Kinder vor ideologischen Irrwegen schützen – am bestehenden Transsexuellengesetz (TSG) und am Paragrafen 45b des Personenstandgesetzes festhalten

Antrag
vom 22.06.2021

Antragder AfD-Fraktion vom 22.06.2021

 

Kinder vor ideologischen Irrwegen schützen am bestehenden Transsexuellengesetz (TSG) und am Paragrafen 45b des Personenstandgesetzes festhalten

I. Ausgangslage

Deutschland im Jahr 2021: Sei wer Du willst – Alles ist möglich! So oder so ähnlich könnte man die Vorstöße von Bündnis 90/Die Grünen und FDP passend zum „Pride Month“ mit Blick auf ihre beiden Gesetzesentwürfe zur Aufhebung des bereits bestehenden Transsexuellenegesetzes (TSG) und der Überarbeitung des Paragrafen 45b des Personenstandsgesetzes zusammenfassen. Ein Vorstoß mit weitreichenden Folgen für unsere Gesellschaft und für unsere Kinder.

Die WHO bezeichnet Transsexualismus in ihrem internationalen Diagnoseklassifikationssystem als „Störung der Geschlechtsidentität“ und ordnet diese allgemein den Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen zu.1 Menschen mit dieser „Störung“ lehnen ihr biologisches Geschlecht ab und entwickeln so eine Geschlechtsdysphorie bzw. eine Geschlechtsidentitätsstörung, welche mit dem Fortschritt heutiger Medizin und einem größeren Verständnis erfolgversprechend behandelt werden kann. Offizielle Angabe zur Anzahl der in Deutschland lebenden Trans-Personen gibt es allerdings nicht. Die Schätzungen reichen von 2.000 bis zu 100.000 Personen. Diese große Differenz rührt vorrangig aus den unterschiedlichen Definitionen, die von Betroffenen-Verbänden und von offiziellen Stellen wie der Antidiskriminierungsstelle angewendet werden. Die Antidiskriminierungsstelle schreibt hierzu:

„Während juristische und medizinische Quellen meist nur Personen erfassen, die als transsexuell diagnostiziert wurden und Schritte zur Geschlechtsangleichung ergreifen, berücksichtigen trans* Organisationen auch die Personen, die ihren Körper medizinisch nicht verändern oder begutachten lassen“.2

Derzeit normiert das 1981 in Kraft getretene Transsexuellengesetz das juristische Änderungsverfahren, welches zwei Optionen für Menschen vorsieht, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt: die Änderung des Namens sowie die formelle Änderung der Geschlechtszugehörigkeit über den Personenstand.

Stand heute haben Betroffene in Deutschland die Möglichkeit, sich für eine medizinische Behandlung und eine legale Transition zu entscheiden. Nach der aktuellen Rechtslage sind die Berichte zweier Gutachter, die mit dem Gebiet vertraut sind und unabhängig voneinander arbeiten, Voraussetzung für die Namens- und Geschlechtsänderung.3 Dieses Verfahren soll vorschnellen Entscheidungsprozessen vorbeugen und prüfen, ob die Antragstellenden tatsächlich transsexuell sind und somit die angestrebte Behandlung auch erfolgversprechend für die Trans-Person sein wird.

Des Weiteren ist es Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (Intersexuell) in Deutschland seit dem Jahre 2018 möglich, Vornamen und Geschlechtszugehörigkeit gemäß Paragraph 45b des Personenstandgesetzes anzupassen. Laut der Bundesregierung und des Urteils des Bundesgerichtshofs gilt dieser Absatz ausschließlich für intergeschlechtliche Menschen, die medizinisch weder eindeutig dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuzuordnen sind. Personen mit einer lediglich empfundenen Intersexualität sind hiervon ausgeschlossen.4

Zudem hat das Parlament mit der Änderung des Personenstandsgesetzes Ende 2018 bereits eine dritte Geschlechtsoption „divers“ für intersexuelle Menschen eingeführt.5 Von dieser dritten Geschlechtsoption haben bisher allerdings nur wenige Personen Gebrauch gemacht. Das ergab eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes unter den zuständigen Behörden deutscher Großstädte. In Berlin beispielsweise haben im Jahre 2019 bei 3,8 Millionen Einwohnern insgesamt 14 Personen im Personenstandsregister ihren Geschlechtseintrag auf „divers“ ändern lassen. Das entspricht 0,00037 Prozent der Bevölkerung. Im Jahre 2020 waren es bis Ende September sechs Personen. Lediglich ein Elternpaar wählte bei der Geburt ihres Kindes 2019 den Geschlechtseintrag „divers“. Auch die Stadt Düsseldorf verzeichnete im Zeitraum von 2019 bis 2020 lediglich zwei Änderungen zur Geschlechtsangabe „divers“.6 Das verwundert nicht, weil das Phänomen der tatsächlichen Intersexualität selten vorkommt.

Diese Rechtsgrundlage erscheint den beiden genannten Oppositionsparteien im Bundestag allerdings nicht ausreichend. So fordern sie zum einen die komplette Aufhebung des aktuellen TSGs und zum anderen die Öffnung des Paragrafen 45b des Personenstandsgesetzes für alle Personen.

Beide Gesetzesentwürfe sehen vor, allen Menschen die Selbstbestimmung über ihre geschlechtliche Identität zu ermöglichen und frei über diese zu entscheiden. So sollen künftig auch die Geschlechtsangaben „X“, „divers“ oder „ohne Eintrag“ über eine Erklärung beim Standesamt offiziell möglich sein. Weiter wollen FDP und Bündnis 90/Die Grünen diese Entscheidung über eine Geschlechtsidentität bereits Kindern ab 14. Jahren auferlegen. Für Kinder unter 14 Jahren sollen die Eltern entscheiden. Gehen diese dem Wunsch des Kindes nicht nach, kann diese Entscheidung ein Familiengericht treffen. Die Änderung der Geschlechtsidentität soll nach FDP und Bündnis90/Die Grünen im jährlichen Rhythmus möglich sein.

Einerseits herrscht ein großes Einverständnis darüber, dass keine genitalverändernden Operationen bei intersexuellen (neugeborenen) Kindern vorgenommen werden sollen – was gut und richtig ist.

Leider umfasst diese Fürsorge nicht jene Kinder, die schon etwas älter und in ihrer Entwicklung verunsichert sind, sich deshalb keiner Geschlechter-Rolle zuordnen wollen.

Der mit dem Gesetzesentwurf angestoßenen Diskurs lässt außer Acht, dass trotz therapeutischer Gutachten immer wieder schwerwiegende Fehldiagnosen getroffen werden. Offizielle Zahlen oder Statistiken darüber gibt es nicht. Projekte wie „Post Trans“ oder auch öffentlich-rechtliche Youtube-Kanäle wie „Funk“7, beschäftigen sich mit dem Thema „Detransition“ bzw. „Retransition“, also mit Menschen, die nach einer Fehldiagnose und bereits eingeleiteten medizinischen Schritten unzufrieden mit ihren Entscheidungen sind. Das Leid der Betroffenen ist groß, und diese schwerwiegenden „Behandlungsfehler“ finden wenig öffentliches Gehör.8

Trans* entwickelt sich zunehmend zu einem Sammelbegriff für sämtliche Varianten rund um die eigene Geschlechtsidentität; auf diese Weise entsteht ein nicht ungefährlicher Trend für Kinder und Jugendliche. Im Namen der Diversität beginnt bereits in den Schulen eine fragwürdige Aufklärungsarbeit. Heute sind es vor allem freiberufliche Sexualpädagogen und Aufklärer, die den Lehrer bei dieser Aufgabe ersetzen. Die selbsternannten „Aufklärer“ reichen vom studentischen Projekt „Mit Sicherheit verliebt“ über „Jugend gegen Aids“ (Schulprojekt „Positive Schule“) bis zur ehrenamtlichen Aktivistengruppe SchLAu. Ziel ist die fächerübergreifende Darstellung der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt.9

Als eine der Folgen registrieren immer mehr Ärzte und Psychologen Fälle von Kindern und Jugendlichen, die scheinbar ihren Körper als fremd empfinden und ihr Geschlecht ändern wollen. Seit dem Jahre 2013 hat sich die Zahl der entsprechenden Behandlungen in den kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken der Universität München verfünffacht. Andere Städte weisen ähnliche Zahlen auf. Der leitende Oberarzt Dr. med. Alexander Korte, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in München, vermutet zu dem Thema, dass sich an einzelnen Schulen oder Orten mitunter direkt mehrere Jugendliche gleichzeitig als Transgender outen: „Das widerspricht jeder medizinischen Wahrscheinlichkeit. Es muss da andere Gründe geben.“..10

Trans- und Intersexuelle Menschen gehen in der Regel einen schweren Weg. Es ist richtig und allerhöchste Zeit, dass Trans-Personen und Intersexuelle Menschen Unterstützung, Akzeptanz und rechtliche Lösungen für Ihre Lebenssituation erhalten. Es ist gut, dass Aufklärung über und das Verständnis für Inter- und Transsexualität immer weiter voranschreiten.

Was allerdings in diesem Gesetzesentwurf angestrebt (und dieses Mal noch abgelehnt) wurde, spricht jedoch eine andere Sprache. Hier geht es nicht um Verständnis und Unterstützung. Die beliebige und ausschließliche Selbstdefinition der eigenen Geschlechtszugehörigkeit ist etwas völlig anderes. Es ist unsere Pflicht, Kinder und Jugendliche in dieser vulnerablen Lebensphase vor schwerwiegenden Eingriffen in ihre Geschlechtsidentität zu schützen. Somit ist das ärztliche Begutachtungsverfahren unumgänglich und muss wesentlicher Bestandteil einer offiziellen Geschlechtsangleichung sein. Auch, um die eben genannten Fehldiagnosen so gering wie möglich zu halten.

Kinder mit Vollendung des 14. Lebensjahres können kaum die Tragweite einer solchen Entscheidung absehen. Auch scheint völlig außer Acht geraten zu sein, dass es wichtig ist, dem Kind einen gewissen Entwicklungs- und Erfahrungszeitraum zuzugestehen.11

Transsexualität ist keine „Modeerscheinung“, sondern bedeutet für die Betroffenen einen schweren Weg. Auch wenn die Medizin heute sehr viel weiter ist, kommt es bei geschlechtsangleichenden Operationen häufig zu postoperativen Komplikationen und Einschränkungen in der eigenen Sexualität. Die hormonelle Behandlung führt ebenfalls zu zahlreichen Nebenwirkungen. Intersexualität stellt für die Betroffenen, im Gegensatz zur im aktuellen Diskurs propagierten geschlechtliche Vielfalt, keine freie Wahl dar, sondern ist angeboren. Deshalb ist es umso wichtiger, die geltenden Gesetze und Regelungen zur Namens- sowie zur Personenstandsänderung zu verteidigen und an ihnen festzuhalten. Hier muss differenziert und Aufklärungsarbeit geleistet werden, damit Betroffene eine richtige und umfassende Beratung und Unterstützung erhalten. Die vorschnelle Diagnose Transsexualität mit den entsprechenden medizinischen Eingriffen kann vermieden werden.

Was mit einem unterstützungswürdigen Streben nach einer höheren Akzeptanz von Trans-und Intersexualität und dem Verdikt einer Diskriminierung von Trans- und Intersexuellen begonnen hat, wird durch die Übernahme der Genderideologen in eine völlig andere Richtung gedrängt. Auch Transsexuelle bewegen sich innerhalb der binären Geschlechterlogik und legen sehr viel Wert darauf, nach der Transition auch als Frau oder Mann – je nach Geschlecht – akzeptiert und angesprochen zu werden.

Der aktuelle Diskurs um die geschlechtliche Vielfalt und der immer leichter werdende Zugang zu geschlechtsangleichenden Maßnahmen ignorieren den medizinischen Hintergrund und die Komplikationen einer geschlechtsangleichenden Behandlung. Die Gefahr einer Fehldiagnose wird in der Euphorie um die immer früher einsetzenden therapeutischen Maßnahmen ausgeblendet. Inwiefern dieses Vorgehen insgesamt der Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt innerhalb der Gesellschaft dient, bleibt fraglich. Ein Indiz hierfür ist die große Ablehnung der gendergerechten Sprache. So halten 65 Prozent der Bevölkerung in Deutschland nichts von einer stärkeren Berücksichtigung unterschiedlicher Geschlechter in der Sprache.12

Die beiden Gesetzesentwürfe von Bündnis 90/Die Grünen und FDP wurden im Bundestag dieses Mal abgelehnt, aber die Forderungen nach einer Reform der Gesetze stehen weiterhin im Raum. Zum Schutze unserer Kinder und Jugendlichen ist es dringend erforderlich, dass die Landesregierung hier eine klare und differenzierte Position vertritt.

Trans- und intersexuelle Menschen haben einen Anspruch auf die bestmögliche Beratung, auf rechtliche Klarheit, medizinischen Unterstützung (wenn gewollt), volle Akzeptanz, Solidarität und Rückhalt. Dafür Sorge zu tragen, ist auch unsere Aufgabe.

Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls die Aufgabe der Politik, gefährlichen „Trends“ Einhalt zu gebieten, und Kindern und Jugendliche in ihrer vulnerabelsten Lebensphase Halt zu geben und sie vor Handlungen mit nicht einsehbaren Folgen zu schützen.

II. Der Landtag stellt daher fest:

  1. Trans-Personen und intersexuelle Personen sind auf ihrem Weg bestmöglich zu unterstützen.
  2. Diskriminierung auf Grund von Trans- und Intersexualität ist inakzeptabel.
  3. Das aktuelle Transsexuellengesetz und der Paragraf 45b des Personenstandsgesetzes sind ausreichend.
  4. Die signifikante Zunahme der Diagnose Transsexualtiät bei Jugendlichen ist kritisch zu hinterfragen.
  5. Die Aufklärung und die Beratung im Bereich geschlechtliche Vielfalt/Transsexualität und Intersexualität muss differenziert und qualifiziert erfolgen.
  6. Die Einführung der Geschlechtsoption „divers“ bietet intersexuellen Menschen die Möglichkeit, sich jenseits der binären Geschlechterkategorien einzuordnen. Sie ist keine Option bei biologisch eindeutiger Geschlechtszugehörigkeit und einer gefühlten Nicht-Zuordnungsbarkeit.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. sich klar gegen die Versuche zur Veränderung der derzeitigen Rechtslage in Bezug auf das Transsexuellengesetz und dem Paragrafen 45b des Personenstandgesetzes zu positionieren, insbesondere gegenüber der Ausweitung auf die Befugnisse für Kinder und Jugendliche;
  2. Beratungsprojekte, die vom Land gefördert werden, auf ihre Qualität bei der Beratung von Trans-Personen hin zu prüfen. Insbesondere dann, wenn die Beratungsstellen von Jugendlichen in Anspruch genommen werden;
  3. die zunehmende Häufigkeit geschlechtsangleichender Behandlungen zu beobachten und zu prüfen, ob es in diesem Zusammenhang zu Fehldiagnosen gekommen ist;
  4. Kinder und Jugendliche in ihrer Identität zu stärken und experimentelle Trend-Erscheinungen rund um die geschlechtliche Identität einzudämmen.

Iris Dworeck-Danielowski
Markus Wagner
Andreas Keith

und Fraktion

 

Antrag als PDF

 

1 https://www.bpb.de/gesellschaft/gender/geschlechtliche-vielfalt-trans/245353/medizinische-einordnung-von-transidentitaet 2https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Geschlecht/trans/trans_node.ht ml

3 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/117968/Kontroverse-zur-Ausweitung-der-sexuellen-Selbstbestimmung-zwischen-Aerzten-und-Juristen

4 https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=XII%20ZB%20383/19&nr=106062

5 https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Geschlecht/Dritte_Option/Dritte_ Option_node.html

6 https://www.welt.de/vermischtes/article221852696/In-deutschen-Staedten-So-viele-Geschlechtseintraege-divers-gibt-es-wirklich.html

7 https://www.youtube.com/watch?v=7S7D6xxK6Go

8 https://post-trans.com/About-Us

9 https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/experten-warnen-vor-zu-frueher-aufklaerung-von-kindern-13203307.html

10 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/99311/Zahl-transsexueller-Kinder-gestiegen

11 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/117968/Kontroverse-zur-Ausweitung-der-sexuellen-Selbstbestimmung-zwischen-Aerzten-und-Juristen

12 https://www.sueddeutsche.de/kultur/sprache-mehrheit-der-deutschen-lehnt-gendergerechte-sprache-ab-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-210523-99-710531