Hält die Landesregierung an ihrer Position zur Abschaffung des Verbandsklagerechts fest?

Kleine Anfrage
vom 25.06.2018

Kleine Anfrage 1193des Abgeordneten Dr. Christian Blex vom 22.06.2018

 

Hält die Landesregierung an ihrer Position zur Abschaffung des Verbandsklagerechts fest?

Das Verbandsklagerecht NRW wurde von den Regierungsfraktionen CDU und FDP, als diese noch in der Opposition waren, immer wieder kritisiert. So führte der Abgeordnete Ortgies der CDU im Umweltausschuss aus (Drucksache 16/14419), dass das Gesetz „[…] inhaltlich überflüssig [sei], da es auch ohne das Verbandsklagerecht bereits ausreichend Mitwirkungsrechte von Tierschutzverbänden beim Verwaltungshandeln gebe.

Stattdessen werde es von den Verbänden genutzt, um Vorhaben zu verzögern oder zu verhindern. Damit widerspreche es eindeutig der Intention des Gesetzes. Das Tierschutzniveau in Deutschland sei international auf sehr hohem Stand. Die Behörden und Tierärzte in Nordrhein-Westfalen würden auch ohne das Verbandsklagerecht eine hervorragende Arbeit zum Wohle der Tiere leisten. […]Dem Wohl der Tiere habe dieses Gesetz bisher nicht erkennbar genutzt. Stattdessen würde es von den Verbänden politisch eingesetzt, um Vorhaben zu verhindern oder Stimmung gegen die Landwirtschaft zu machen.

So schrieben Tierschutzorganisationen pauschal Behörden bzw. Landwirte an, welche beabsichtigten, eine Modernisierung und Erweiterung von Tierhaltungsanlagen vorzunehmen, um den Druck schon vor der Bauphase entsprechend zu erhöhen. Auf diese Weise würde die Verbesserung von Haltungsbedingungen durch moderne Stallanlagen eher verhindert als gefördert. Nicht also das Wohl der Tiere, dem in modernen Ställen in aller Regel viel besser gedient sei als in alten, stehe im Vordergrund, sondern das Vorhaben an sich. Es gehe also einzig und allein um die versuchte Verhinderung.“ Außerdem „[…] könnten schon begrifflich sog. Tierrechtsorganisationen, die jegliches „Zu-Nutze-Machen“ von Tieren ablehnten, nicht sachverständige Organisationen für die tierschutzgerechte Haltung von Tieren sein. Zum anderen habe sich die konkrete Auswahl der anerkannten Tierschutzorganisationen durch die Landesregierung als höchst zweifelhaft erwiesen.“

Neben den in Nordrhein-Westfalen anerkannten Tierschutzverbänden können bundesweit auch Umweltverbände gegen erteilte Stallbaugenehmigungen klagen. Hauptangriffspunkt ist dabei die Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der die Verbände meist die Bewertungsmaßstäbe und Prüftiefe des Genehmigungsverfahrens in Frage stellen. Das Resultat ist dann eine hohe Unsicherheit bei Landwirten, die Investitionen hemmt und eine hohe Belastung von Behörden und Gerichten.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Welche Vorteile bezüglich der Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für viehhaltende, landwirtschaftliche Betriebe erwartet die Landesregierung von einer Abschaffung des Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine in NRW?

2. Wie plant die Landesregierung das Ziel ihres Koalitionsvertrages NRW zur Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für landwirtschaftliche Betriebe konkret umzusetzen?

3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung für die Stärkung des Tierschutzes in NRW?

4. Welchen Änderungsbedarf sieht die Landesregierung beim UVP-Gesetz?

5. Wie steht die Landesregierung zu einem bundesweiten Klagerecht für Tierschutzvereine?

Dr. Christian Blex

 

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Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 01.08.2018

 

Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 1193 mit Schreiben vom 1. August 2018 namens der Landesregierung im Einverneh­men mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und dem Minister der Justiz beantwortet.

1. Welche Vorteile bezüglich der Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für viehhaltende, landwirtschaftliche Betriebe erwartet die Landesregierung von einer Abschaffung des Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine in NRW?

Derzeit läuft eine Evaluation des Gesetzes über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungs­rechte für Tierschutzvereine (TierschutzVMG). Insofern kann die Landesregierung derzeit noch keine Aussagen über bestimmte Auswirkungen von einer zu gegebener Zeit zu treffen­den Entscheidung tätigen.

2. Wie plant die Landesregierung das Ziel ihres Koalitionsvertrages NRW zur Verein­fachung von Genehmigungsverfahren für landwirtschaftliche Betriebe konkret umzusetzen?

Bauvorhaben, die landwirtschaftlichen Betrieben dienen, werden in der Regel nach Baurecht genehmigt. Die mit dem Baurechtsmodernisierungsgesetz geplanten Vereinfachungen gelten grds. auch für solche Bauvorhaben.

Größere Betriebe zur Tierhaltung oder zur Erzeugung von Biogas benötigen darüber hinaus eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Die rechtlichen Anforderungen an diese Ge­nehmigungen leiten sich aus einer Vielzahl von Rechtsvorschriften ab. Das MULNV erstellt daher aktuell einen Leitfaden zur Durchführung von Genehmigungsverfahren für Tierhaltungs-anlagen, der sowohl Genehmigungsbehörden als auch Planer und Antragsteller auf die rele­vanten Regelungen zu immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hinweist und diese erläutert.

3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung für die Stärkung des Tierschutzes in NRW?

Eine zentrale Maßnahme ist die Einrichtung der „Projektgruppe Nutztierhaltungsstrategie“. Tierschutz kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist eingebettet in ein komplexes The­mengebiet, das vor allem auch Fragen der Umwelt, der Nachhaltigkeit und der Verbraucher­akzeptanz betrifft. Insofern wird auf den Landtagsbericht vom 29. März 2018 (LT-Vorlage 17/666) verwiesen.

4. Welchen Änderungsbedarf sieht die Landesregierung beim UVP-Gesetz?

Hinsichtlich des angesprochenen Verbandsklagerechts für Tierschutzvereine ergibt sich we­der für das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung des Bundes noch für das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Land Nordrhein-Westfalen ein Änderungsbedarf.

5. Wie steht die Landesregierung zu einem bundesweiten Klagerecht für Tierschutz­vereine?

Entsprechend der Antwort zu Frage 1 kann die Landesregierung auch zu dieser Frage erst nach Abschluss der laufenden Evaluation Stellung beziehen.

 

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