Zuständigkeiten der Polizei auf und in Bahnhöfen in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage
vom 01.12.2021

Kleine Anfrage 6156des Abgeordneten Markus Wagner vom 01.12.2021

 

Zuständigkeiten der Polizei auf und in Bahnhöfen in Nordrhein-Westfalen

Zu den ersten drei Bahnhöfen mit den bundesweit höchsten Zahlen an ermittelten Drogendelikten zählen die Hauptbahnhöfe Köln, Essen und Düsseldorf.1 Bei Verstößen gegen das Waffengesetz sieht es deutschlandweit kaum anders aus. Hier rangiert Köln ebenfalls vor Essen.2

Zu viele Bürger fühlen sich in unseren Bahnhöfen beziehungsweise in deren umliegenden Bereichen nicht mehr sicher. Es sind Angsträume geworden, die bei den Reisenden zu einem latenten Gefühl der Bedrohung beitragen.3 Der Bewältigung dieser schwierigen Aufgabe muss auch mit einer hohen Polizeipräsenz begegnet werden. Dadurch wird nicht nur die Anzahl der Straftaten reduziert, sondern auch das Sicherheitsgefühl der Bürger gestärkt.

Um unsere Bahnhöfe sicherer zu machen, müssen sich die Polizei Nordrhein-Westfalen und die Bundespolizei systematisch besser verzahnen, um gemeinsam konsequent Straftaten verfolgen zu können.

Die Komplexität liegt darin, dass für Kontrollen auf dem Bahnhofsvorplatz die Polizei Nordrhein-Westfalen zuständig ist, während die Bundespolizei als Bahnpolizei nur auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes tätig sein darf.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welches sind die zehn nordrhein-westfälischen Bahnhöfe mit den meisten Polizeieinsätzen im Bahnhofsumfeld im Zeitraum vom 01. Januar 2021 bis heute?
  2. Welche Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten wurden im Zuständigkeitsbereich der Polizei Nordrhein-Westfalen an diesen Bahnhöfen begangen? (Bitte Tatverdächtige, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)
  3. An welchen dieser oder anderer Bahnhöfe ist der Bundespolizei entsprechend § 65 Absatz 1 BPolG kooperationsrechtlich eine Zuständigkeit nach § 3 BPolG auf Arealen eingeräumt, die rechtlich nicht zum Gebiet der Eisenbahnen des Bundes gehören?
  4. Übernimmt die Polizei Nordrhein-Westfalen auf Gebieten, die rechtlich zu Flächen der Eisenbahnen des Bundes gehören, anstelle der Bundespolizei, die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 3 BPolG?
  5. Wenn Frage 4 mit „ja“ beantwortet wird: In welchen Bahnhöfen aus welchem Grund? (bitte rechtliche Grundlage angeben)

Markus Wagner

 

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1 Drs. 19/32018 Kriminalitätsfelder in Bezug auf Bahnhöfe und Züge im ersten Halbjahr 2021

2 Drs. 19/32018 Kriminalitätsfelder in Bezug auf Bahnhöfe und Züge im ersten Halbjahr 2021

3 https://www.soester-anzeiger.de/lokales/soest/angstraum-soester-bahnhof-kriminalitaet-letzten-wochen-gestiegen-13370942.html


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6156 mit Schreiben vom 29. Dezember 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Verkehr beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Eine landesweite Erhebung in allen Kreispolizeibehörden zur Erstellung einer belastungsbe­zogenen Rangfolge aller Bahnhöfe und zur detaillierten Beantwortung der weiteren Fragestel­lung ist mit einem vertretbaren Aufwand und binnen der zur Beantwortung der Kleinen Anfrage vorgegebenen Frist nicht möglich. Insofern wurde die Erhebung auf die fünf größten Bahnhöfe in Nordrhein-Westfalen (Düsseldorf, Köln, Essen, Dortmund und Duisburg) beschränkt. Da die Begrifflichkeit Bahnhofsumfeld nicht legaldefiniert ist, wurden bei der Erhebung der Einsatz­zahlen neben dem Hauptbahnhof auch Bahnhofsvorplätze und angrenzende Straßenzüge be­rücksichtigt.

  1. Welches sind die zehn nordrhein-westfälischen Bahnhöfe mit den meisten Polizei­einsätzen im Bahnhofsumfeld im Zeitraum vom 01. Januar 2021 bis heute?

Bei den nachfolgenden Zahlen handelt es sich ausschließlich um Zahlen der Landespolizei, die sich auf den Auswertezeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 30. November 2021 beziehen:

  • Hauptbahnhof Düsseldorf: 1422 Einsätze
  • Hauptbahnhof Köln: 1047 Einsätze
  • Hauptbahnhof Essen: 811 Einsätze
  • Hauptbahnhof Dortmund: 781 Einsätze
  • Hauptbahnhof Duisburg: 523 Einsätze
  1. Welche Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten wurden im Zuständigkeitsbe­reich der Polizei Nordrhein-Westfalen an diesen Bahnhöfen begangen? (Bitte Tat­verdächtige, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaf­ten der Tatverdächtigen, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige poli­zeilichen Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen)

Als Datenbasis für die Beantwortung der Frage nach den Straftatbeständen dient die Polizei­liche Kriminalstatistik (PKS). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Regeln erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Auswertung bezieht sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 30. November 2021. Daten des laufenden Jahres sind in der PKS nicht qualitätsgesichert. Durch Nacherfassungen und fachliche Korrekturen können sich Veränderungen ergeben. Verfahren in der Zuständig­keit der Bundespolizei wurden in der Auswertung nicht aufgenommen.

Örtlich berücksichtigt wurden die Hauptbahnhöfe der Städte Köln, Essen, Düsseldorf, Duis­burg und Dortmund, deren Vorplätze sowie angrenzende Straßenbereiche, soweit dort Fälle mit einem Bahnhofsbezug festgestellt wurden.

Die Anlagen 1 bis 5 weisen getrennt nach den Städten die Anzahl der erfassten Straftaten aufgeschlüsselt nach Delikten, die Anzahl der Tatverdächtigen aufgeschlüsselt nach Delikten, die Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen und die Vornamen der deutschen Tatverdäch­tigen aus.

Daten zu Ordnungswidrigkeiten, zu Vorstrafen von Tatverdächtigen sowie zu sonstigen poli­zeilichen Erkenntnissen werden in der PKS nicht erfasst.

  1. An welchen dieser oder anderer Bahnhöfe ist der Bundespolizei entsprechend § 65 Absatz 1 BPolG kooperationsrechtlich eine Zuständigkeit nach § 3 BPolG auf Area­len eingeräumt, die rechtlich nicht zum Gebiet der Eisenbahnen des Bundes gehö­ren?

Außerhalb der originären gefahrenabwehrenden Zuständigkeit erfolgt ein Einschreiten der Bundespolizei im Zuständigkeitsbereich der Polizei Nordrhein-Westfalen auf Grundlage des § 65 Abs. 1 Gesetz über die Bundespolizei (BPolG) i. V. m. § 9 des Gesetzes über die Orga­nisation und die Zuständigkeit der Polizei im Lande Nordrhein-Westfalen (POG NRW). Dar­über hinaus besteht zwischen der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin und dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-Westfalen eine „Zusammenarbeitsvereinbarung zur Bewältigung von Einsätzen aus besonderem Anlass“. Diese enthält Regelungen zur Füh­rung und Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Bewältigung von Ein- sätzen aus besonde­rem Anlass. Deliktsfelder der „Straßenkriminalität“ werden von dieser Zusammenarbeitsver­einbarung nicht berücksichtigt.

  1. Übernimmt die Polizei Nordrhein-Westfalen auf Gebieten, die rechtlich zu Flächen der Eisenbahnen des Bundes gehören, anstelle der Bundespolizei, die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne von § 3 BPolG?

Ja.

  1. Wenn Frage 4 mit „ja“ beantwortet wird: In welchen Bahnhöfen aus welchem Grund? (bitte rechtliche Grundlage angeben)

Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte des Landes Nordrhein-Westfalen kön­nen grundsätzlich auf Rechtsgrundlage des § 64 BPolG i. V. m. § 8 POG NRW auf Gebieten, die rechtlich zu Flächen der Eisenbahn des Bundes gehören, tätig werden. Eine Differenzie­rung der Bahnhöfe erfolgt hier nicht. In der Kreispolizeibehörde Köln wurden darüber hinaus die Zuständigkeitsgrenzen für den Bereich der Bahnhofsvorplätze des Kölner Hauptbahnhofes im Rahmen einer Zuständigkeitsvereinbarung klar festgelegt. Eine Zuständigkeitsübernahme im Sinne der Anfrage geht damit nicht einher. Darüber hinaus wird auf Gebieten, die rechtlich zu Flächen der Eisenbahnen des Bundes gehören, die Polizei Nordrhein-Westfalen in folgen­den Fällen tätig, wenn die zuständige Bundespolizeibehörde die erforderlichen Maßnahmen nicht rechtzeitig treffen kann:

  • zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr
  • zur Verfolgung von Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 BPolG auf frischer Tat
  • zur Verfolgung und Wiederergreifung von aus dem Gewahrsam der Bundespolizei Ent­wichenen.

Abschließend ist festzuhalten, dass auf Grundlage des Erlasses des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2018, 413-60.10.04 in den Kreispolizeibehörden Dortmund, Düsseldorf, Essen und Köln quartalsmäßig gemeinsame Schwerpunkteinsätze in den Zuständigkeitsbereichen der Bundespolizei und der Polizei des Landes Nordrhein-West­falen stattfinden. Die Zielrichtung der gemeinsamen Schwerpunkteinsätze ist die Stärkung des Sicherheitsgefühls von Nutzern des öffentlichen Personenverkehrs sowie die Vereitelung und Verfolgung von Straftaten. Darüber hinaus haben alle Kreispolizeibehörden die Möglichkeit, eigenständig Einsätze und Kontrollen in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei zu planen und durchzuführen. Eine Kontrolle dieser Einsätze erfolgt nicht.

 

Antwort samt Anlagen als PDF

Beteiligte:
Markus Wagner