In der Toskana eine Pension betreiben oder ein deutsches Biergeschäft in Polen eröffnen? Als EU-Bürger stehen Deutschen solche Unternehmungen frei. Die EU-Freizügigkeitsrichtlinie erlaubt es Unionsbürgern, sich in der EU niederzulassen, sofern sie eine Arbeit haben oder über ausreichende Finanzmittel verfügen.
Aber warum leben in NRW dann hunderte EU-Bürger mit „Duldungsstatus“?
Zum Stichtag 28.02.2019 waren 424 bei uns lebende EU-Bürger ausreisepflichtig – die meisten Kroaten, Bulgaren und Rumänen. Doch sie wurden nicht abgeschoben, sondern „geduldet“. Sie genießen also kein Freizügigkeitsrecht mehr.
Das Freizügigkeitsrecht darf nur aus triftigen Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aberkannt werden – oder wenn der Niedergelassene falsche Angaben über ein Arbeitsverhältnis gemacht hat und stattdessen in erheblichem Umfang Sozialleistungen in Anspruch nimmt!
Scheitert er oder sie an der Arbeitsplatzsuche und Integration, kann er nach Prüfung der Ausländerbehörden innerhalb der ersten fünf Jahre auch dann noch in sein Heimatland abgeschoben werden.
Die integrationspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, Gabriele Walger-Demolsky, hat die Landesregierung gefragt, wie vielen der „geduldeten“ EU-Bürgern in NRW die Freizügigkeit entzogen wurde und mit welcher Begründung. Wie so oft, wenn es um Fragen zum Bleiberecht geht, fällt die Antwort ernüchternd aus.
Die Antwort in diesem Fall: die NRW-Regierung hat keine. Das Ausländerzentralregister erhebt solche Daten nicht. Warum es das nicht tut, darüber lässt sich lang spekulieren. Doch es wird noch besser.
Die meisten „geduldeten“ EU-Bürger schützt weder ein verlorengegangenes Dokument noch ein laufender Gerichtsprozess, eine Krankheit oder eine Ausbildung vor der Abschiebung. Sie schützt Paragraf 60a, Abs. 2, Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes: „aus sonstigen Gründen“!
„Darunter lässt sich vieles abhaken“, kommentiert Gabriele Walger-Demolsky.
„Ich weiß nicht, was mich mehr überrascht: dass die Landesregierung nicht weiß, wie vielen der bei uns geduldeten Personen das Freizügigkeitsrecht aberkannt wurde, oder dass diese, warum auch immer, nicht abgeschoben werden. Vielleicht scheut sie ja den Aufwand, weil sie genau weiß, dass diese Personen bei offenen Grenzen ganz schnell wieder zurück sein könnten.“
➡ Zum AfD-Antrag und Antwort der Landesregierung: https://bit.ly/32bHcCe