Christian Lindner kritisierte im Rahmen der letztwöchigen Plenarsitzung den AfD-Fraktionsvorsitzenden Marcus Pretzell für dessen Sitz im Europäischen Parlament mit den Worten: „Sie blockieren das Mandat, auf dem ein Abgeordneter die Interessen des deutschen Volkes wahrnehmen könnte.“
Was zunächst durchaus schlüssig wirkt, wird bei näherem Hinschauen leicht als Nebelkerze entlarvt. Zunächst einmal ist festzustellen, dass Pretzell das EU-Mandat nur auf Wunsch seiner Fraktion behält, bis nach der Bundestagswahl ein sicherer Nachrücker bereit steht. Vor allem aber erweist sich Lindners plötzliche Sorge um die Interessen des deutschen Volkes als pure Heuchelei.
Denn während der AfD-Fraktionsvorsitzende neben seinen Brüsseler Verpflichtungen täglich im Landtag präsent ist und aus dem Doppelmandat keinerlei finanziellen Vorteil zieht, lässt der FDP-Spitzenkandidat seinen Bundestagswahlkampf vom nordrhein-westfälischen Steuerzahler mit einer fünfstelligen Summe monatlich finanzieren. Und taucht im Landtag bestensfalls zu den Plenarsitzungen auf – dann allerdings sehr öffentlichkeitswirksam.
„Sich viereinhalb Monate Bundestagswahlkampf von den Bürgern alimentieren zu lassen, ist ehrenrührig und wirft kein sonderlich gutes Licht auf die Freien Demokraten“, ist sich Marcus Pretzell sicher. „Wenn man zudem noch als Dessous-Model, Rennfahrer und auf Tinder unterwegs ist, setzt man zwar Lifestyle-Maßstäbe, fällt aber als politisch-moralische Instanz aus.“