Zur Rolle von Imamen und des „Zentrums für interkulturelle Kompetenz der Justiz NRW“ in NRW-Haftanstalten

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 194
des Abgeordneten Klaus Esser vom 22.07.2022

 

Zur Rolle von Imamen und des „Zentrums für interkulturelle Kompetenz der Justiz NRW“ in NRW-Haftanstalten

In NRW darf kein Imam zur Seelsorge in Haftanstalten, der nicht bereit ist, sich vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen.

Noch 2017 hatten sich Ditib-Imame dieser Sicherheitsüberprüfung verweigert. Zu dieser Zeit waren nach Angaben des Düsseldorfer Justizministeriums 26 Imame im Justizvollzug in NRW tätig – vor den Sicherheitsüberprüfungen waren es deutlich mehr1.

NRW hatte im selben Jahr ein „Zentrum für interkulturelle Kompetenz der Justiz NRW“ eingerichtet und mit der Präventionsarbeit betraut. Mehr als 3.000 Bedienstete aus allen Berufsgruppen wurden inzwischen zum Thema „Radikalisierung im Vollzug“ geschult. In diesem Zusammenhang wurden auch 45 Stellen für Integrationsbeauftragte geschaffen, die als Ansprechpartner für die 36 Justizvollzugsanstalten des Landes fungieren.

Die Justizvollzugsanstalten Aachen, Geldern, Gelsenkirchen, Heinsberg, Herford, Iserlohn, Köln, Remscheid, Schwerte und Wuppertal-Ronsdorf verfügen über Präventionsbeauftragte. Laut Justizministerium handelt es sich hierbei um Sozialarbeiter mit besonderer fachlicher Kompetenz, die extremistische Gefährdungen erkennen und gegebenenfalls auch gefährdete Gefangene ansprechen sollen.2

Vor diesen Hintergründen frage ich die Landesregierung:

  1. Angesichts von mehr als 3.000 geschulten Bediensteten drängt sich die Frage auf: Sind die Schulungen von JVA-Bediensteten eine Hauptaufgabe der sogenannten „Gefängnisimame“?
  2. Wie viele Imame betreuen derzeit wie viele Inhaftierte in NRW? (Bitte möglichst aufschlüsseln nach Nationalität und Religionszugehörigkeit der Inhaftierten.)
  3. Gab es in den letzten 5 Jahren Imame, die nicht mehr ihren Dienst in NRW Justizvollzugsanstalten versehen durften bzw. bei denen Auffälligkeiten im Rahmen der Überprüfung festgestellt wurden?
  4. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Gefängnisimame und das „Zentrum für interkulturelle Kompetenz der Justiz NRW“ (bitte aufschlüsseln nach entsprechender Funktion)?

Klaus Esser

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.welt.de/politik/deutschland/article163348324/Ditib-Imame-in-NRW-verweigern-Sicherheitsueberpruefung.html

2 https://www.nw.de/nachrichten/thema/22529182_Radikalisierte-Islamisten-in-der-JVA-Experten-erlaeutern-Gegenmassnahmen.html


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 194 mit Schreiben vom 17. August 2022 im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Angesichts von mehr als 3.000 geschulten Bediensteten drängt sich die Frage auf: Sind die Schulungen von JVA-Bediensteten eine Hauptaufgabe der sogenannten „Gefängnisimame“?

Die Schulung von Bediensteten ist nicht Aufgabe der im Justizvollzug tätigen Imame.

  1. Wie viele Imame betreuen derzeit wie viele Inhaftierte in NRW? (Bitte möglichst aufschlüsseln nach Nationalität und Religionszugehörigkeit der Inhaftierten.)

Aktuell sind in einer Justizvollzugsanstalt vier Imame, in zwei Justizvollzugsanstalten zwei Imame und in 15 Justizvollzugsanstalten jeweils ein Imam tätig.

Die Imame sind für die religiöse Betreuung aller Gefangenen muslimischen Glaubens sowie aller an dem muslimischen Glauben interessierten Gefangenen zuständig. Der Landesregierung liegen keine validen Erkenntnisse darüber vor, wie viele Gefangene diese Angebote wahrnehmen, da eine Erhebung dieser Zahlen nicht stattfindet.

  1. Gab es in den letzten 5 Jahren Imame, die nicht mehr ihren Dienst in NRW Justizvollzugsanstalten versehen durften bzw. bei denen Auffälligkeiten im Rahmen der Überprüfung festgestellt wurden?

Ja.

  1. Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die Gefängnisimame und das „Zentrum für interkulturelle Kompetenz der Justiz NRW“ (bitte aufschlüsseln nach entsprechender Funktion)?

Die jährlichen Kosten für die im Justizvollzug tätigen Imame beliefen sich für das Jahr 2021 auf insgesamt 88.577,69 Euro.

Die Aufgaben im Zusammenhang mit der Bekämpfung und Prävention des religiösen Extremismus im Justizvollzug obliegen dem Fachbereich Radikalisierungsprävention. Die Kosten des Fachbereichs Radikalisierungsprävention (Personalkosten, Sachkosten, Investitionskosten) werden bisher nicht gesondert erfasst, sodass keine Angabe möglich ist.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Klaus Esser