Rechte und Bedürfnisse von Kindern mahnend in den Fokus rücken – den Weltkinder­tag am 20. September zum gesetzlichen Feiertag erklären!

Antrag
vom 08.09.2020

Antragder AfD-Fraktion vom 08.09.2020

 

Rechte und Bedürfnisse von Kindern mahnend in den Fokus rücken – den Weltkinder­tag am 20. September zum gesetzlichen Feiertag erklären!

I. Ausgangslage

Während der 9. Vollversammlung der Vereinten Nationen, die am 21. September 1954 statt-fand1, wurde den Mitgliedsstaaten die Empfehlung ausgesprochen, einen Weltkindertag ein­zurichten. Darüber hinaus wurde seitens der Regierungen eine Übereinkunft zu einer regel­mäßigen öffentlichen Unterstützung der Arbeit des Kinderhilfswerks von UNICEF getroffen, um weltweit die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Die Bundesrepublik Deutschland entschied bei der Verabschiedung der Resolution von 1954, den Weltkindertag auf den 20. September zu legen2.

Bis auf vereinzelte Aktionen und Veranstaltungen, die von der Bevölkerung in Deutschland eher marginal wahrgenommen wurden, schaffte es der Weltkindertag bis heute jedoch nicht, die Symbolkraft zu entfalten, für die er eigentlich ins Leben gerufen worden war.

Die UN-Kinderrechtskonvention von 1989 wurde von der Bundesrepublik Deutschland am 6. März 1992 ratifiziert, so dass sie am 5. April 1992 in Kraft trat, allerdings unter einem Vor­behalt, der am 15. Juli 2010 durch Hinterlegung einer Rücknahmeerklärung bei den Vereinten Nationen zurückgenommen wurde3. In 54 Artikeln sind die verbindlichen Mindeststandards festgehalten4. In den Einzelartikeln finden sich Aspekte wie der Schutz vor Diskriminierung5, das Recht auf einen Namen und eine Staatsangehörigkeit, das Recht auf Gesundheit, Bildung, Familie und elterliche Fürsorge. Die Konvention bietet Schutz vor Gewaltanwendung und Miss­handlung, den Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung und fordert die Festsetzung eines Min­destalters für Kinderarbeit6.

Bis auf die USA haben alle UN-Mitgliedstaaten, insgesamt 196, die Konvention inzwischen ratifiziert7. 30 Jahre nach Inkrafttreten zieht das UN-Kinderhilfswerk Bilanz: Die Zahl der Kinder, die vor ihrem fünften Geburtstag sterben, ist seit 1990 von über 12 Millionen auf rund fünf Millionen gesunken und der Anteil der Kinderarbeiter sank um ein Drittel.

Im Zuge der Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention begann das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW) damit, den 20. September zunehmend mit Feierlichkeiten in den Vordergrund zu brin­gen und damit aus der nicht sehr beachteten Nische in die öffentliche Beachtung zu rücken. Seit diesem Tag werden bis heute am 20. September in mehr als 400 Städten und Gemeinden Kinder- und Familienfeste gefeiert, Ausstellungen gezeigt, Diskussionsrunden zwischen Kin­dern und Politikern organisiert sowie kommunalpolitische Debatten mit Kindern über Kinder­freundlichkeit geführt. Die deutsche Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention wurde gleich­sam zur Initialzündung für eine Renaissance des Weltkindertages. Dieses Ereignis jährte sich im Jahre 2019 zum 30. Mal. Vor diesem Hintergrund sollte sichergestellt werden, dass der doch eigentlich symbolträchtige Tag mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Insbesondere während der Schul- und KiTa-Schließungen im Zuge der Corona-Pandemie fielen für Familien in der Grundsicherung wichtige Versorgungsinfrastrukturen, wie beispielsweise das kosten­lose Mittagessen8, aus. Aber auch in den Bereichen Bildung, sozialer Teilhabe sowie dem Bereich Gesundheit verschärfte sich die defizitäre Lage laut Aussage von Soziologen weiter9.

Des Weiteren gibt die Bertelsmann-Studie ein klares Bild über die Lage in NRW10. Jedes fünfte Kind in NRW wird in einer Familie groß, die von Arbeitslosengeld (ALG) II lebt. Jedes dritte Paar mit mehr als zwei Kindern gilt als armutsgefährdet. Besonders betroffen sind die Unter-Dreijährigen und die Drei- bis Sechsjährigen. Mehr als die Hälfte der betroffenen Kinder lebt länger als drei Jahre vom ALG II. In der Städteregion Aachen – Düren erhält jedes fünfte Kind ALG II-Leistungen. Das Ruhrgebiet ist besonders betroffen. In Gelsenkirchen leben fast 40 Prozent Kinder, die ALG II erhalten, in Essen, Düsseldorf und Duisburg sind es sogar noch mehr11. Hinzu kommt, dass von Armut betroffene Schüler eher von Ausgrenzung, Hänseleien12 und körperlicher Gewalt betroffen sind13. Sie haben auch schlechtere Bildungschancen in der Schule.

Derweil scheinen in der Gesellschaft die Belange von Kindern zunehmend durch Tendenzen zurückgedrängt zu werden, die Mobilisierung, Flexibilisierung, Enttraditionalisierung und Indi­vidualisierung in den Vordergrund stellen. Familien haben im Zuge dieser Entwicklung immer weniger Zeit, die sie gemeinsam dem Wohle ihrer Kinder widmen können. Darüber hinaus erfährt die Philosophie des Antinatalismus14, welche in den 70er Jahren maßgeblich vom „Club of Rome“ geprägt wurde15, ein neues Hoch in den westlich geprägten Gesellschaften.

Gebärstreiks im Namen des Klimas16 und Spots, die gegen Kinder und für mehr Individualis­mus werben, sind Anzeichen für eine nihilistische und egozentrische Entwicklung, die auch in Deutschland ihre Facetten manifestiert.

Gerade vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wird deutlich, wie wichtig der Kinderschutz ist aus gutem Grund wurde vom Landtag NRW eine Kinderschutzkommission eingerichtet.

Der Weltkindertag als Feiertag, der Familien vereint, Kinder und vor allem die Zeit mit Kindern zelebriert und ermöglicht, wäre nicht nur rein symbolisch, sondern würde auch in NRW einen bedeutsamen Beitrag leisten, die Bedürfnisse von Kindern mehr in den Fokus zu rücken.

II. Der Landtag stellt daher fest:

  1. Die Bekämpfung von Kinderarmut gehört nach wie vor zu den größten und wichtigsten Herausforderungen unserer Gesellschaft.
  2. Kinder laufen Gefahr, im Zuge der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen zuneh­mend marginalisiert zu werden.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

den 20. September in NRW zum Feiertag zu erklären, um damit einen Beitrag zur weiteren Umsetzung der von Deutschland ratifizierten UN-Kinderrechtskonvention zu leisten.

Iris Dworeck-Danielowski
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://de.wikipedia.org/wiki/Kindertag.

2 Vgl. hierzu https://www.weltkindertag.de.

3 In dem Vorbehalt hatte Ausländerrecht Vorrang vor der UN – Kinderrechtskonvention, vgl. hierzu https://www.kinderrechtskonvention.info/vorbehaltserklaerung-deutschlands-356/.

4 https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention.

5 https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/kinder-und-jugend/kinderrechte/vn-kinderrechtskonvention/vn-kinderrechtskonvention/86544.

6 https://www.kinderrechtskonvention.info/.

7 https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/195229/30-jahre-un-kinderrechtskonvention.

8 So wird der Verzicht auf eine kostenlose warme Mahlzeit, die Ganztagsbetreuung und adäquate Lernmittel sehr kritisch gesehen, vgl. https://www.hage.de/arbeitsfelder/gesundheitliche-chancen-gleichheit/hilfreiche-quellen-und-unterstuetzungsangebote-in-zeiten-der-corona-pandemie/.

9 Vgl. z. B.: https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/coronavirus/307702/soziale-folgen.

10 https://rp-online.de/nrw/panorama/bertelsmann-studie-zu-kinderarmut-so-arm-sind-kinder-in-nrw_aid-17731329

11 https://www1.wdr.de/nachrichten/armutsbericht-kinderarmut-100.html.

12 So werden laut OECD-Studie 13,9 Prozent der Kinder aus einkommensschwachen Familien in der Schule gemobbt, vgl. https://www.neues-deutschland.de/artikel/987925.arme-kinder-werden-haeufi-ger-gemobbt.html.

13 https://www.zdf.de/nachrichten/heute/studie-schueler-mehrheit-erlebt-ausgrenzung-und-gewalt-100.html.

14 https://www.vice.com/de/article/3k8qjb/antinatalisten-erklaeren-warum-die-menschheit-aussterben-sollte.

15 Vgl. „Wer nicht geboren wird, hat keine Probleme“; https://www.zeit.de/kultur/2018-04/antinatalis-mus-theophile-de-giraud-bevoelkerungswachstum-fem inism us/seite-2.

16 „Aussterben ist keine Lösung. Oder doch?“, in https://sz-magazin.sueddeutsche.de/die-loesung-fuer-alles/birthstrike-blythe-pepino-gebaerstreik-87007.