Zustand der Rheinbrücken

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 967
des Abgeordneten Klaus Esser vom 05.01.2022

Zustand der Rheinbrücken

Ob Leverkusener Brücke, Fleher Brücke oder Mülheimer Brücke: Viele Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen werden saniert. Kapazitäten für Neubau sind nicht eingeplant und der Verkehrsminister hat Erwartungen zu neuen Rheinbrücken gerade erst eine Absage erteilt.1

Wie der Leverkusener Brücke geht es auch vielen anderen Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen. Die fast baugleiche Rheinbrücke Neuenkamp in Duisburg wurde ebenfalls mit einer Ampel- und Schrankenanlage versehen und für Fahrzeuge mit mehr als 40 t Gesamtgewicht gesperrt. In Leverkusen ist die Nutzung auf Fahrzeuge mit nur 3,5 t beschränkt. Auch die Fleher Brücke in Düsseldorf wird saniert. Bei der Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf steht eine Sanierung oder gar ein Neubau noch aus, aber bereits jetzt ist diese wichtige Ost-West-Achse im Düsseldorfer Norden für Verkehr über 30 t gesperrt.

Dabei ist es für die Bürger, Autofahrer und Pendler in Nordrhein-Westfalen unerheblich, dass von den 23 nordrhein-westfälischen Straßenbrücken über den Rhein elf in kommunaler Trägerschaft sind oder die übrigen zwölf Brücken in der Baulast des Bundes stehen. Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister hat unlängst bei Baumaßnahmen an Autobahnen das Prinzip Bestanderhalt vor Neubau betont, obwohl etwaige Ausbaumaßnahmen überhaupt nicht in den Aufgabenbereich des Landesverkehrsministers fallen.2

Die Dringlichkeit der Instandsetzung stellt sich insbesondere für Bauwerke aus der Nachkriegszeit bis in die frühen 1970er Jahre. Die Mehrzahl der Rheinbrücken in Nordrhein-Westfalen ist älter als 50 Jahre. Ein besonderes Augenmerk liegt daher auf folgenden Rheinbrücken:

– Bonn – Konrad-Adenauer-Brücke (1972)

– Köln – Severinsbrücke (1959)

– Köln – Zoobrücke (1966)

– Köln – Mülheimer Brücke (1951)

– Neuss–Düsseldorf – Fleher Brücke (1979)

– Neuss–Düsseldorf – Josef-Kardinal-Frings-Brücke (1951)

– Düsseldorf – Rheinkniebrücke (1969)

– Düsseldorf – Oberkasseler Brücke (1976)

– Düsseldorf – Theodor-Heuss-Brücke (1957)

– Krefeld-Uerdingen–Duisburg-Mündelheim Krefeld-Uerdinger Brücke (1950)

– Duisburg-Rheinhausen–Duisburg-Hochfeld – Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke (1949)

– Duisburg-Rheinhausen–Duisburg-Hochfeld – Brücke der Solidarität (1950)

– Duisburg-Homberg–Duisburg-Ruhrort – Friedrich-Ebert-Brücke (1954)

– Duisburg-Beeckerwerth – Haus-Knipp-Eisenbahnbrücke (1912 und 1946 wiederaufgebaut)

– Rees – Rheinbrücke Rees-Kalkar (1967)

– Emmerich am Rhein – Rheinbrücke Emmerich (1965)

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. In welchem baulichen Zustand befinden sich die oben genannten Rheinbrücken?
  2. Wie hoch schätzen die zuständigen Aufsichtsbehörden bei Fortbestehen der derzeitigen Nutzung bzw. bereits bestehenden Nutzungseinschränkungen für einzelne Fahrzeuge die noch verbleibende Gesamtnutzungsdauer der obigen Rheinbrücken?
  3. Ist mit Neubauten von Rheinbrücken bis 2027 zu rechnen?
  4. Welche Sanierungen von Rheinbrücken sind bis 2027 avisiert?
  5. Wie bewertet die Landesregierung die sich verschärfende Verkehrslage in Nordrhein-Westfalen, die durch zunehmende Nutzungseinschränkungen bzw. Befahrungsverbote der Rheinbrücken einhergeht?

Klaus Esser

 

Anfrage als PDF

 

1 H t t p s :/ / w w w . k s t a . d e/ koeln/nrw-verkehrsminister-kaum-chancen-fuer-neue-rheinbruecke-in-koeln-379675

2 H t t p s: / / w ww . f a z.net/agenturmeldungen/dpa/krischer-stellt-ausbauprojekte-an-a1-und-a3-bei-koeln-infrage-18544895.html


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 967 mit Schrei­ben vom 6. Februar 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

Von den in der Kleinen Anfrage genannten 16 Rheinbrücken befinden sich 2 in Baulast des Bundes, 2 in Baulast der DB Netz AG, 3 in Auftragsverwaltung des Bundes und 9 in kommu­naler Baulast.

Bezüglich der Autobahnquerungen des Rheins in der Baulast des Bundes wurde das Bundes­ministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zur Beantwortung der Kleinen Anfrage um In­formation gebeten. In seiner Antwort verweist das BMDV auf die regelmäßigen Veranstaltun­gen der Autobahngesellschaft des Bundes (AdB) Informationsforum Rheinbrücken Nord und Süd, die zuletzt für Nord am 14. Dezember 2022 und für Süd am 13. Dezember 2022 stattfan­den. Die vom BMDV übermittelten Präsentationen der AdB sind als Anlage beigefügt.

Bei den benannten Rheinbrücken in kommunaler Straßenbaulast kann das Land lediglich als potenzieller Fördergeber angesprochen sein. Die Landesregierung verfügt insofern nicht über die erbetenen Angaben etwa zum baulichen Zustand oder zur verbleibenden Gesamtnut­zungsdauer. Die kommunalen Baulastträger unterliegen gegenüber dem Land keinerlei Be­richtspflichten zum Zustand ihrer Brückenbauwerke.

Bezüglich der Bauwerke in Baulast der Bahn wurde ein Beitrag der DB Netz AG angefordert. Die Antworten der DB Netz AG finden sich in den entsprechenden Antwortbeiträgen wieder.

Zu den Brücken in Auftragsverwaltung und damit in Zuständigkeit der Landesregierung wurde der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) um eine Stellungnahme gebeten, die wiederum in die Beantwortung der Fragen eingegangen ist.

  1. In welchem baulichen Zustand befinden sich die oben genannten Rheinbrücken?

Die Rheinbrücke Krefeld im Zuge der B 288 weist gemäß Bauwerksprüfung nach DIN 1076 eine Zustandsnote von 2,7 3mit mittelfristigen Maßnahmeempfehlungen zur Instandsetzung auf. Aktuell werden kleinere Instandsetzungsarbeiten durchgeführt. Darüber hinaus erfolgt zur­zeit eine Nachrechnung gemäß Nachrechnungsrichtlinie. Aus den Ergebnissen kann sich eine neue Bewertung ergeben.

Die Rheinbrücke Rees im Zuge der B 67 ist gemäß Bauwerksprüfung nach DIN 1076 mit einer Zustandsnote von 2,3 mit mittelfristigen Maßnahmeempfehlungen zur Instandsetzung bewer­tet. Zur Beurteilung der Zukunftsfähigkeit wird das Bauwerk derzeit nachgerechnet. Aus den Ergebnissen kann sich eine neue Bewertung ergeben.

Die Rheinbrücke Emmerich im Zuge der B 220 hat gemäß Bauwerksprüfung nach DIN 1076eine Zustandsnote von 2,7 und wird zurzeit instandgesetzt.

Sowohl die Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke als auch die Haus-Knipp-Eisenbahnbrücke befinden sich nach Auskunft der DB Infrastruktur-Tochter DB Netz AG in einem altersbeding­ten gewöhnlichem Zustand (Zustandskategorie 3 von 4 der DB Netz AG, zu den Zustandska­tegorien vgl. https://bruecken.deutschebahn.com/fragen-und-antworten-1).

In Bezug auf die Rheinbrücken im Zuge von Autobahnen sowie in kommunaler Baulast vgl. Vorbemerkung zu der Antwort auf die Kleine Anfrage.

  1. Wie hoch schätzen die zuständigen Aufsichtsbehörden bei Fortbestehen der der­zeitigen Nutzung bzw. bereits bestehenden Nutzungseinschränkungen für ein­zelne Fahrzeuge die noch verbleibende Gesamtnutzungsdauer der obigen Rhein­brücken?

Eine Einschätzung der verbleibenden theoretischen Restnutzungsdauer bei den Straßenbrü­cken in Zuständigkeit des Bundes und des Landes erfolgt durch die zuständigen Baulastträger auf Grundlage einer Nachrechnung gemäß Nachrechnungsrichtlinie.

Die Nachrechnung der Rheinbrücke Krefeld im Zuge der B 288 steht kurz vor dem Abschluss. Die Ergebnisse weiterer Untersuchungen werden integriert. Anschließend wird die Zukunfts­fähigkeit des Bauwerks analysiert und zu bewerten sein.

Die Nachrechnung der Rheinbrücke Rees im Zuge der B 67 ist nahezu abgeschlossen. Über die verbleibende Restnutzungsdauer und den Umfang der Instandsetzungsmaßnahmen wird in Kürze zu entscheiden sein.

Im Zusammenhang mit der Rheinbrücke Emmerich im Zuge der B 220 ist die vorläufige Rest­nutzungsdauer der Vorlandbrücke gemäß Nachrechnung bis 2033 festgelegt. Die derzeitige Einschränkung der Restnutzungsdauer der Strombrücke bis zum Jahr 2024 kann nach Ab­schluss der zurzeit laufenden Instandsetzungsarbeiten an den Tragseilen aufgehoben werden.

3 Zustandsnote nach DIN 1076 (Notenspektrum 1,0 – 4,0, wobei 1,0 die beste Note darstellt), die den äußeren Erhaltungszustand eines Bauwerkes charakterisiert nach den Kriterien Standsicherheit, Ver­kehrssicherheit und Dauerhaftigkeit.

Die Gesamtnutzungsdauer ohne Nutzungseinschränkungen für einzelne Fahrzeuge wird von der DB Netz AG bei der Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke bis auf 2040, bei der Haus-Knipp-Eisenbahnbrücke bis auf 2035 angegeben.

In Bezug auf die Rheinbrücken im Zuge von Autobahnen sowie in kommunaler Baulast vgl. Vorbemerkung zu der Antwort auf die Kleine Anfrage.

  1. Ist mit Neubauten von Rheinbrücken bis 2027 zu rechnen?

Bei den genannten drei Rheinbrücken in der Zuständigkeit des Landes ist bis 2027 kein Neu­bau geplant.

Mit einem Neubau der beiden Eisenbahnbrücken ist nach Auskunft der DB Netz AG bis zum Jahr 2027 nicht zu rechnen.

In Bezug auf die Rheinbrücken im Zuge von Autobahnen sowie in kommunaler Baulast vgl. Vorbemerkung zu der Antwort auf die Kleine Anfrage.

  1. Welche Sanierungen von Rheinbrücken sind bis 2027 avisiert?

Art und Umfang möglicher Instandsetzungsmaßnahmen in Bezug auf die Rheinbrücke Krefeld im Zuge der B 288 werden auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Nachrechnung festzulegen sein. Diese bleiben abzuwarten. Die Instandsetzung der Fahrbahnplatte ist bereits in Planung.

Die Art und der Umfang möglicher Instandsetzungsmaßnahmen an der Rheinbrücke Rees im Zuge der B 67 werden auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Nachrechnung festzu­legen sein. Diese bleiben abzuwarten.

In Bezug auf die Rheinbrücke Emmerich im Zuge der B 220 ist eine Ertüchtigung der Stahl­konstruktion der Strombrücke für die aktuelle und prognostizierte Verkehrsbelastung vorgese­hen. Weiter sollen umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen (Instandsetzung der Seile und Pylone, Erneuerung der Fahrbahn und der Schutzeinrichtungen, Erneuerung des Korrosions­schutzes der Stahlkonstruktion unterhalb der Fahrbahn und Entwässerungseinrichtungen, Be­toninstandsetzung der Verankerungskörper, Verstärkung durch Torsionsverbände) erfolgen.

Die DB Netz AG sieht bei der Duisburg-Hochfelder Eisenbahnbrücke nach aktuellem Stand bis 2027 die Gehwegerneuerung auf dem Brückenbauwerk vor, bei der Haus-Knipp-Eisen-bahnbrücke die Lagererneuerung sowie die punktuelle stahlbaumäßige Instandsetzung am Fachwerk.

In Bezug auf die Rheinbrücken im Zuge von Autobahnen sowie in kommunaler Baulast vgl. Vorbemerkung zu der Antwort auf die Kleine Anfrage.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die sich verschärfende Verkehrslage in Nord­rhein-Westfalen, die durch zunehmende Nutzungseinschränkungen bzw. Befahrungsverbote der Rheinbrücken einhergeht?

Die Landesregierung setzt sich dafür ein, Maßnahmen mit langem Planungshorizont frühzeitig zu beginnen, so dass es nicht zu plötzlichen Nutzungseinschränkungen kommt. Die Maßnah­men sind untereinander so abzustimmen, dass Umleitungsstrecken bei den Rheinbrücken nicht gleichzeitig blockiert werden. Mit Fertigstellung der Rheinbrücken Neuenkamp und Le­verkusen in den nächsten Jahren ist eine Entlastung der umliegenden Rheinbrücken zu er­warten.

 

Antwort samt Anlage als PDF

Beteiligte:
Klaus Esser