Zum Erhalt und Schutz jüdischen Lebens in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 698
des Abgeordneten Klaus Esser vom 04.11.2022

Zum Erhalt und Schutz jüdischen Lebens in NRW

Im Jahr 2005 gehörten rund 30.000 Einwohner den jüdischen Gemeinden Nordrhein-Westfa­lens an. Die größte jüdische Gemeinde des Landes befindet sich in Düsseldorf; sie ist die drittgrößte Gemeinde der Juden in Deutschland. Die jüdischen Gemeinden erhielten in den letzten Jahrzehnten erheblichen Zuwachs durch Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion.

Laut Angaben der Landesregierung haben die 22 jüdischen Gemeinden in Nordrhein-West­falen 2022 rund 26.000 Mitglieder. Im Rahmen des sechsten Änderungsvertrages wurde die finanzielle Unterstützung des Landes NRW ab 2022 auf insgesamt 23,5 Millionen Euro jährlich erhöht – von zuletzt rund 18 Millionen Euro pro Jahr. Das Land beteiligt sich an den laufenden Ausgaben der jüdischen Gemeinschaft, ihrer religiösen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse und der Verwaltung sowie der Sicherheitsleistungen zum Schutz jüdischer Einrichtungen. An den Kosten dieser Sicherheitsleistungen hat sich das Land bislang schon mit drei Millionen Euro pro Jahr beteiligt. Der Sechste Änderungsvertrag bringt nun eine Erhöhung der Sicherheitsleistungen auf fünf Millionen Euro jährlich ab dem Jahr 2022 vor.1

Jüdische Mitbürger und Einrichtungen werden immer wieder angegriffen. In den letzten Jahren ist eine deutliche Zunahme von religiös motivierten Übergriffen, insbesondere von Muslimen auf Juden, aktenkundig geworden.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie gestaltet sich der Schutz der 22 jüdischen Gemeinden in NRW konkret?
  2. Wie entwickelten sich die Mitgliederzahlen der 22 jüdischen Gemeinden in den letzten fünf Jahren (bitte aufschlüsseln nach Gemeinde, Zahl der Mitglieder und Jahr)?
  3. Wie wird auf Hinweise reagiert, dass zugewanderte Gruppen laut Untersuchungen3 eine erhebliche Neigung zu Antisemitismus und antisemitischer Gewalt zeigen?
  4. Inwiefern w erden die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bei der Erstellung der Dunkelfeldstudie „Antisemitismus in NRW“4 mit einbezogen?
  5. Wie viele antisemitische Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze wurden der Antisemitismus-Meldestelle5 in NRW seit Aufnahme der Tätigkeit im April 2022 gemeldet?

Klaus Esser

 

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1 Htt p s : / / www. L a n d .nrw/pressemitteilung/ l a n d e s r e g i e r u n g -festigt-die-enge-partnerschaft-mit-den- j u e d i s c h e n -landesverbaenden

2 Htt p s : / / afd- f r a k t i o n .nrw/2021/ 0 5 /12/antisemitische- v o r f a e l l e -vor-synagogen- i n -nordrhein-westfalen/

3 Htt p s : / / www. T i c h y s einblick.de/kolumnen/ a l e x a n d e r-wallasch-heute/ m u s l i m i s c h e r – antisemitismus-in- d e u t s c h l a n d -wir d-endlich-auch-in-der- s t a t i s t i k -erfasst/


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 698 mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten, der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung sowie dem Minister für Bundes- und Europaangelegen­heiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet.

  1. Wie gestaltet sich der Schutz der 22 jüdischen Gemeinden in NRW konkret?

Gefährdungslagen zu dem genannten Personen- und Objektkreis können nicht allgemein, son­dern nur im konkreten Einzelfall bewertet werden. Für die in Rede stehenden Personen/Ob-jekte wird bei Bekanntwerden einer möglichen Gefährdung bei der zuständigen Kreispolizei­behörde eine sogenannte Beurteilung der Gefährdungslage erstellt. Die Beurteilung der Ge­fährdungslage umfasst die anlassbezogene oder wiederkehrend vorgenommene Analyse und Bewertung von Informationen sowie die schlüssige Feststellung des Grades der Gefährdung. Aus dem Grad der Gefährdung ergeben sich dann die weiteren Schutzmaßnahmen. Die dann durch die Polizei zu treffenden Maßnahmen zum Schutz von gefährdeten Personen/Objekten ergeben sich grundsätzlich aus der als Verschlusssache -NUR FÜR DEN DIENSTGE­BRAUCH (VS-NfD)- eingestuften Polizeidienstvorschrift 129 Personen- und Objektschutz. So­mit gibt es keine allgemeingültigen Schutzmaßnahmen für Personen/Objekte, sondern alle durch die Polizei veranlassten Maßnahmen unterliegen immer einer Einzelfallprüfung.

  1. Wie entwickelten sich die Mitgliederzahlen der 22 jüdischen Gemeinden in den letzten fünf Jahren (bitte aufschlüsseln nach Gemeinde, Zahl der Mitglieder und Jahr)?

Die Landesregierung erhebt selbst keine Mitgliederzahlen der jüdischen Gemeinden, sondern greift auf die Mitgliederstatistik der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) zurück.

  1. Wie wird auf Hinweise reagiert, dass zugewanderte Gruppen laut Untersuchungen eine erhebliche Neigung zu Antisemitismus und antisemitischer Gewalt zeigen?

Reaktionen und Präventivmaßnahmen der Landesregierung richten sich gegen alle Formen von Antisemitismus und antisemitischer Gewalt, gleich welchen Ursprungs.

4. Inwiefern werden die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bei der Erstel­lung der Dunkelfeldstudie „Antisemitismus in NRW“ mit einbezogen?

Der Fragebogen zur Durchführung der Dunkelfeldstudie wird derzeit durch die Kooperations­partner (Antisemitismusbeauftragte und Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-West­falen, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Universität Passau) des Forschungsprojek­tes „Antisemitismus in der Gesamtgesellschaft von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2023“ erstellt. Dabei ist ein direkter Einbezug einzelner jüdischer Gemeinden in Nordrhein-Westfalen nicht vorgesehen.

  1. Wie viele antisemitische Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze wurden der Antisemitismus-Meldestelle in NRW seit Aufnahme der Tätigkeit im April 2022 ge­meldet?

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen (RIAS NRW) ver­zeichnet seit ihrer Arbeitsaufnahme im April 2022 nach eigenen Angaben nahezu täglich neue Vorfälle von Meldenden. Die konkrete Anzahl von Vorfällen kann den künftigen Jahresberich­ten entnommen werden. Die Veröffentlichung des ersten Jahresberichts ist für April 2023 vor­gesehen.

 

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Beteiligte:
Klaus Esser