Kleine Anfrage 1423
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Andreas Keith vom 14.02.2023
Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen durch Azubis? – Ist das mit dem für Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten zuständigen Ministerium in seiner Funktion als oberste Aufsichtsbehörde abgestimmt?
Wie aus einem Bericht des Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen zum Thema „Antragsstau bei den für Einbürgerung zuständigen Behörden“ hervorgeht, beträgt die Dauer eines Einbürgerungsverfahrens bei besonders belasteten Einbürgerungsbehörden im Schnitt 18 Monate.
Vor diesem Hintergrund scheint es Einbürgerungsbehörden zu geben, die in diesem sensiblen Bereich auf Auszubildende zurückgreifen. So heißt es im Bericht: „Zum Beispiel wird der Bereich der Bearbeitung der Einbürgerungsanträge durch Auszubildende verstärkt und Wochenendarbeit geleistet.“1
Im Rahmen der Sitzung des Integrationsausschusses am 01. Februar 2023 wollte sich die zuständige Ministerin, Josefine Paul, mit Verweis auf die kommunale Selbstbestimmung nicht zu diesem Umstand äußern.
Dabei ist das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration gemäß § 18 der Verordnung über Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO) in Bezug auf Ausländer- und Flüchtlingsangelegenheiten die oberste Aufsichtsbehörde.2
Die Aufsicht über die unteren Ausländerbehörden führt die jeweilige Bezirksregierung. Gemäß §§ 8 bis 10 des Ordnungsbehördengesetzes sind die Befugnisse der Aufsicht geregelt. Hiernach können sich die Aufsichtsbehörden jederzeit über die Angelegenheiten der Ordnungsbehörden unterrichten und Weisungen erteilen, um die gesetzmäßige Erfüllung der ordnungsbehördlichen Aufgaben zu sichern.3
Der Einsatz von Auszubildenden in diesem sensiblen Bereich führt auch zu der Frage, in welchem Umfang diese Aufgabenübertragung rechtlich überhaupt möglich ist, da hier schwerwiegende Entscheidungen getroffen werden. Die korrekte Umsetzung ist hierbei von großer Bedeutung. Zudem handelt es sich um eine ausländerrechtlich anspruchsvolle Tätigkeit. Es stellt sich folglich die Frage, ob Azubis – abgesehen von einer weisungsgebundenen Zuarbeit – überhaupt zu dieser Tätigkeit befähigt bzw. berechtigt sind.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Inwiefern handelt es sich nach Ansicht der Landesregierung bei der Bearbeitung der Einbürgerungsanträge generell um eine Tätigkeit in einem korruptionsgefährdeten Bereich?
- In welchem Umfang (selbständige Arbeit/weisungsgebundene Zuarbeit) werden Auszubildende in den kommunalen Ausländerbehörden mit der Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen beauftragt?
- In welchem Umfang sind Auszubildende grundsätzlich befähigt und berechtigt Einbürgerungsanträge zu bearbeiten? (Bitte in diesem Zusammenhang auch auf die in diesem Tätigkeitsbereich erforderliche Qualifikation eingehen)
- In welcher Form ist das zuständige Ministerium für Ausländerfragen, in seiner Funktion als oberste Aufsichtsbehörde, bisher der Frage nachgegangen, ob bzw. in welchem Umfang der Einsatz von Auszubildenden in diesem sensiblen Bereich rechtlich möglich ist?
- In welcher Form wird das zuständige Ministerium für Ausländerfragen, in seiner Funktion als oberste Aufsichtsbehörde eingreifen, wenn eine Prüfung ergibt, das Auszubildende Einbürgerungsanträge nicht bearbeiten dürfen?
Enxhi Seli-Zacharias
Andreas Keith
1 Vgl. Lt.-Vorlage 18/770
2 Vgl. htt p s: / /recht . n r w .de/lmi/owa/br_text an zeigen?v_ id= 9 59 2 0_191004102737679 | ||||||
3 Vgl. htt p s : / / recht. N r w .de/lmi/o w a/br_text_anzeig en? v_id= 322 0071121100536332 |
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 1423 mit Schreiben vom 10. März 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
- Inwiefern handelt es sich nach Ansicht der Landesregierung bei der Bearbeitung der Einbürgerungsanträge generell um eine Tätigkeit in einem korruptionsgefährdeten Bereich?
Bei Tätigkeiten, durch die Dritte materielle oder immaterielle Vorteile erhalten können, ist eine Korruptionsgefahr nicht gänzlich auszuschließen. Im Übrigen verweise ich auf den Runderlass des Ministeriums des Innern, zugleich im Namen des Ministerpräsidenten und aller Landesministerien „Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Anti-Kor-ruptionserlass)“ vom 9. Dezember 2022.
- In welchem Umfang (selbständige Arbeit/weisungsgebundene Zuarbeit) werden Auszubildende in den kommunalen Ausländerbehörden mit der Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen beauftragt?
- In welchem Umfang sind Auszubildende grundsätzlich befähigt und berechtigt Einbürgerungsanträge zu bearbeiten? (Bitte in diesem Zusammenhang auch auf die in diesem Tätigkeitsbereich erforderliche Qualifikation eingehen)
Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Auszubildende werden entsprechend ihres Ausbildungsstands und ihrer Befähigung in enger Abstimmung mit den Ausbildern mit Vorgängen betraut. Die Entscheidungsbefugnis verbleibt bei den jeweils zuständigen Bearbeitenden
- In welcher Form ist das zuständige Ministerium für Ausländerfragen, in seiner Funktion als oberste Aufsichtsbehörde, bisher der Frage nachgegangen, ob bzw. in welchem Umfang der Einsatz von Auszubildenden in diesem sensiblen Bereich rechtlich möglich ist?
Ein Einsatz wie er in den Antworten zu den Fragen 2 und 3 konkretisiert ist, rechtfertigt keine Prüfung über den Einsatz von Auszubildenden. Auszubildende werden bekanntermaßen in unterschiedlichsten Bereichen auch in der Landesverwaltung ausgebildet und eingesetzt. Ziel der Ausbildung ist es dabei, das erforderliche Fachwissen, die Fähigkeit, Sach- und Rechtszusammenhänge zu erkennen, die Arbeitstechnik zur Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen sowie die Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge zu vermitteln. Ausbildungszwecken ist es dabei immanent, dass in diesem Zusammenhang anhand von Praxisfällen (teilweise vorbereitende) Aufgaben übernommen werden, die durch die für sie zuständigen Mitarbeitenden kontrolliert und anschließend mit den Auszubildenden besprochen werden.
- In welcher Form wird das zuständige Ministerium für Ausländerfragen, in seiner Funktion als oberste Aufsichtsbehörde eingreifen, wenn eine Prüfung ergibt, das Auszubildende Einbürgerungsanträge nicht bearbeiten dürfen?
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die derzeit von Auszubildenden übernommenen Tätigkeiten bei den Einbürgerungsbehörden unzulässig wären. Es gibt keine Anhaltspunkte, die auf das Erfordernis eines derzeitigen oder zukünftigen Eingreifens hindeuten.