vorrücken) im Wald“. Diese legt die Qualitäts –und Einsatzanforderungen für den Einsatz von Arbeitspferden durch Forstunternehmer fest.

  1. Unter welchen Voraussetzungen wird der Einsatz von Rückepferden künftig gefördert bzw. schließt der Einsatz von konventionellen schweren Maschinen die Förderung von Rückepferden aus?

Auf sensiblen Standorten werden auch in Zukunft weiterhin Rückepferde eingesetzt sowie die Arbeitsverfahren an die Boden- und Bestandesverhältnisse angepasst, um möglichst bestandesschonend die Arbeiten durchzuführen. Zuwendungsempfänger sind Eigentümer von Waldflächen oder forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse, auf deren Waldflächen die Maßnahmen stattfinden. Die Förderung erfolgt allein aus Landesmitteln und ohne Beteiligung des Bundes oder der Europäischen Union. Gefördert wird das Vorrücken und Rücken von Holz mit Pferden vom Einschlagsort zur Rückegasse oder direkt bis zur Abfuhrstelle des Holzes. Die Kombination des Einsatzes von Pferden und Forstmaschinen im Bereitstellungprozess ist kein Ausschlussgrund für die Gewährung einer Zuwendung. Eine Änderung der Fördervoraussetzungen ist nicht geplant.

  1. Inwieweit plant das Land weiterhin Interessierte als Pferde-Rücker fortzubilden?

Das zum Zentrum für Wald- und Holzwirtschaft gehörende Forstliche Bildungszentrum in Arnsberg ist für die Aus- und Weiterbildung der Akteure der nordrhein-westfälischen Forstwirtschaft zuständig. Dort bietet Wald und Holz NRW seit 30 Jahren in Zusammenarbeit mit der Interessengemeinschaft Zugpferd (IGZ NRW) jährlich einen Kurs für interessierte Pferdeführerinnen und Pferdeführer an. Im Schnitt besuchen 12 Teilnehmende aus dem ganzen Bundesgebiet und dem benachbarten europäischen Ausland diesen Kurs. Aufgrund der bestehenden Nachfrage gibt es keinen Anlass eine weitere zweite Bildungsmaßnahme im Jahr anzubieten.

 

Antwort als PDF